Erforschung alternativer Klimametriken für die Luftfahrtpolitik und die Flugzeugentwicklung
5. Juni 2024
Erforschung alternativer Klimametriken für die Luftfahrtpolitik und die Flugzeugentwicklung
Eine wachsende Zahl von Forschungsarbeiten hat den großen Beitrag des Luftverkehrs zum anthropogenen Klimawandel aufgezeigt. Neben Kohlendioxid (CO₂) sind es vor allem die Emissionen von Stickoxiden (NOₓ), Wasserdampf (H₂O) und Aerosolen sowie die Bildung von Kondensstreifen die zum Klimawandel beitragen. Da die letztgenannten Nicht-CO₂-Effekte für etwa zwei Drittel der gesamten Erwärmung durch den Luftverkehr verantwortlich sind, sind die Regulierungsbehörden zunehmend daran interessiert, diese Effekte in der Klimapolitik wie dem EU-Emissionshandelssystem (ETS) zu berücksichtigen. Dazu müssen die Nicht-CO₂-Effekte und die CO₂-Emissionen auf eine gemeinsame Skala gebracht werden, indem eine so genannte Klimametrik verwendet wird.
Die Nicht-CO₂-Effekte des Luftverkehrs haben jedoch sehr unterschiedliche atmosphärische Lebensdauern und Wirkungsgrade. Sie sind abhängig vom Emissionszeitpunkt, der Höhe und dem Ort und ihre Auswirkungen auf das Klima sind sehr unsicher. Daher ist es nicht einfach, eine angemessene Äquivalenz zwischen Nicht-CO₂-Effekten und CO₂-Emissionen herzustellen, und es gibt derzeit keinen Konsens darüber, welche Klimametrik für den Luftverkehr am besten geeignet ist.
Forscher des DLR-Instituts für Physik der Atmosphäre und der TU Delft Fakultät für Luft- und Raumfahrttechnik haben sich auf die Suche nach einer geeigneten Klimametrik sowohl für die Luftfahrtpolitik als auch für die Flugzeugentwicklung gemacht. Mit Hilfe des DLR Klima-Response-Modells AirClim untersuchten sie die Neutralität, zeitliche Stabilität, Kompatibilität und Einfachheit einer Reihe von Klimametriken. Im Rahmen ihrer Forschung erstellten und analysierten sie die Klimaauswirkungen von 10.000 potenziellen zukünftigen Flugzeugdesigns, die sowohl mit konventionellem Kerosin als auch mit Sustainable Aviation Fuel (SAF) und Wasserstoff betrieben werden.
Die Forscher kamen zu dem Schluss, dass der Übergang vom konventionellen Global Warming Potential (GWP, Deutsch: Treibhauspotenzial) zur Average Temperature Response (ATR, durchschnittliche Temperaturreaktion) oder dem Efficacy-weighted GWP (EGWP, Wirksamkeitsgewichtetes Treibhauspotenzial) eine genauere Bewertung bestehender und zukünftiger Flugzeuge ermöglichen würde. Ihre Analyse des Einflusses des Zeithorizonts legt nahe, dass Zeithorizonte von mehr als 70 Jahren für diese Klimametriken am besten geeignet sind. Schließlich befanden die Autoren die kürzlich vorgeschlagene GWP*-Methode als instabil und ungeeignet für den Einsatz in der Luftfahrtpolitik. Für seine Arbeit erhielt der führende Autor, Liam Megill, den Ivar Isaksen Early Career Researcher Prize auf der 4. ECATS-Konferenz in Delft im Oktober 2023.
Tabelle: Übersicht über die Leistung der analysierten Klimametriken in Bezug auf die einzelnen Anforderungen. Aus Megill et al. (2024); CC BY 4.0.
Anforderung
Neutralität
(REQ 1)
Stabilität
(REQ 2)
Kompatibilität
(REQ 3)
Einfachheit
(REQ 4)
RF
Sehr niedrige Neutralität
Stabil im Allgemeinen
Kompatibel
Einfach zu verstehen und zu implementieren
GWP
Geringe aber konsistente Neutralität
Stabil
Kompatibel (Standard-Klimametrik)
Komplex zu verstehen, einfach zu implementieren
EGWP
Hohe Neutralität
Stabil
Kompatibel
Komplex zu verstehen und in der Implementierung
GTP
Geringe und inkonsistente Neutralität
Stabil im Allgemeinen
Kompatibel
Einfach zu verstehen, komplex in der Implementierung
ATR & iGTP
Hohe Neutralität
Stabil
Kompatibel
Einfach/komplex zu verstehen, komplex in der Implementierung
GWP*
Geringe, aber konsistente Neutralität
Sehr instabil
Nicht kompatibel
Sehr komplex zu verstehen und in der Implementierung
EGWP*
Hohe und konsistente Neutralität
Sehr instabil
Nicht kompatibel
Sehr komplex zu verstehen und in der Implementierung
Die Forschung wurde durch das DINA2030+ Projekt des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), das GlowOPT Projekt des Horizon 2020 Forschungs- und Innovationsprogramms der Europäischen Union und das Airbus-DLR OpenAirClim Projekt finanziert.
Links:
Megill, L., Deck, K. & Grewe, V. Alternative climate metrics to the Global Warming Potential are more suitable for assessing aviation non-CO₂ effects. Commun Earth Environ 5, 249 (2024). https://doi.org/10.1038/s43247-024-01423-6