Kooperative Systeme
Die Abteilung ist Wegbereiter neuer autonomer Mobilitätslösungen durch die Erforschung, Gestaltung und Demonstration von Vernetzung, Automation, Kooperation und Koordination für Fahrzeuge, Systemverbünde und uns Menschen.
Das Projekt HALI_Berlin ist ein im Rahmen des Nationalen Programmes zur Förderung von GALILEO-PRS des BMDV finanziertes Forschungs- und Demonstrationsprojekt. Der Begriff „HALI“ leitet sich aus der Abkürzung des Finnischen „HälytysAjoneuvojen LIikennevaloetuudet“ ab, was übertragen „Ampelsteuerung für Einsatzfahrzeuge“ bedeutet. Das Hauptziel des Projektes HALI_Berlin besteht in der Erprobung und Demonstration des Navigationsdienstes GALILEO-PRS in einer Anwendung für Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben. Konkret sollen sich Einsatzfahrzeuge der Berliner Polizei und Berliner Feuerwehr in einem anspruchsvollen innerstädtischen Testfeld in Berlin-Moabit schnell, zuverlässig und störresistent orten. Diese verlässlichen Positionsinformationen werden für eine Anpassung der Steuerung von Verkehrsampeln genutzt. Auf diese Weise unterstützt GALILEO-PRS die Einsatzkräfte bei der schnellen, verzögerungsfreien und sicheren Fahrt zu den Einsatzorten.
Es existieren bereits Systeme und technische Lösungen, welche Einsatzkräfte möglichst schnell (Einhaltung von Hilfsfristen) und sicher (keine Überfahrt roter Signale) an ihren Einsatzort bringen sollen. Dabei weisen diese Systeme allerdings entscheidende Nachteile auf: Die zur Bevorrechtigung notwendige Positionsbestimmung der Einsatzfahrzeuge ist insbesondere in dicht bebauten Innenstadtbereichen aufgrund von Mehrwegeausbreitung und plötzlich auftretenden Abschattungen der Satellitensignale oftmals nicht hinreichend präzise. Die Positionssignale können zudem durch manipulative Eingriffe gestört (Jamming) oder verfälscht (Spoofing) werden. Daher ist die für die Einsatzkräfte notwendige Verfügbarkeit nicht immer sichergestellt.
Im Bereich der Ampelsteuerung besteht außerdem das Problem, dass sich die Bevorrechtigung oftmals nur auf die unmittelbar nächste Kreuzung beschränkt, anstatt flexibel entlang einer Einsatzroute zur Verfügung zu stehen und einen zeitlichen Vorlauf zum Stauabbau an einer Kreuzung zu nutzen. Zudem werden oft alle nicht durch das Einsatzfahrzeug genutzten Zufahrten einer Kreuzung gesperrt, obwohl ggf. kein Konflikt mit dem Einsatzfahrzeug besteht. Daraus resultieren zusätzliche Staus und Wartezeiten für den allgemeinen Verkehr.
Das Ziel des Forschungsprojektes HALI_Berlin ist es, diese bestehenden Einschränkungen zu adressieren und eine Einsatzwagenbevorrechtigung entlang dynamischer Routen auf Basis des Europäischen Satellitennavigationssystems GALILEO und des PRS-Dienstes (Public Regulated Service) unter realen Bedingungen in einem komplexen, innerstädtischen Testfeld zu demonstrieren.
GALILEO-PRS ist ein kryptographisch geschützter Navigationsdienst, der speziell für Anwender mit hoheitlichen Aufgaben wie Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben definiert wurde. Das PRS-Signaldesign sowie die eingesetzte Verschlüsselung sorgen dabei für einen sehr hohen Schutz gegenüber Störung und Verfälschung. Auf diese Weise ermöglicht GALILEO-PRS eine Reihe sicherheitskritischer Anwendungen, welche mit anderen Navigationsdiensten in dieser Form nicht umsetzbar sind. Um die Anforderungen für den Realbetrieb zu erfüllen, wurden die existierenden PROOF miniPRS-Receiver hinsichtlich der Zuverlässigkeit und Robustheit gegenüber Interferenzen sowie der Genauigkeit der Positionierung im Projekt HALI_Berlin weiterentwickelt. Da der bisherige Entwicklungsstand nur auf die Verarbeitung des Open Service (OS) und des PRS-Signals unter Laborbedingungen mit idealen Empfangsbedingungen abzielte, wurden die Receiver für den Fahrzeugeinsatz ertüchtigt und hinsichtlich der Baugrößen und des Energieverbrauchs modifiziert. Die auf diese Weise weiterentwickelten Receiver wurden nach ihrer Sicherheitszertifizierung in ausgewählte Fahrzeuge der Berliner Polizei und Feuerwehr integriert.
Insgesamt fünf Einsatzfahrzeuge wurden mit den erweiterten GALILEO-Receivern ausgestattet, um im Rahmen des Testbetriebs eine Bevorrechtigung an Ampelanlagen erfahren zu können. Dabei handelt es sich um drei Fahrzeuge der Berliner Polizei und zwei Fahrzeuge der Berliner Feuerwehr.
Diese Fahrzeuge sind aufgrund der Lage der Polizei- und Feuerwehrwachen regelmäßig im Testgebiet Berlin-Moabit unterwegs, um zu umliegenden Einsatzorten zu gelangen. Das gewählte Testgebiet zeichnet sich durch eine dichte, innerstädtische Bebauung mit vielen Häuserschluchten und ein hohes Verkehrsaufkommen mit häufigen Stauungen aus.
Neben den Einsatzfahrzeugen wurden acht Ampelanlagen mit spezieller Kommunikationstechnik ausgestattet, so dass sich die Fahrzeuge an diesen Ampeln „melden“, wenn sie sich nähern. Diese schalten dann automatisch auf Grün, so dass der Einsatzwagen mit höherer Geschwindigkeit über die Kreuzung fahren kann. Die Koordination einer Einsatzroute über mehrere Ampeln hinweg, übernimmt ein Backend, in dem die Daten von den Einsatzfahrzeugen (z.B. Position und Geschwindigkeit) mit den Informationen zum Einsatzort und zur Verkehrslage gekoppelt werden. Dieser zentrale HALI-Server kann aus den kombinierten Daten die Schaltungen der nächstgelegenen Ampeln punktgenau anpassen und damit die Fahrzeit verringern und die Sicherheit erhöhen.
Projektname:
HALI_Berlin
Laufzeit:
07/2017 bis 12/2023
Projektvolumen:
1.680.000 €
Auftraggeber:
Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV)
Projektbeteiligte:
DLR-Institut für Verkehrssystemtechnik
Fraunhofer Institut für Integrierte Schaltungen
Berliner Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz
Berliner Senatsverwaltung für Inneres und Sport
Polizei Berlin
Feuerwehr Berlin
Siemens AG
Airbus DS GmbH
IABG GmbH
Alarm Dispatcher Systems GmbH