Forschungsprojekt

Nutzung und Speicherung von Windenergie im Seetransport

Nutzung und Speicherung von Windenergie für den CO2-armen Seetransport

Forschungsprojekt: Hyro

Gemeinsam mit dem Helmholtz-Zentrum Hereon führten die Abteilungen Schiffsperformance und Energiekonverter und -systeme des Instituts für Maritime Energiesysteme eine Machbarkeitsstudie im Auftrag der thyssenkrupp Marine Systems GmbH durch. Die Vision ist, Segel als Hauptantriebssystem von Seeschiffen zu nutzen. Energierekuperation und Wasserstoffspeicherung wurden in das Antriebssystem integriert, um einen möglichst klimaneutralen und energieautarken Transport zu gewährleisten. Mit dieser neuartigen Kombination von Windantrieb und Wasserstofftechnologie streben die Partner nach innovativen Lösungen für die grüne Schifffahrt.

Projektlaufzeit: Mai bis Oktober 2023

Nachfolgend zum Projekt werden am DLR Institut für Maritime Energiesysteme weitere Forschungen zu den Themen windunterstützte Antriebe und Hydrogeneration durchgeführt.

Können Güter mit der Kraft des Windes wieder klimaneutral über die Meere transportiert werden? 

Im Rahmen des aus dem europäischen Fond für regionale Entwicklung (EFRE) geförderten Projekts HyRO wurde erforscht, wie moderne Segeltechnologien als Hauptantriebe von Schiffen nutzbar gemacht werden können. Als größte Herausforderung muss den veränderlichen Wetterbedingungen, wie Windstärke, Windrichtung und resultierendem Wellengang begegnet werden, um eine möglichst kontinuierliche, energiesparende Fahrt zu ermöglichen.

Das Konsortium aus thyssenkrupp Marine Systems GmbH, dem DLR Institut für Maritime Energiesysteme und dem Helmholtz-Zentrum Hereon verfolgte den innovativen Ansatz der Energierekuperation bei günstigen Windbedingungen und der Nutzung dieser Energie während windarmer Phasen. Durch eine Wasserturbine am Rumpf des Schiffes, auch Hydrogenerator genannt, wird Strom erzeugt, welcher an Bord entweder direkt genutzt oder mittels Elektrolyse in Wasserstoff umgewandelt und so gespeichert wird. Die Speicherung erfolgt in Metallhydridtanks. Der Wasserstoff wird dort in Metallpulvern chemisch gebunden, wodurch sich das Speichervolumen stark reduziert. Im Vergleich zu einem Batterie-, Hochdruck- oder Flüssigwasserstoffspeicher ist dieses System wesentlich kompakter, was zu einer größeren Frachtraumkapazität führt. Das hohe Gewicht von Metallhydridtanks bietet insbesondere in Segelschiffen zusätzlich den möglichen Vorteil, den Tank als Ballast zum Ausgleich der starken seitlichen Kräfte zu nutzen, welche typischerweise beim Segeln auftreten. Die chemisch im Wasserstoff gespeicherte Energie wird über eine Brennstoffzelle rückverstromt und in einem elektrischen Antriebssystem genutzt.

Mit seinen Kompetenzen im Bereich der innovativen Schifffahrt, der Wasserstofftechnologie und der Kenntnis über die Dynamik der Meere erforschte das Konsortium die Potenziale und Grenzen dieses Konzepts in einer Machbarkeitsstudie.

Wirkschema des Segelenergiesystems
Der Hauptantrieb des Schiffes erfolgt durch die Segel. Mit Hydrogeneratoren und einem Power-to-Gas-to-Power System kann überschüssige Windenergie gespeichert und für einen späteren Antrieb nutzbar gemacht werden.

