Anwendung der Particle Image Velocimetry: Grenzschichtströmungen

Geschwindigkeitsvektoren innerhalb eines turbulenten Spots, Abb. 1
Volumen mit 3C-Geschwindigkeitsvektoren in turbulenter Grenzschicht, Abb. 2
Volumen mit 3C-Geschwindigkeitsvektoren in turbulenter Grenzschicht

Der Status und die Eigenschaften von Grenzschichtströmungen sind sehr wichtige Fragestellungen für die Entwicklung und den Betrieb von leistungsstarken Flugzeugen, bodengebundenen Fahrzeugen, wie auch für Verfahrenstechniken in der Industrie. Die bedeutende Rolle von Grenzschichten in der Aerodynamik ist zuerst von L. Prandtl 1904 in Göttingen hervorgehoben und sowohl experimentell als auch theoretisch demonstriert worden. Strömungsablösung in Regionen laminarer Strömung, die Erfassung von Position und Formen transitioneller Strömungsstrukturen und die Widerstandsproduktion in turbulenten Grenzschichten sind Gegenstand zahlreicher Untersuchungen in der Aerodynamikforschung. Insbesondere die Untersuchung von sich zeitlich ändernden und komplexen 3D-Strömungen wie transitionelle und turbulente Grenzschichten erfordert momentane und quantitative Feldmessmethoden wie PIV, um vollständige Strömungstopologien und ihre Entwicklung für eine detaillierte Analyse und ein weitergehendes Verständnis ihrer Eigenschaften zu erfassen. Mit einem multi-plane Stereo-PIV-Experiment wurden die Strömungsstrukturen eines Bypass-Transitionsphänomens, des so genannten turbulenten Spots intensiv untersucht. Diese turbulenten Spots erscheinen häufig in natürlichen Transitionsszenarios auf Flugzeugflügeln oder in Turbomaschinen. In Abbildung 1 ist ein momentanes Geschwindigkeitsvektorfeld von Strömungsstrukturen innerhalb eines turbulenten Spots gezeigt, das in einer wandparallelen Ebene gemessen wurde und eine Farbkodierung der wandnormalen Komponente aufweist. Die Strömung kommt von links und die mittlere Geschwindigkeit wurde subtrahiert, um die Schwankungsgrößen sichtbar zu machen.

Partikeltrajektorien im Lagrangeschen Referenzrahmen, Abb. 3:

Die Impulsaustauschmechanismen in einer turbulenten Grenzschichtströmung beinhalten mannigfaltige zeitliche und räumliche Skalen und sind von der Organisation selbsterhaltender kohärenter Strukturen beherrscht, die von dem “Entrainment” hochenergetischer Außenströmung angetrieben wird. Generische Strömungsstrukturen wie haarnadel-artige Wirbel und spannweitig alternierende wandgebundene Streifen hoher und niedriger Strömungsgeschwindigkeit wurden mit numerischen und experimentellen Mitteln z.B. mit Hilfe von DNS oder PIV beobachtet und ausgiebig analysiert. In vielen Studien wurde die Rolle dieser Strukturen für den spannweitigen und wandnormalen Strömungsaustausch meistens in einem Eulerschen Referenzrahmen hervorgehoben. Aber für ein volles Verständnis des Impulsaustausches in turbulenten Grenzschichten wäre ein Schritt in Richtung eines räumlich aufgelösten Lagrangeschen Referenzrahmens vorteilhaft. Um dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen wurde in einer Kooperation von TU Delft, LaVision und DLR ein zeitaufgelöstes Tomo-PIV-Experiment geplant und in einem Wasserkanal an der TU Delft durchgeführt. Die Daten, die aus dieser Anwendnung des zeitaufgelösten Tomo-PIV-Verfahrens in einer turbulenten Grenzschicht bei Re ~ 2460 erzielt wurden, ermöglichten erstmals eine topologische Untersuchung der Strömungsstrukturen und der zugehörigen Partikelbewegungen innerhalb eines zeitlich und räumlich sehr hochaufgelösten Lagrangeschen und Eulerschen Referenzrahmens. In Abbildung 2 und der Animation ist ein momentanes 3D-3C-Geschwindigkeitsvektorvolumen aus einer 1 KHz Zeitreihe gezeigt, bei der ausgesuchte Vektorebenen und 3D-Iso-Konturflächen der Wirbelstärke die Strukturverteilungen wiedergeben. In Abbildung 3 ist eine Vergrößerung in ein Gebiet mit mehreren Partikeltrajektorien gegeben, die die Bewegung und Beschleunigung von einzelnen Fluidelementen in einem Lagrangeschen Referenzrahmen zeigen.

Weitergehende Forschungen an laminarer Ablösung, sowie transitionellen und turbulenten Grenzschichten mittels PIV und anderen modernen optischen Messmethoden sind von großer Bedeutung für die Entwicklung von neuen Turbulenzmodellen für und die Validierung von CFD (und integrierten FEM und CAA) Codes. Diese Codeentwicklung ist eine Voraussetzung für revolutionäre Flugzeugentwicklungen, die die nötige dramatische Reduktion an Emissionen ermöglichen kann und die Ziele der Vision 2020 erreicht und darüber hinaus zuverlässige Leistungsvorhersagen für aktuelle Flugzeuge an den Grenzen ihrer Flug-Enveloppe ermöglicht.