25. September 2024

ICAS 2024: Impulse für innovative Flugbetriebskonzepte im Luftverkehr

DLR-Institut für Luftverkehr stellte auf der ICAS 2024 neue Konzepte für Flugbetriebsverfahren im Luftverkehr vor
Auf dem 34. Congress of the International Council of the Aeronautical Sciences (ICAS) in Florenz präsentierte das DLR-Institut für Luftverkehr vom 9. bis 13. September 2024 aktuelle Forschungsergebnisse aus den Bereichen Urban Air Mobility (UAM), klimaverträgliches Fliegen, Flugmissionsdesign und Kommunikation. Von links: Dr. Alexander Lau, Dr. Martin Spieck, Majed Swaid, Zarah L. Zengerling, Julian Solzer, Kuno A. Buchtal, Alexander Hillebrecht (DLR-Institut für Luftverkehr).
  • Forschungsthemen: UAM-Wartungsinfrastruktur, klimaverträgliche Flugtrajektorien, in-situ Messverfahren für Flugmissionen und Luft-zu-Luft Kommunikation
  • Praxisnahe Ansätze zur Reduktion der Klimawirkungen des Luftverkehrs und zur Optimierung von Luftverkehrsnetzwerken

Entwicklung von innovativen Flugbetriebsverfahren auf Missions- und Netzwerkebene

Das DLR-Institut für Luftverkehr des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) nahm mit sechs Präsentationen am ICAS-Kongress 2024 in Florenz teil. Der Kongress, in diesem Jahr organisiert vom International Council of the Aeronautical Sciences (ICAS) und der Italian Association of Aeronautics and Astronautics (A.I.D.A.A.), ist eine wichtige Plattform für den internationalen Austausch über Forschung und Entwicklung im Bereich der Luftfahrtwissenschaften. Die auf dem Kongress präsentierten Arbeiten des Instituts zielen darauf ab, die Zukunft des Luftverkehrs effizienter, sicherer und klimaverträglicher zu gestalten.

Urban Air Mobility (UAM) und Wartungsinfrastruktur

Ein Beitrag beschäftigte sich mit der Planung und Optimierung von Wartungsinfrastrukturen für ein Netzwerk von Urban Air Mobility (UAM)-Vertiports1. Diese Studie basiert auf Erkenntnissen aus den Projekten UAM Vertiports und i-LUM und erweitert bestehende Ansätze aus dem Projekt HorizonUAM. Die vorgestellte Methode zur Analyse der Wartungskapazitäten ermöglicht es, den Bedarf an Infrastruktur für Landung, Parken und elektrisches Laden von Lufttaxis zu bestimmen.

Erkenntnisse der Studie:

  • Dezentrale Wartungsstandorte reduzieren Leerflüge zu Wartungszentren und verbessern die Verfügbarkeit von eVTOL (electric Vertical Take-Off and Landing)-Fluggeräten im Netzwerk.
  • Simulierte Verkehrsszenarien des urbanen Hamburger Luftraums zeigten, dass eine gleichmäßige Verteilung der Wartungsprozesse über den Tag die benötigten Kapazitäten (zum Beispiel Wartungsstationen, Ladeinfrastruktur und Stellplätze) signifikant verringert.

Reduktion der Klimawirkung durch angepasste Flugtrajektorien

In einem weiteren Vortrag stellte das Institut einen operativen Ansatz zur Minderung der Klimawirkung des Luftverkehrs vor, wobei verschiedene Adaptionen von Flugtrajektorien betrachtet werden2. Aufbauend auf den Ergebnissen des EU-Projekts ClimOP ermöglicht die vorgestellte Methode auf Grundlage von Klimasensitivitätsdaten den Vergleich verschiedener Trajektorien-Anpassungen unter unterschiedlichen meteorologischen Bedingungen, um insbesondere den Einfluss von Kondensstreifen und anderen Nicht-CO2-Emissionen zu verringern.

