AMS

NASA

Suche nach Dunkler Materie und Antimaterie auf der ISS

Nicht nur die Strahlung von Sternen, Galaxien und anderen Himmelsobjekten vermittelt uns Informationen über das Universum, sondern auch energiereiche Teilchen, die die Erde erreichen. Da sie aber mit Teilchen der Erdatmosphäre zusammenstoßen, ist es notwendig, einen Detektor außerhalb der Atmosphäre zu plazieren, um ihre originale Zusammensetzung bestimmen zu können.

Logo der Mission
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NASA

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Start: 16. Mai 2011

Das ist die Aufgabe des „Alpha Magnetic Spectrometer“ (AMS), das im Mai 2011 auf der internationalen Raumstation ISS angebracht wurde und seitdem kontinuierlich Daten sammelt. Kernstück des komplexen Aufbaus ist ein starker Magnet, der geladene Teilchen aus ihrer Bahn ablenkt. Er wird ergänzt durch verschiedene Detektoren, mit denen sich Masse, Ladung und Energie der Teilchen bestimmen lassen. Anhand dieser Eigenschaften ist es möglich, die Teilchen zu identifizieren.

Durch die Messung der Häufigkeit bestimmter Elemente und Isotope und deren Energiespektrum lassen sich Fragen nach der Herkunft der kosmischen Teilchenstrahlung, zu ihrem Einschluss durch das galaktische Magnetfeld und zu den astrophysikalischen Prozessen, die die Teilchen auf extrem hohe Energien beschleunigen, beantworten. Zusätzlich werden zwei hochaktuelle Themen angesprochen, zu denen von AMS wichtige Beiträge erwartet werden:

Die Gesamtmasse im Universum wird von einer nicht sichtbaren, nur durch ihre Gravitationswechselwirkung nachweisbare Komponente dominiert, der Dunklen Materie. Als Kandidaten für diese Dunkelmaterie wurden im Rahmen der Vereinheitlichungstheorien der physikalischen Grundkräfte verschiedene Elementarteilchen vorgeschlagen, die aber noch nicht direkt nachgewiesen sind. Dazu gehören auch „Weakly Interacting Massive Particles“ (WIMPs). Durch Präzisionsmessungen der Energiespektren ist AMS in der Lage, WIMPS über ihre Zerfallsprodukte (Antiprotonen und Photonen) nachzuweisen.

Schnittzeichnung des AMS-Detektors
Schnittzeichnung des AMS-Detektors: Im Zentrum des AMS-Instruments befindet sich ein starker Magnet, der die geladenen Teilchen auf gekrümmte Bahnen zwingt. Diese Bahn wird vermessen beim Durchgang der Teilchen durch die neun Ebenen (Tracker Planes) eines Silizium-Spurdetektors. Weitere Detektoren ober- und unterhalb des Magneten ergänzen den Aufbau: ein Übergangsstrahlungsdetektor (TRD), ein Flugzeitmassenspektrometer (TOF), ein Ring-Image-Tscherenkow-Zähler (RICH) und ein elektromagnetisches Kalorimeter (ECAL). Mit dem Sternsensor (Star Tracker) wird die Ausrichtung des Experimentes überwacht.
Credit:

AMS Collaboration

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AMS wird auch Untersuchungen zur Existenz oder zum Fehlen von Antimaterie im Universum durchführen. Der Nachweis von Anti-Helium, Anti-Kohlenstoff und anderen Anti-Kernen wird mit bisher unerreichter Empfindlichkeit ermöglicht. Die Ergebnisse liefern Hinweise, ob nach dem Urknall eine räumliche Trennung zwischen Materie und Antimaterie stattgefunden hat, oder ob mehr Materie als Antimaterie erzeugt worden ist. Könnte AMS auch nur ein einzigen Anti-Helium oder schwereres Anti-Teilchen nachweisen, so kann man davon ausgehen, dass Antimaterie großräumig existiert.

