Der Schienenpersonenverkehr ist bereits heute eines der nachhaltigsten Mobilitätsangebote. Und dennoch liegt auch hier ein großes Potenzial, durch den Einsatz moderner Technologie die Energieeffizienz weiter zu steigern und die Pünktlichkeit der Züge zu verbessern. Eine zentrale Rolle spielt dabei ein vernetztes Fahrerassistenzsystem (vFAS), welches die aktuelle Fahrplanlage, Infrastruktur und Fahrdynamik miteinander verbindet. Durch den Austausch von Echtzeitdaten kann der Fahrbetrieb so optimiert werden, dass Energie effizienter genutzt und gleichzeitig Lastspitzen im Stromnetz reduziert werden.
Die Erprobung des vFAS fand auf verschiedenen Strecken im Netz Ostseeküste (OSK) statt, darunter die Linien RE9 (Rostock – Stralsund – Saßnitz/Binz), RE10 (Rostock – Stralsund – Pasewalk) sowie RE8 Nord (Wismar – Berlin-Spandau). Diese Strecken haben die Projektbeteiligten bewusst gewählt, da sie unterschiedliche Infrastruktur- und Betriebsbedingungen aufweisen – von städtischen Knotenpunkten bis zu ländlichen Abschnitten.
Das System wurde in drei Phasen eingeführt:
Datensammlung: Zunächst wurden Fahrdaten als Vergleichsbasis erfasst, ohne dass das System Empfehlungen ausgab.
Fahrempfehlungen für einzelne Zugfahrten: In der zweiten Phase gab das System erste Empfehlungen zur optimalen Geschwindigkeit. Bei der Berechnung wurden jeweils einzelne Züge berücksichtigt.
Gesamtoptimierung für vernetzte Zugfahrten: In der letzten Phase wurden die Fahrdaten mehrerer Züge gleichzeitig berücksichtigt, sodass eine noch genauere Berechnung der optimalen Geschwindigkeiten und eine gezielte Anpassung der Gesamtenergieaufnahme möglich war.
Effizienzsteigerung durch präzisere Berechnung der optimalen Fahrweise
Ein zentrales Ziel des Projekts war es, die Energieabnahme im Stromnetz zu optimieren und Lastspitzen zu vermeiden. Die Analyse der Fahrdaten und Simulation von Zugfahrten zeigte, dass durch gezielte Fahrempfehlungen vor allem kurzfristig hohe Energieabnahmen vermieden werden konnten. Dabei waren eine moderate Änderung der Geschwindigkeit beziehungsweise der Haltezeit am effektivsten, da zu starke Änderungen des Fahrverhaltens die Pünktlichkeit der Züge beeinträchtigen könnten. Zusätzlich haben die Forschenden ein Modell entwickelt, das es ermöglichte, die Dauer des Fahrgastwechsels genauer vorherzusagen. Diese Informationen trugen dazu bei, Fahrplanreserven besser auszunutzen und den Betriebsablauf effizienter zu gestalten.
Akzeptanz im Testbetrieb: Erfolgreiche Einbindung der Triebfahrzeugführenden
Von Anfang an war dabei klar, dass die Akzeptanz neuer Technologien entscheidend für ihren Erfolg ist. Im Projekt wurde deshalb viel Wert auf die Einbindung der Triebfahrzeugführenden gelegt. Durch Interviews, Fragebögen und die Auswertung von Fahrdaten haben die Projektbeteiligten überprüft, wie gut das System von den Nutzenden angenommen wird. Die Ergebnisse zeigten, dass das vFAS zu einer energieeffizienteren Fahrweise beitrug und dass die Triebfahrzeugführenden die frühe Einbindung ihrer Erfahrungen und Wünsche in den Entwicklungsprozess als positiv empfanden. Das vFAS wurde als Smartphone- oder Tablet-App umgesetzt und mit einer benutzerfreundlichen Oberfläche ausgestattet (siehe Bild 1).
Bild 1: Die Benutzeroberfläche des vFAS inklusive Darstellung einer Fahrempfehlung.
Optimierung der Fahrgastinformation: Ein Schlüssel zu effizienteren Abläufen
Neben der Unterstützung der Triebfahrzeugführenden stand auch die Verbesserung der Fahrgastinformation im Fokus des Projekts. Mit Beobachtungen am Bahnsteig haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler untersucht, welche zusätzlichen Informationen für Fahrgäste hilfreich sein können. Anhand von Simulationen in Virtual Reality wurden anschließend verschiedene Möglichkeiten zur Bereitstellung dieser Informationen visualisiert und von Studienteilnehmenden in Bezug auf ihre Nützlichkeit verglichen. Dabei erwiesen sich die Anzeige der Zugauslastung (siehe Bild 2) sowie die Markierung der Ein- und Ausstiegstüren eines Zuges als hilfreich. So könnte der Fahrgastwechsel beschleunigt und der Betriebsablauf effizienter gestaltet werden.
Bild 2: Beispiel für eine Darstellungsweise der Zugauslastung in der simulierten VR-Umgebung.
Fazit: Ein Schritt in Richtung nachhaltiger und effizienter Bahnverkehr
Die Tests und Auswertungen des Projekts FASaN bestätigen das Potenzial eines vernetzten Fahrerassistenzsystems zur Optimierung des Schienenverkehrs. Durch die Reduzierung von Lastspitzen und die Einsparung von Energie können wichtige Fortschritte erzielt werden. Ein weiterer Erfolg war die Umsetzung der Fahrempfehlung durch die Triebfahrzeugführenden und die daraus resultierende energieeffizientere Fahrweise, was die Grundlage für eine erfolgreiche Einführung und Ausweitung der Technologie auf weitere Strecken und Fahrzeugtypen bildet. Dies ist ein wichtiger Schritt hin zu einem ressourcenschonenden und nachhaltigeren Bahnverkehr der Zukunft.