27. September 2024

TEMPUS-Experimente bei der 43. DLR Parabelflugkampagne

Vom 09.-20. September 2024 war die Experiment-Anlage TEMPUS (Tiegelfreies Experimentieren und Prozessieren in Schwerelosigkeit) Teil der 43. DLR Parabelflugkampagne. Die Experimente wurden im April 2024 ausgewählt und seitdem intensiv durch Mitarbeiter des DLR-Instituts für Materialphysik im Weltraum vorbereitet. Die Flüge wurden am Flughafen Bordeaux-Merignac durch Novespace in dem Flugzeug „Airbus A310 Zero-G“ durchgeführt. Der Einbau der Anlage in den Airbus nahm eine Woche in Anspruch, in der zweiten Woche wurden die Flüge an drei aufeinander folgenden Tagen durchgeführt und die Experimente hinsichtlich der Erfahrungen der ersten Flugtage optimiert.

TEMPUS-Experimente bei der 43. DLR Parabelflugkampagne
TEMPUS-Operateure und externe Wissenschaftler hinter der TEMPUS-Anlage im Airbus A310-Zero G; Bild: DC Aviation Photography.

Neben den Anlagen-Operateuren des Instituts für Materialphysik im Weltraum, flogen an jedem Flugtag zwei zusätzliche Experimentatoren mit, konkret von der Universität des Saarlandes, der Technischen Universität München, der University of Alberta (Kanada), der Tufts University (USA) sowie des DLR-Instituts für Materialphysik im Weltraum. Die Experimente wurden zu gleichen Teilen von der ESA, dem DLR Raumfahrtmanagement und dem Institut für Materialphysik im Weltraum ausgeschrieben und ausgewählt.

TEMPUS ist eine Experimentanlage zur elektromagnetischen Levitation (EML), die vom Institut für Materialphysik im Weltraum betrieben, gewartet und kontinuierlich weiterentwickelt wird. In TEMPUS werden metallisch leitende, kugelförmige Proben in einer Spule durch ein elektromagnetisches Wechselfeld in der Schwebe gehalten, aufgeschmolzen und vermessen. Untersucht werden sowohl thermophysikalische Eigenschaften der Schmelze wie Viskosität, Oberflächenspannung, Dichte und elektrische Leitfähigkeit, als auch das Erstarrungsverhalten, d.h. Messung der Geschwindigkeit und Form der Erstarrung sowie der nachträglichen Analyse der Mikrostruktur von unterkühlt erstarrten Proben. Im Gegensatz zu erdgebundenen Anlagen sind aufgrund der fehlenden Schwerkraft, während der ca. 21 Sekunden jeder Parabel, nur kleine Kräfte bzw. Felder vonnöten, um die Probe auf Position zu halten. Das behälterfreie Verfahren ermöglicht es auch Messungen reaktiver Materialen sowie im metastabilen Zustand der unterkühlten Schmelze durchzuführen.

TEMPUS-Experimente bei der 43. DLR Parabelflugkampagne
Experimentdurchführung in Schwerelosigkeit mit TEMPUS am 3. Flugtag; Bild: Novespace.

Bei allen Experimenten kam in axialer Richtung das am Institut gebaute axiale Kamerasystem ARES erfolgreich zur Anwendung. In radialer Richtung wurde am ersten und dritten Flugtag eine Hochgeschwindigkeitskamera und am zweiten Flugtag zusätzlich eine Wärmebildkamera genutzt.

Als Multiuser Facility werden in TEMPUS verschiedene Exprimente für unterschiedliche Nutzer durchgeführt. Die Experimente umfassten Untersuchungen der thermophysikalischen Eigenschaften sowie des Erstarrungsverhaltens und teilweise der post-mortem Analyse der Mikrostruktur. Prozessierte Probenklassen waren glasbildende Systeme, Legierungen im Kontext additiver Fertigung sowie im Kontext von 3D-Druckverfahren, optimierter Stahl sowie binäre und ternäre Modellsysteme. Besonderheiten waren eine gezielt herbeigeführte Erstarrung durch Kontakt mit der Deckenplatte eines Chill-Cooling-Käfigs, sowie 4 Proben, die an einer optischen Glasfaser aufgehängt waren im Rahmen des SPIDER Projekts.

TEMPUS-Experimente bei der 43. DLR Parabelflugkampagne
TEMPUS-Operateur des Instituts für Materialphysik im Weltraum bei der Probenintegration (Bild: privat).

Eine Übersicht der prozessierten Proben:

Institut für Materialphysik im Weltraum:

  • Al-Fe, thermophysikalische Eigenschaften einer Aluminiumlegierung mit erhöhtem Eisengehalt im Kontext additiver Fertigung,
  • Fe-B, thermophysikalische Eigenschaften einer Metall-Metalloid-Binärlegierung,
  • Al-Ge, Mikrostrukturanalyse der Dendritenorientierung der unterkühlt erstarrten Schmelze bei verschiedenen Zusammensetzungen,

ESA:

  • Fe-C-Ti-Ni: High-Strength Low-Alloy (HSLA) Stahllegierung, u. A. Chill-Cooling (University of Alberta, Kanada),
  • Pd-Ni-P: Bulk-Metallic-Glass (Universität des Saarlandes),
  • TA-625Mo/TA-718Ni: Superalloy Ternary Analogue (Tufts University, USA),

DLR-RFM:

  • Fe-Si-B-Nb: Glasbildner für 3D-Druckanwendungen (Universität des Saarlandes),
  • Al-Si / Al-Si-Cu / Al-Cu: optische Messung mit Faser-Bragg-Gitter in levitierten Proben (Technische Universität München),
  • Zr-Cu-Ni-Ti: Erstarrung eines Glasbildners (Friedrich-Schiller Universität Jena),
  • Zr-Ti-Ni-Cu: thermophysikalische Eigenschaften eines Glasbildners (Universität des Saarlandes).

Letztendlich werden die Video- und Anlagendaten in einem Datenarchiv archiviert, über welches die Wissenschaftler ihre Daten über das Internet runterladen können. Das Archiv beruht auf der Hypertest Architektur und wird vom Microgravity User Support Center (MUSC) betrieben.