Forschungsinfrastruktur

Wolkenkamera-Netzwerk Eye2Sky

Eye2Sky-Messstation, im Hintergrund PV-Module

Im Nordwesten Deutschlands zwischen Oldenburg, Nordseeküste und niederländischer Grenze betreibt das Institut für Vernetzte Energiesysteme das in seiner Form einzigartige Wolkenkamera-Netzwerk Eye2Sky als Forschungsinfrastruktur. Das Netzwerk wächst dynamisch und besteht derzeit aus ca. aus 30 Stationen. Das Herzstück jeder Station bildet eine Wolkenkamera, auch All-Sky-Imager (ASI) genannt. Dies ist eine handelsübliche Webcam mit Fischaugenobjektiv ergänzt um ein Lüftungs- und Heizsystem, das eine optimale Bildqualität auch bei schlechtem Wetter gewährleistet. Ein Drittel der Stationen sind für die Validierung und die Kalibration der Algorithmen mit einem sogenannten „rotating shadowband irradiometer“ (RSI), weiteren Strahlungssensoren und meteorologischen Sensoren für z. B. Temperatur und Luftfeuchtigkeit ausgestattet.

Wolkenkamera Mobotix Q25 mit eigenem Lüftungs- und Heizsystem. Alle 30 Sekunden wird ein Foto des Himmels aufgenommen. Durch das Fischaugenobjektiv kann der komplette Himmel über der Station aufgenommen werden.

Das RSI erlaubt mithilfe eines rotierenden Schattenbands die Messung verschiedener Komponenten der Solarstrahlung (global, diffus, direkt) im Sekundentakt. Etwas geneigt installierte und nach Süden ausgerichtete Photodioden messen für zusätzliche Evaluationen die Einstrahlung in einer nicht-horizontalen Ebene. An zwei Standorten des Netzwerks stehen Ceilometer, die die Wolkenhöhe mittels Laser ermitteln und die Validierung der aus ASIs abgeleiteten Wolkenhöhen erlauben. Das gesamte Netzwerk und damit die Fläche des Eye2Sky Labors erstreckt sich über 110x100 km. Die Stationsdichte ist im ländlichen Bereich westlich von Oldenburg geringer bei gleichzeitig großflächiger Verteilung der Kameras. Im Oldenburger Stadtgebiet ist die Stationsdichte mit 14 Stationen deutlich größer. Diese Nähe der Kameras zueinander erlaubt die Beobachtung der Bewölkung mit mehreren Kameras aus verschiedenen Perspektiven. Hierdurch können die Wolken mit ihren 3D-Eigenschaften vermessen werden. Diese erlaubt besonders genaue Solarstrahlungsvorhersagen für das Stadtgebiet Oldenburg.

Beispielaufnahme des Himmels von der Oldenburger Stadtmitte aus gesehen. Cumulus-Wolken („Schönwetterwolken“) prägen den Sommertag.

Mithilfe des im DLR-Institut für Solarforschung im spanischen Almería entwickelten WOBAS-Algorithmus können aus den gesammelten Daten der Kameras und Messstationen sehr genaue Kurzfrist-Solarstrahlungsvorhersagen ermittelt werden. So ist im Gegensatz zur Vorhersage per Satellit eine räumliche Auflösung von 50 Metern und eine zeitliche Auflösung von 30 Sekunden möglich. Die nachfolgende Abbildung verdeutlicht die Unterschiede zwischen Kamera- und Satellitenbildbasierten Einstrahlungskarten.