Erkenntnisse der Studie:

  • Durch vertikale, laterale und zeitliche Adaptionen der Trajektorien können signifikante Reduktionen der Klimawirkung erzielt werden.
  • Das größte Potenzial zur Reduktion der Klimawirkung wurde bei Flügen unter winterlichen Wetterbedingungen sowie bei Missionen mit hoher Kondensstreifen-Intensität festgestellt.
  • Die Methode erlaubt eine vergleichsweise einfache Bewertung der Klimawirkung von Flugtrajektorien unter unterschiedlichen meteorologischen Bedingungen.

Flugroutenberechnung für unbemannte Drohnen – Routenoptimierung von in-situ Messflügen

Eine weitere Studie befasste sich mit der Optimierung von Flugrouten für sogenannte RPAS (Remotely Piloted Aircraft Systems), die unter anderem für Flugmissionen in kontaminierten Lufträumen zur Messung von Luftverunreinigungen, wie Vulkanasche oder Radioaktivität, eingesetzt werden können3. Diese Forschung, die im Rahmen des LuFo (Luftfahrtforschungsprogramm)-Verbundprojekts MEASURE mit dem Deutschen Wetterdienst (DWD) und der enviscope GmbH durchgeführt wird, nutzt einen generischen Algorithmus kombiniert mit der Kriging-Methode, um präzise Daten zu sammeln und damit Messflüge in kontaminierten Lufträumen zu optimieren. Durch die optimierten Routen können kürzere und gezieltere Messflüge durchgeführt werden, was die effiziente Messzeit im Flug reduziert und Fortschritte bei der Umweltmessung in Krisensituationen ermöglicht.

Erkenntnisse der Studie:

  • Die vorgestellte Methode ermöglicht flexible und effiziente Messrouten, die herkömmliche Ausbreitungsrechnungen um eine genauere Datenerfassung ergänzen.
  • Diese Methode kann für RPAS-Flugmissionen zur effektiven Überwachung kontaminierter Lufträume angewendet werden, zum Beispiel nach Umweltkatastrophen.

Kommunikationssysteme in der Luftfahrt: „Airborne Ad-hoc Networks“ (AANETs)

Das DLR-Institut präsentierte zudem seine Forschung zur Weiterentwicklung des „L-Band Digital Aeronautical Communication System“ (LDACS)-Datenlinks im Rahmen des Projekts IntAirNet. Im Fokus des Projekts stand die Erweiterung des Datenlinks durch die Einführung einer Luft-zu-Luft-Komponente, welche eine direkte Kommunikation zwischen Flugzeugen erlaubt und dadurch neue Anwendungen im Luftfahrtbetrieb ermöglicht. Die Arbeit untersuchte, wie AANETs besonders in Regionen ohne Bodeninfrastruktur, zum Beispiel in ozeanischen Lufträumen, neue Verfahren und Anwendungen ermöglichen und bestehende Kommunikationsinfrastrukturen ergänzen können4. Dabei wurden sowohl technologische als auch operationelle Anforderungen und Herausforderungen identifiziert, die für die Entwicklung dieser Technologie von Bedeutung sind.

Erkenntnisse der Studie:

  • Potenzielle Anwendungen umfassen zum Beispiel die Übertragung von Flugtrajektorien, die dezentrale Konfliktlösung sowie die Übermittlung von Informationen im Falle besonderer Ereignisse oder Notfälle.
  • Die direkte Luft-zu-Luft-Kommunikation kann Formationsflüge (Wake Energy Retrieval; WER) unterstützen und so zur Verringerung von Kraftstoffverbrauch und Klimawirkung der beteiligten Flüge beitragen.
  • Darüber hinaus könnte die Übertragung von Passagierdaten (Internet, Telefon) durch diese Netzwerke verbessert werden.

