Anwendung der Particle Image Velocimetry: Transsonische Strömungen
In den vergangenen zwanzig Jahren ist die berührungsfreie Particle Image Velocimetry (PIV) vom Entwicklungsstadium zu einer zuverlässigen Ganzfeldmesstechnik für die industrielle Aerodynamik gereift. Heutzutage kann man mit der PIV-Technik alle drei Geschwindigkeitskomponenten in einer Ebene der Strömung zu einem Zeitpunkt bestimmen. Das räumliche und zeitliche Auflösungsvermögen wurde dabei mit der Zeit durch neuere Entwicklungen in der Optik, Sensor- und Lasertechnik und die Implementierung neuartiger Auswerte- und Postprocessing- Algorithmen kontinuierlich verbessert.
In den letzten zehn Jahren wurde ein mobiles PIV-System entwickelt, das die Anforderungen für erfolgreiche Messungen in trans- und supersonischen Strömungen erfüllt und dort sehr genau Geschwindigkeitsvektorfelder bestimmen kann. Um die Probleme mit Seeding, Vibrationen, optischem Zugang, Synchronisation, hohen Massenflussraten, Druckgradienten und Temperaturdifferenzen in solchen Anlagen zu beheben, wurden mehrere technische Extras für die Kontrolle der Messung in das PIV-System integriert. Besonders das homogene Seeding der Strömung mit geeigneten Tracer-Partikeln und hinreichender Dichte ist eines der Hauptprobleme in Hochgeschwindigkeitsströmungen. Um die Verzögerungen in der Geschwindigkeitsänderung dieser Partikel in Regionen starker positiver oder negativer Beschleunigungen der Strömung z.B. durch einen Stoß, in turbulenten Scherschichten oder in Wirbeln zu minimieren, sind sehr kleine Tracer-Partikel mit einem Durchmesser von 1 µm oder kleiner erforderlich.
Im Rahmen des Projektes Vortex Flow Experiment 2 (VFE-2) wurde eine aufeinander folgende Anwendung von PSP (Pressure Sensitive Paint), CFD und Stereo-PIV an einem generischen Deltaflügel mit runder Vorderkante in transsonischer Strömung durchgeführt. Der dadurch bereitgestellte Datensatz hat sich als sehr wertvoll für die Validierung numerischer Verfahren und für das Verständnis von komplexen Strömungsphänomenen und Wirbeltopologien über einem solchen Flügel bei unterschiedlichen Anstellwinkeln erwiesen. Nachdem die PSP-Messungen im transsonischen Windkanal TWG des DNW in Göttingen abgeschlossen waren, wurden die Druckverteilungsergebnisse über die Oberfläche des Deltaflügels als Randbedingung für numerische Rechnungen mit dem FLOWer-Code verwendet. Für einen speziellen Testfall zeigte das numerische Ergebnis zwei co-rotierende Wirbel mit unterschiedlicher Stärke und Ursache. Stereo-PIV-Messungen wurden unmittelbar nach der Herausgabe der numerischen Ergebnisse im TWG an mehreren Flügelpositionen, Anstellwinkeln, Mach- und Reynoldszahlen durchgeführt (siehe Abb. 1). Für den einen gerechneten Parameterfall wurde der außergewöhnliche Doppelwirbel “wiedergefunden” und detailreich charakterisiert. Die quantitative Bestimmung der instationären Qualität solcher Wirbel, besonders während des Zusammenbruchsprozesses kann ohne PIV z.Zt. nicht erreicht werden. Ein Beispielergebnis dieser Stereo-PIV- und PSP-Messkampagne ist in Abb. 2 zu sehen. Die lokalen Minima der Oberflächendruckverteilung sind entlang der Wirbelzentren über dem Deltaflügel orientiert. Der Anfang des Sekundärwirbels mit gegenrotierender Richtung ist zwischen Vorderkante und Hauptwirbel zu erkennen.
Im Rahmen der DLR-eigenen Projekte HighPerFlex und Aerostabil wurden im transsonischen Windkanal TWG bei Machzahlen zwischen 0,5 und 0,8 PIV-Messungen von Stoß-Grenzschicht-Interaktionen über einem Flügel durchgeführt, der extern zu Flatterschwingungen angeregt wurde. Kleine Schwingungsamplituden des Flügels sind unter turbulenten Strömungsbedingungen der Normalfall im Flug. Die aerodynamischen Eigenschaften eines Flügels ändern sich allerdings empfindlich unter Flatterbedingungen. Ein Fokus des Interesses an Struktur-Strömungs-Interaktionsuntersuchungen in der Aeroelastik von Fugzeugflügeln ist daher die stoßinduzierte Strömungsablösung und die Strömung um Flügelhinterkanten, an denen häufig Ablösung zu beobachten ist. Die Position eines Stoßes über einem Flügel mit Strömungsablösung wackelt unter transsonischen Strömungsbedingungen auch bei konstantem Anstellwinkel. Eine Animation aus mehreren PIV-Messungen bei unterschiedlichen Phasenlagen des Oszillationsprozesses kann in der Animation 1 betrachtet werden. Unter Flatterbedingungen kann die Stoßposition allerdings mit sehr viel höherer Amplitude oszillieren (siehe PIV-Animation 2), weil bei einem bestimmten Anstellwinkel die Stoß-Grenzschicht-Interaktion zu periodisch induzierter Ablösung führen kann. Die induzierte Strömungsablösung kann dann in einer Flattermode des Flügels periodisch stabilisiert werden, was im Resonanzfall zu sehr starken aeroelastischen Kräften führt.