Beispiel einer Kurzfristprognose für das Stadtgebiet Oldenburg in einer Situation mit sehr variabler Bewölkung. Die aus den Kamerabildern abgeleiteten Einstrahlungsmuster im Stadtgebiet (oben rechts) zeigen eine sehr heterogene Verteilung von hoher und niedriger Strahlungsintensität (Licht und Schatten), während die Satellitenbilddaten nur grobe und geglättete Muster wiedergeben. Im mittleren Panel wird die Prognose der Verteilung für die nächsten 25 Minuten dargestellt. Im unteren Panel sind die Daten als Zeitreihe für den Standort der Messstation OLDON in der Innenstadt dargestellt. Die Messwerte der Einstrahlung dienen der Validierung der Prognosen.
Überblick über die Eye2Sky-Messstationen im Nordwesten Deutschlands (rechts) und detailliert im Stadtgebiet Oldenburg. Die Farbe der Kreise beschreibt die Instrumentierung jeder Station (ASI = nur Kamera, MET = meteorologische Sensorik, CEI = Ceilometer, REF = Referenzstationen).

Die Kameras weisen eine begrenzte und mit der Wolkenhöhe variierende Sichtweite auf. Hierdurch sind aktuell Vorhersagen bis 30 Minuten und in besonderen Wettersituationen bis ca. eine Stunde im Voraus möglich. Die limitierte räumliche Reichweite bei gleichzeitig hoher räumlicher Auflösung legen nahe, die Vorhersage aus dem Wolkenkameranetzwerk mit einer Satellitenvorhersage für die Kurzfristvorhersage und/oder einer numerischen Wettervorhersage zu kombinieren um den Vorhersagehorizont zu erweitern. Dies wurde z.B. im europäischen Forschungsprojekt Smart4RES sowie im Forschungsprojekt HyForPV getestet.

Die hochaufgelöste Solarstrahlungsvorhersage erlaubt präzise Aussagen über die kurzfristige Solarstrahlungsintensität bis auf Straßen- oder Quartiersniveau. So lässt sich beispielsweise die Bewegung einer größeren Wolke über der Stadt Oldenburg und deren Auswirkung auf die Einspeisung von Solarstrom in das lokale Stromnetz bestimmen und vorhersagen. Mit dem stetigen Anstieg an PV-Anlagen auf Hausdächern und Freiflächen steigen die Erwartungen an die Prognosegüte und die Integration von Wettervorhersagen in smarte Energiemanagementsysteme sowohl bei Netzbetreibern als auch in Quartieren, Gewerbe, Industrie oder in Privathäusern.

Dafür arbeitet die Gruppe Energiemeteorologie eng mit den anderen Abteilungen im Institut zusammen. Die direkte Kopplung an das Emulationszentrum für Vernetzte Energiesysteme (DLR_NESTEC) wird derzeit vorbereitet. Im Forschungsprojekt ENAQ2 wird der Einsatz von Kurzfristprognosen zur Optimierung des Energiemanagements eines innovativen Quartiers im Oldenburger Norden untersucht. Prognosedaten eines Wolkenkameranetzwerks sind auch für größere Photovoltaikanlagen im MW bis GW-Bereich sehr nützlich um die durch Wolkendynamik verursachte starke Änderungen der Produktion kurzfristig zu prognostizieren und Batteriespeicher optimal einzusetzen. Daten des Eye2Sky Labors in und um Oldenburg können auch an Standorten von großen PV-Kraftwerken genutzt werden, um den Einsatz eines lokalen ASI-Netzwerks in Machbarkeitsstudien zu erproben. Hiermit können dann z.B. Anforderungen der Netzbetreiber hinsichtlich maximalen Rampenhöhen eingehalten werden oder durch Fehlprognosen verursachte Kosten an den Energiemärkte reduziert werden.

Bei Interesse am Wolkenkameranetzwerk schicken Sie uns gerne eine Nachricht über das Kontaktfeld ganz unten auf dieser Seite.

Mehr Informationen

  • Ein Datensatz bestehend aus Kamerabildern und meteorologischen Messdaten aus dem Jahr 2022 ist auf der Plattform Zenodo öffentlich zugänglich.

Kontakt

Energiemeteorologie

Forschungsgruppe
Institut für Vernetzte Energiesysteme