Schmelzeigenschaften
Die Erforschung der thermophysikalischen Eigenschaften und der Dynamik flüssiger Metalle und Oxide ist für das Verständnis ihres flüssigen Zustands grundlegend. Daten zu diesen Eigenschaften sind unverzichtbar für umfangreiche Simulationen im Materialdesign. Zur genauen Messung thermophysikalischer und mikroskopischer Eigenschaften, auch bei chemisch reaktiven Flüssigkeiten, wurden Levitationstechniken entwickelt. Experimente mit elektromagnetischer Levitation (EML) finden sowohl am Boden als auch unter Mikrogravitationsbedingungen statt, beispielsweise bei Parabelflügen, auf Forschungsraketen und an Bord der ISS. Die elektrostatische Levitation (ESL) ist eine neuere Methode. Da Levitation und Erhitzung entkoppelt sind, sind tiefere Unterkühlungen möglich und Materialien mit niedrigeren Schmelzpunkten können untersucht werden. Auch nichtleitende Materialien können verarbeitet werden. Elektrostatische und elektromagnetische Levitationsmethoden werden mit verschiedenen Diagnoseverfahren eingesetzt: Direkte Hochgeschwindigkeits-Videobildgebung ermöglicht die Bestimmung der Flüssigkeitsdichte, während Oberflächenspannung und Viskosität durch Überwachung der induzierten Oszillationen eines levitierten Tropfens sowohl am Boden als auch unter Mikrogravitation gemessen werden. Neutronenstreuung und Synchrotronstrahlung werden in Kombination mit speziellen Levitationsgeräten eingesetzt, um Struktur und Dynamik auf atomarer Ebene zu untersuchen.
Diffusionsprozesse in Schmelzen sind entscheidend für das Verständnis der Flüssigkeitsdynamik, der Vitrifikation, der Keimbildung und der Erstarrung. Ihre experimentelle Bestimmung in herkömmlichen Kapillarexperimenten ist jedoch aufgrund von gravitationsbedingten Strömungs- und Sedimentationsfehlern problematisch. Das Institut hat eine Reihe fortschrittlicher und ergänzender Techniken entwickelt: Selbst-Diffusionskoeffizienten werden absolut skaliert durch quasielastische Neutronenstreuung mit EML oder ESL sowie in herkömmlichen Ofenexperimenten gemessen. Lange Kapillarexperimente werden mit Röntgen- oder Neutronenradiografie kombiniert, um den gesamten Interdiffusionsprozess zu überwachen. Diffusionskoeffizienten in Mehrkomponentenlegierungen werden durch den Einsatz von mehrsegmentierten Scherzellen ermittelt, die definierte experimentelle Bedingungen bei Schmelze und Erstarrung ermöglichen. Um den Einfluss der Auftriebskonvektion zu umgehen, werden lange Kapillardiffusionsexperimente unter Mikrogravitationsbedingungen durchgeführt, z.B. auf Forschungsraketen, einschließlich des Einsatzes von Scherzellen und Röntgenradiografie.
Die Forschungsthemen im Bereich der Diffusion umfassen:
- Messung der Flüssigkeitsstruktur, thermophysikalischer Eigenschaften und atomarer Dynamik
- Zusammenhang zwischen Selbst-, Fremd- und Interdiffusion, Abhängigkeit von Temperatur, Struktur und Legierungszusammensetzung
- Beziehung zu viskosem Fluss und Kristallwachstum