CO₂-neutrales Fliegen - Wie kann die Aeroelastik dazu beitragen?
20. April 2022
CO₂-neutrales Fliegen - Wie kann die Aeroelastik dazu beitragen?
Flugzeuge müssen in Zukunft deutlich umweltfreundlicher fliegen, um ihren Anteil zum Einhalten der Ziele zur Begrenzung der globalen Erderwärmung beizutragen. Mit dem Ziel, neue innovative Antriebe zu testen, hat das DLR ein neues Forschungsflugzeug, eine Do228-202, in seine Flotte aufgenommen. An diesem Flugzeug sollen zum Beispiel elektrische Triebwerke, die von einer mit Wasserstoff betriebenen Brennstoffzelle gespeist werden, getestet werden.
Vom Passagierflugzeug zum Forschungsflugzeug
Das neue Forschungsflugzeug hat in seinem bisherigen Leben für Fluggesellschaften schon viele Passagiere transportiert und viele Flugmeilen zurückgelegt - bisher allerdings mit zwei herkömmlichen Verbrennungsmotoren.
In einem zweiten Leben als DLR-Versuchsträger für elektrisches Fliegen mit dem Namen „Electric Flight Demonstrator“ soll das Flugzeug zur Forschung mit neuen innovativen Antrieben und Treibstoffen abheben.
Für den Umbau zunächst nur eines Triebwerks muss das Flugzeug stark modifiziert werden. Dennoch gilt: Safety first! Hier kommt die Aeroelastik ins Spiel: Bevor das Flugzeug seinen neuen Dienst antreten kann, haben die Forscher des Instituts für Aeroelastik einen sogenannten Standschwingungsversuch (engl. Ground Vibration Test, GVT) an dem Flugzeug mit noch herkömmlichen Triebwerken durchgeführt. Dabei wurde das Flugzeug ordentlich in Schwingungen versetzt.
Denn wer schon einmal in einem Flugzeug über die Startbahn gerollt bzw. durch eine kleinere oder größere Turbulenz geflogen ist, hat an den Flügelspitzen sicher gesehen oder sogar am eigenen Leib gespürt, dass Flugzeuge schwingen. Das ist völlig normal und dem Leichtbau von Flugzeugen geschuldet. Aber bevor ein neues Flugzeugmodell oder ein Flugzeug, das stark modifiziert wurde, wie z.B. das neue Forschungsflugzeug des DLR, in die Luft abheben darf, muss vor dem Erstflug dieses Schwingungsverhalten am Boden überprüft und bewertet werden.
Wie läuft so ein Standschwingungsversuch ab?
Um die Schwingungen am Boden messen zu können, müssen die Spezialisten des Instituts für Aeroelastik das Flugzeug mit vielen Beschleunigungssensoren instrumentieren. Verteilt am ganzen Flugzeug, erfassen die Sensoren sämtliche Bewegungen an Flügel, Rumpf, Leitwerk und Antrieben.
Damit das Flugzeug auch auf dem Boden kräftig schwingt, wird es nacheinander an verschiedenen Komponenten, wie den Triebwerken, Flügeln, Steuerflächen etc., mit Schwingungserregern, auch Shaker genannt, künstlich angeregt. Die Funktionsweise eines solchen Shakers ist ähnlich zu der eines Lautsprechers, nur dass hier nicht Schallwellen erzeugt und über die Luft übertragen werden, sondern mechanische Schwingungen über eine Stößelstange, die am Flugzeug befestigt wird, eingekoppelt werden.
Die durch die Anregung entstandenen Schwingungen werden nun als elektrische Signale aus den Sensoren über viele Kabel an eine Messanlage gesendet und schließlich mit spezieller (im DLR entwickelter) Software auf einem PC angezeigt und ausgewertet.
Was soll nun mit den Ergebnissen des Tests passieren?
Mit den vielen im Standschwingungsversuch gemessenen Daten in Form von Eigenfrequenzen, Dämpfungen und Schwingungsformen bringen die Forscher jetzt das Simulationsmodell (Finite-Elemente-Methode, kurz FEM) auf den Stand der Wirklichkeit des realen Flugzeugs. Mit diesem validierten Simulationsmodell können die Forscher dann bereits das Schwingungsverhalten des Flugzeugs im späteren Flug simulieren und auch schon die geplanten Änderungen für das Fliegen mit elektrischen Triebwerken am Computer simulieren und deren Auswirkungen auf die Schwingungen abschätzen. Somit kann schon früh in der Entwicklungsphase das Konzept überprüft werden.