MARLIN
Eine der zentralen Aufgaben des Instituts für den Schutz maritimer Infrastrukturen ist die Entwicklung von verbesserten und neuartigen schutzstatusbezogenen Lagebildern, um die Sicherheit maritimer Infrastrukturen besser gewährleisten zu können. Zu diesen kritischen Infrastrukturen gehören nicht nur Hafenanlagen sondern auch Offshore-Windparks, Schiffe (Containerschiffe, Passagierschiffe, etc.) und internationale Seewege. Ihre Kritikalität ergibt sich aus der Tatsache, dass diese Infrastrukturen essentiell für eine wettbewerbsfähige Wirtschaft und einen funktionierenden Handel mit Wirtschaftsgütern sind.
Bisherige Technologieentwicklungen des DLR zielten hauptsächlich auf den Einsatz von satelliten- und luftgetragenen Sensorsystemen in den Bereichen Fernerkundung, Erdbeobachtung, Verkehrsüberwachung und Katastrophenmanagement ab. Mit den komplementären Technologieentwicklungen des Instituts u.a. im Bereich hochauflösender Schrägsichtsysteme wird die Überwachung des Schutzstatus maritimer Infrastrukturen im Nahbereich über und unter der Wasserlinie verfolgt. Zudem besteht in diesem Kontext die zunehmende Forderung nach automatisierten und echtzeitfähigen Auswerteverfahren wie zum Beispiel der automatisierten Identifikation relevanter Objekte oder die Klassifikation von Systemzuständen.
Im Mittelpunkt des Projekts MARLIN (Maritime Awareness Realtime Instrumentation Network) steht die Entwicklung und der demonstrative Betrieb eines neuartigen Lagebildsystems für die Überwachung maritimer Infrastrukturen in (R)Echtzeit™. Eine zu lösende Herausforderung sind echtzeitfähige Methoden, mit denen der Schutzstatus maritimer Infrastrukturen in (R)Echtzeit™ gemessen, bewertet und dargestellt werden kann. Hierzu sollen neuartige Sensorik und modernste Methoden der Datenverarbeitung und -analyse, unter anderem Methoden des maschinellen Lernens, verwendet werden. Ziel ist es, Nutzern eine komprimierte Darstellung komplexer Informationen zur Lage mit kontextbezogenen Handlungsempfehlungen auf unterschiedlichen Endgeräten zu bieten.
Zum Erreichen dieses Ziels wird ein Gesamtdemonstrator nach den Prinzipien des „System-of-Systems“-Engineerings entworfen und aufgebaut. Es handelt sich dabei um ein System, bei dem Daten unterschiedlichster, teils neuartiger Sensoren und Überwachungssysteme (u.a. optische Nah- und Fernerkundungssysteme, RADAR-Systeme, AIS, etc.) erzeugt und integriert werden. Diese werden anschließend fusioniert und analysiert und schließlich kontextbezogen in einem schutzstatusbezogenen Lagebild wiedergegeben. Die Nutzung dieser Lagebilder wird sich nicht auf einen klassischen Lageraum beschränken. Vielmehr wird eine Visualisierung auf unterschiedlichen Endgeräten angestrebt, um ein koordiniertes Vorgehen zu ermöglichen. Das Lageerfassungssystem selbst ist modular aufgebaut und erlaubt eine flexible Einbindung verschiedenster Instrumente, Datenquellen und anderer Ressourcen, um je nach Nutzer bzw. Fragestellung agieren zu können. Dieses flexible, offene System wird somit in der Lage sein, Daten unterschiedlichster Natur und Urheber zu einem sicherheitsrelevanten Lagebild zusammenzuführen und kontextbezogen aufzubereiten. Diese Prozesse sollen möglichst komplett automatisiert ablaufen. Durch ihre Sicherheitsrelevanz ist auch die Integrität von Lagebildern und dafür genutzten Informationen zu gewährleisten. Folglich sind auch cybersicherheitstechnische Aspekte auf allen Systemebenen von MARLIN entsprechend ihrer Bedeutung zu betrachten und zu handhaben.
Die schutzstatusbezogene Lage soll nicht nur echtzeitnah dargestellt sondern auch auf der Grundlage von Key Performance Indicator (KPI, Kennzahlen zur Beschreibung von Systemzuständen) bewertet werden, um weiterführend Handlungsempfehlungen in (R)Echtzeit™ abzuleiten und auch in komprimierter Form, z.B. als kurze Textnachrichten, auf mobile Anzeigegeräte zu übertragen.
Für 2020 und 2022 sind Testkampagnen geplant, um das aufgebaute Experimentalsystem MARLIN erproben, validieren und demonstrieren zu können. Hier wie auch in der frühen Phase der Konzipierung des Gesamtsystems werden potentielle Endnutzer eingebunden, um deren Bedarf an Informationen, Darstellungs- und Aufbereitungsmethoden sowie der zu beantwortenden Fragestellungen bereits in der Projektentwicklung einfließen zu lassen. Neben der sozio-technologischen Mission MARLINs werden auch ethische, rechtliche und soziale Fragestellungen im Kontext der Lageerfassung behandelt.
Projektlaufzeit: Oktober 2018 – September 2022