Positionsüberprüfung in „Flying Ad-hoc Networks” (FANETs)

Eine weitere Arbeit präsentierte eine Methode zur Überprüfung der Positionsdaten von Drohnen im Rahmen des Projekts VEREDUS. Auf Basis der im Projekt entwickelten Technologien zur direkten Drohne-zu-Drohne Kommunikation und zum Aufbau von FANETs wird hierbei die Plausibilität der mittels GNSS (Global Navigation Satellite System) erhaltenen Positionsdaten der Netzteilnehmer überprüft5. Diese Überprüfung erfolgt mithilfe unabhängiger Distanzmessungen zwischen den Drohnen unter Nutzung des Datenlinks. Im Rahmen von Verkehrs- und Netzwerksimulationen wurde die Methode auf ihre Eignung geprüft und grundlegende Leistungsparameter wurden ermittelt.

Erkenntnisse der Studie:

  • Die vorgestellte Methode kann zur Prüfung der Plausibilität von GNSS-Positionsdaten in FANETs verwendet werden.
  • Die Simulationsergebnisse zeigen, dass auch unter Berücksichtigung von Messfehlern ausreichend hohe Sensitivitäten bzgl. der Plausibilität erreicht werden können.
  • Die Methode bietet das Potenzial, in zukünftigen urbanen Luftverkehrsszenarien einen Beitrag zur Erhöhung der Sicherheit zu leisten.

Über den ICAS-Kongress

Der International Council of the Aeronautical Sciences (ICAS) wurde 1957 von Theodore von Kármán gegründet und verfolgt das Ziel, den globalen Austausch von Forschungsergebnissen und Technologien in der Luftfahrt zu fördern. Mit über 30 teilnehmenden Ländern bringt der ICAS-Kongress führende Experten aus Forschung, Industrie und Wissenschaft zusammen, um die neuesten Entwicklungen in der Luftfahrt zu diskutieren. Die auf dem Kongress vorgestellten Forschungsergebnisse sind für alle Teilnehmer und die internationale Luftfahrtgemeinschaft online zugänglich.

1 M. Swaid (DLR-Institut für Luftverkehr), S. Papakonstantinou, D. Kloock-Schreiber und V. Gollnick (Technische Universität Hamburg, Institut für Lufttransportsysteme), „Design of a UAM Ground Infrastructure Network with Respect to Maintenance Capacity Requirements,“ 34th International Council of the Aeronautical Sciences (ICAS) 2024, Florenz, Italien.

2 Z. L. Zengerling, M. Mendiguchia Meuser, A. Lau (DLR-Institut für Luftverkehr) und V. Gollnick (Technische Universität Hamburg, Institut für Lufttransportsysteme), „Mitigating the Climate Impact of Aviation by Operational Means – A Comparative Study for Different Weather Situations,” 34th International Council of the Aeronautical Sciences (ICAS) 2024, Florenz, Italien.

3 K. A. Buchtal, A. Lau (DLR-Institut für Luftverkehr), D. Ebert, J. Richters und K. Schneiders (Deutscher Wetterdienst, DWD), „Route Planning for Volcanic Ash and Radioactivity In-Situ Drone Measurements Using a Genetic Algorithm and Kriging,” 34th International Council of the Aeronautical Sciences (ICAS) 2024, Florenz, Italien.

4 T. Marks, A. Hillebrecht (DLR-Institut für Luftverkehr) und M. A. Bellido-Manganell (DLR-Institut für Kommunikation und Navigation), „Applications and Challenges for Airborne Ad-Hoc Communication Networks in ORP Airspaces Using the L-Band,” 34th International Council of the Aeronautical Sciences (ICAS) 2024, Florenz, Italien.

5 T. Marks (DLR-Institut für Luftverkehr) und K. Fuger (Technische Universität Hamburg, Institut für Kommunikationsnetze), „Mutual Position Plausibility Checking in Flying Ad-Hoc Networks Using Distance Measurements,” 34th International Council of the Aeronautical Sciences (ICAS) 2024, Florenz, Italien.

Kontakt

Dr. Alexander Lau

Abteilungsleiter (komm.)
DLR-Institut für Luftverkehr
Flugbetriebskonzepte
Blohmstraße 20, 21079 Hamburg

Franziska Bietke

Institutskommunikation
DLR-Institut für Luftverkehr
Blohmstraße 20, 21079 Hamburg
Tel: +49 40 2489641-209