Eine Vorstufe des AMS-Experimentes („AMS-01“) wurde bereits auf einem Space Shuttle-Flug (Discovery, STS-91) im Juni 1998 eingesetzt. Technisch und wissenschaftlich war dieser Precursorflug ein voller Erfolg. Obwohl der Flug des AMS nur zehn Tage dauerte, konnten Spuren von über 100 Millionen geladener kosmischer Teilchen nachgewiesen werden. Dadurch wurden die bisherigen Kenntnisse über die Zusammensetzung der kosmischen Höhenstrahlung bereits deutlich verbessert. Dieses Experiment erbrachte jedoch keinen Hinweis auf den Verbleib der Antimaterie. AMS-01 konnte in der erfassten Menge von etwa drei Millionen Heliumkernen keinen einzigen Anti-Heliumkern finden.

Instrumente

Um die Ladungen und Energien der verschiedenen Teilchensorten über einen weiten Energiebereich messen zu können, ist das AMS-Experiment aus verschiedenen Komponenten zusammengesetzt. Im Zentrum befinden sich acht Ebenen eines Si-Spurdetektors (Tracker), die von einem Magneten mit einer Feldstärke von etwa 0,125 Tesla umgeben sind. Darüber befinden sich ein Übergangsstrahlendetektor (Transition Radiation Detector, TRD) und ein Flugzeitzähler (TOF), darunter Cerenkov-Zähler (RICH) und ein Kalorimeter (ECAL)

Der Magnet des „Alpha Magnetic Spectrometer“
Der Magnet des „Alpha Magnetic Spectrometer“ in der Integrationshalle des CERN.
Credit:

CERN

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Der deutsche Beitrag zu AMS

AMS wurde in einer weltweiten Kollaboration von rund 500 Wissenschaftlern aus 16 Ländern entwickelt und gefertigt. In Deutschland sind das Physikalische Institut der RWTH Aachen und das Institut für Experimentelle Kernphysik der Universität Karlsruhe an AMS beteiligt. Sie sind unter anderem für den Übergangsstrahlendetektor, Komponenten des Spurdetektors und eine seitliche Teilchenabschirmung verantwortlich.

Der Übergangsstrahlungsdetektor wird als ein ganz wesentliches Element der AMS-Instrumentierung, etwa für die Unterscheidung zwischen Protonen und Positronen mit gleicher Ladung, aber unterschiedlicher Masse, benötigt. Übergangsstrahlung entsteht bei dem Übergang eines Teilchens zwischen zwei Materialien mit unterschiedlichem Brechungsindex. Die Intensität der Strahlung ist klein, sodass man in der Regel eine Vielzahl von Schichten benötigt, um nachweisbare Strahlungsintensitäten zu erhalten. So wird im AMS-TRD ein Fleece-Material eingesetzt, das insgesamt viele hundert solcher Schichten enthält. In sechs Millimeter dicken, mit Gas gefüllten Röhrchen wird die so erzeugte Strahlung in messbare Signale umgesetzt. Die Deutsche Raumfahrtagentur im DLR unterstützt diese Aktivitäten mit Mitteln aus dem nationalen Raumfahrtprogramm.

Missionsdaten und technische Parameter

  
Start:
16. Mai 2011, 08:56 Uhr Ortszeit, vom Kennedy Space Center, Cape Canaveral, Florida, USA
Trägerrakete:
Space Shuttle Mission STS-134
Orbit:
auf Raumstation ISS, Bahnhöhe ca. 350 km, Inklination 51,6°
Bodenempfangsstation:
White Sands Ground Center (WSGC), New Mexico, USA
Datenrate:
22 GByte/Tag (Anmerkung: Die wissenschaftlichen Daten werden sowohl auf der ISS zwischengespeichert und dann bei Service-Flügen zur Erde gebracht als auch direkt zum Boden übertragen.)
Bodenkontrollstation:
Payload Operations and Control Center (POCC) am CERN, Schweiz
Telemetrie und Telecommand:
über „Low Rate Data Link“ (LRDL) TM: bis zu 20 kBit/s, TC: 1 kBit/s
Wissenschaftliches Betriebszentrum:
Science Operations Center (SOC) am CERN, Schweiz
Missionsdauer:
kann bis zum Ende der Nutzung der ISS betrieben werden
Masse des Experiments:

6.918 kg

Abmessungen:
4 m x 4 m x 4 m (H x B x T)
Energiebedarf:
2,5 kW

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Kontakt

Josef Hoell

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Deutsche Raumfahrtagentur im DLR
Erforschung des Weltraums
Königswinterer Str. 522-524, 53227 Bonn