Es wurden umfangreiche Simulationsmethoden zur Aero- und Hydrodynamik des Schiffes entwickelt, welche es erlauben, das Zusammenspiel aus Rumpf, Segel, Propeller, Ruderstellung und zusätzlichen Anhängen zur seitlichen Stabilisierung des Schiffes zu analysieren. Dadurch kann die Leistungsfähigkeit des Systems in unterschiedlichsten Wind- und Wellenbedingungen bewertet werden. In Kombination mit zeitlich und räumlich aufgelösten meteorologischen Daten des vergangenen Jahrzehnts können Überfahrten des Systems simuliert und die Energiebalance zwischen Segel, Propellerantriebssystem und Hydrogeneration untersucht werden. Ein Modell des Energiesystems an Bord des Schiffes, bestehend aus einem Elektromotor, der elektrischen Verteilung, der Batterie und des Hydridspeichers gibt Aufschlüsse über die Effizienz der Rekuperation und Rückverstromung des Power-to-gas-to-Power Systems (P2G2P).

Studienergebnisse

Die Studie hat gezeigt, dass kommerzielle Frachtschiffe mit großen Segeln als Hauptantriebssystem ausgestattet werden können. Durch eine Adaption des Rumpfes und zusätzliche Anhänge kann die Systemleistung stark verbessert werden. Insbesondere Bulker und Tankschiffe eignen sich für diese Systeme aufgrund ihrer freien Deckflächen und langsamen Fahrtgeschwindigkeiten. Mit großen Segelflächen lassen sich Kraftstoffeinsparungen von über 50 % im Vergleich zu herkömmlichen Schiffen erzielen, insbesondere wenn sie auf den windreichen Nordatlantikrouten operieren. Besonders günstig wirken sich die Segel aus, wenn die Fahrtgeschwindigkeit des Schiffes reduziert wird. Bei einer Fahrtgeschwindigkeit von 7 kn erreichte das untersuchte System eine Einsparung von bis zu 67 %. Als Schlüsseltechnologie für größtmögliche Einsparungen wurde die Fahrtgeschwindigkeitsoptimierung identifiziert. Dabei wird die instantane Geschwindigkeit des Schiffes auf die bestehenden Windverhältnisse und Rekuperationspotentiale angepasst, sodass die durchschnittliche Geschwindigkeit über die Gesamtstrecke dennoch konstant bleibt. Die Fahrtgeschwindigkeitsoptimierung trägt so zu bis zu 10 % der Kraftstoffeinsparungen bei. Es wird erwartet, dass sich diese Ergebnisse weiter durch den Einsatz von Routing verbessern lassen. Hierzu wurden innerhalb der Studie erste Prototypen entwickelt und Untersuchungen durchgeführt.

Während der Überfahrt ermöglicht das Power-to-gas-to-Power System die Aufnahme großer Mengen an Rekuperationsenergie, bei einer verbesserten Dichte im Vergleich zu Batteriespeichern. Auf den untersuchten Routen zeigte sich im Schnitt eine Umlaufeffizient von 27 % vom Rekuperator, zur Wasserstoffspeicherung, zur Rückverstromung zum Antriebsmotor. Unter windreichen Bedingungen können durch das P2G2P vollständig energieautarke Fahrten ermöglicht werden. Für die Mehrheit der Überfahrten muss jedoch zusätzlich Wasserstoff betankt werden. Die Verstromung von Wasserstoff erlaubt den emissionsfreien Betrieb. Gleichzeitig fordert das P2G2P-System viel Platz und Gewicht ein, sodass die Tragfähigkeit des Schiffes um etwa 37 % sinkt.

Eine Wirtschaftlichkeit des emissionsfreien Frachtseglers im Vergleich zu konventionellen Frachtschiffen ist bei den heutigen Kosten der eingesetzten Technologien und der CO2-Bepreisung mit dem System noch nicht erreichbar. Mit zunehmendem regulatorischem Druck und Anreizen für nachhaltigen Verkehr ist dies aber in Zukunft durchaus denkbar. Nachfolgend zum Projekt werden am DLR Institut für Maritime Energiesysteme weitere Forschungen zu den Themen windunterstützte Antriebe und Hydrogeneration durchgeführt.

Kontakt

Dr. Dheeraj Gosala

Abteilungsleiter (kommissarisch)
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Maritime Energiesysteme
Energiekonverter und -systeme
Düneberger Str. 108, 21502 Geesthacht

Dr. Marco Klein

Abteilungsleiter
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Maritime Energiesysteme
Schiffsperformance
Düneberger Str. 108, 21502 Geesthacht