Aeolus und Aeolus-2
Die Aeolus-Mission
Die Kenntnis der Windgeschwindigkeit ist sowohl für die Wettervorhersage als auch für die Klimaforschung von entscheidender Bedeutung. Daher haben Experten der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) der globalen Messung von Wind-Höhenprofilen in den letzten Jahren stets die höchste Priorität zugemessen. Im August 2018 hatte die europäische Raumfahrtagentur ESA nach einer Entwicklungszeit von 16 Jahren den Satelliten Aeolus ins All gestartet. Benannt nach dem griechischen Gott der Winde, trug der Satellit das revolutionäre Instrument ALADIN – das erste europäische Lidar und das weltweit erste Doppler-Windlidar im Weltraum überhaupt. Die Aeolus-Mission war ein großer Erfolg für die europäische Raumfahrt und endete im Juli 2023 mit dem weltweit ersten assistierten Wiedereintritt eines Satelliten in die Erdatmosphäre.
ALADIN bestand im Wesentlichen aus einem gepulsten, ultravioletten Laser, einem Spiegelteleskop mit einem Durchmesser von 1,50 Meter und einem hochempfindlichen optischen Spektrometer. Die ausgesandten Laserpulse wurden in der Atmosphäre an Luftmolekülen, Aerosolen und Wolkenpartikeln gestreut, so dass ein geringer Anteil zum Satelliten zurückkehrte. Wird die Luft bei der Streuung durch den Wind bewegt, verursacht der Dopplereffekt einen Frequenzunterschied zwischen ausgesandten und zurückgestreuten Laserpulsen. Daraus konnte die Windgeschwindigkeit abgeleitet werden, während die Laufzeit der Pulse die Höheninformation in sich trug. So konnten globale Windprofile vom Boden bis in Höhen von 30 Kilometern mit einer Auflösung von 0.5 bis 2 Kilometern und einem zufälligen Fehler zwischen 3 und 7 Metern pro Sekunde erfasst werden. Neben der Erprobung der neuartigen Technologie floßen die vom Satelliten gelieferten Winddaten direkt in die Wettervorhersagen ein, wodurch große Datenlücken im globalen Beobachtungssystem, vor allem über den Ozeanen und den Tropen geschlossen wurden.
Das Aeolus Data Innovation and Science Cluster (DISC)
Die für die Ableitung von Windprofilen aus den Rohdaten von ALADIN benötigten Algorithmen und Prozessoren wurden dabei von einem internationalen Team aus den DLR-Instituten IPA und IMF, den Firmen DoRIT, ABB, S&T und Serco, sowie mehreren europäischen Wetterdiensten (ECMWF, Météo-France, KNMI) entwickelt. Im Rahmen des Aeolus Data, Innovation, and Science Clusters (DISC) war eben jenes internationale Team unter der Leitung des DLR-IPA auch für die Überwachung der Datenqualität, die Weiterentwicklung der Prozessoren und für Studien zum Einfluss von Aeolus-Daten auf die Wettervorhersage verantwortlich. Bereits ein Jahr nach dem Start des Satelliten brachten die Wissenschaftler des Aeolus DISC die Datenqualität auf ein solch hohes Niveau, dass das Europäische Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage (ECMWF) einen positiven Einfluss der Aeolus-Daten auf seine Wettervorhersage zeigen konnte. Zwischen 2020 und dem Ende der Mission 2023 wurden daher die Aeolus-Daten am ECMWF und weiteren Wetterdiensten, u.a. dem DWD und Météo-France, in der tagtäglichen Wettervorhersage verwendet. Das DISC setzt seine Arbeit während der Phase F der Aeolus-Mission fort und konzentriert sich dabei auf die Reprozessierung und Harmonisierung der Aeolus-Daten, die während der fünfjährigen Laufzeit der Mission gesammelt wurden.
Die Nachfolgemission Aeolus-2
Trotz der großen Bedeutung des Windes für Wetter und Klima wurde die höhenaufgelöste, globale Messung von Windprofilen erst mit der technologisch äußerst herausfordernden Entwicklung von ALADIN möglich. Die europäische Forschung und Industrie nehmen heute dank der erfolgreichen Aeolus-Mission eine weltweite Führungsrolle im Bereich der Lidar-Technologie ein. Folgerichtig wurde auf der ESA-Ministerratskonferenz im November 2022 der Weg für eine operationelle Aeolus-Nachfolgemission als Kooperation zwischen ESA und EUMETSAT mit Start in der Mitte der 2030er Jahren geebnet.
Validierungskampagnen
Die technische und wissenschaftliche Funktionsweise des Satelliteninstruments wurde bereits im Vorfeld der Aeolus-Mission mit einem Prototypen des Direktempfang-Doppler-Windlidars, dem ALADIN Airborne Demonstrator (A2D) nachgewiesen. Das vom DLR und Airbus entwickelte Instrument wurde auf mehreren Kampagnen an Bord des Forschungsflugzeuges Falcon eingesetzt, um beispielsweise den nordatlantischen Jetstream genau zu vermessen. Damit konnten schon vor dem Start der Satellitenmission das Messprinzip validiert, die Betriebsprozeduren optimiert und die Auswertealgorithmen verbessert werden.
Während der knapp fünfjährigen Aeolus-Mission wurden am IPA vier Flugkampagnen zur Validierung des Satelliteninstruments durchgeführt. Dabei kam neben dem A2D auch das 2-µm-Doppler-Windlidar auf der Falcon zum Einsatz. Während die ersten beiden Kampagnen im November 2018 und Mai 2019 von Oberpfaffenhofen aus starteten, befand sich die Basis der dritten Validierungskampagne im September 2019 in Keflavík, Island. Die vierte Flugkampagne unter dem Namen AVATAR-T fand im Rahmen eines großen internationalen Kooperationsprojektes von ESA und NASA im September 2021 auf der kapverdischen Insel Sal statt. Während der vier Kampagnen wurden insgesamt 31 Satellitenunterflüge durchgeführt, wobei Windmessungen über eine Strecke von mehr als 26000 Kilometern entlang des Satellitenmesspfades vorgenommen wurden. Die gewonnenen Vergleichsdaten ermöglichten die Beurteilung der Qualität der Aeolus-Datenprodukte unter verschiedenen Bedingungen bezüglich Jahreszeit, geographischer Region sowie Bodenalbedo, Wolkentypen und atmosphärischer Dynamik. Die Validierungskampagnen leisteten damit einen wesentlichen Beitrag zur Verfeinerung der Datenprozessoren und damit zur Verbesserung der Qualität der Satellitendaten.