16. Mai 2023

TELMA nimmt Messungen am Südpol auf

Am Ende des Sommers geht die Sonne unter, und die Schönheit des polaren Nachthimmels wird sichtbar. Grüne Polarlichter tanzen über den Himmel, begleitet von einem grünen, nach oben gerichteten Laserstrahl. Um ihn herum kreisen die Sterne, denn dies ist ein besonderer Ort: der Südpol unserer Erde (Abb. 1).

Abb. 1: Das TELMA-Lidar in der Amundsen-Scott South Pole Station im May 2023 mit Polarlicht und Sternspuren im Hintergrund. Photo von Marc Jacquart, NSF-IceCube, aufgenommen mit einer 3-stündigen Belichtungszeit.

Der grüne Laserstrahl gehört zu TELMA, unserem Rayleigh-Lidar, mit dem wir die Dynamik der mittleren Atmosphäre studieren. Wenn in der Antarktis die Polarnacht beginnt, kommt es zu dramatischen Veränderungen in der atmosphärischen Zirkulation. Durch die sinkenden Temperaturen werden Winde induziert, die den Pol umkreisen. Der sogenannte Polar Night Jet begrenzt den stratosphärischen Polarwirbel und schließt die Antarktis noch mehr vom Rest der Welt ab.

Am Rand des Wirbels finden bodennah angeregte atmosphärische Wellen optimale Bedingungen, um sich nach oben auszubreiten und in der Amplitude zu wachsen – die Untersuchung dieser dynamischen Prozesse ist Gegenstand unserer SOUTHTRAC-Kampagne mit den Rayleigh-Lidars CORAL und ALIMA. Aber was passiert im Kern des Polarwirbels?

Ehrlich gesagt wissen wir es nicht. Auch wenn viele Erdbeobachtungssatelliten auf polaren Umlaufbahnen laufen, also von Nord nach Süd und zurück, damit sie die rotierende Erde global abdecken können, nähern sie sich nur den Polen, überqueren sie aber nicht direkt. Die zeitliche Entwicklung der atmosphärischen Dynamik bei hoher vertikaler Auflösung lässt sich am besten mit einem bodengestützten Lidar-Instrument erfassen. Deshalb haben wir TELMA im Januar 2023 zur Amundsen-Scott South Pole Station gebracht.

Die dauerhafte Dunkelheit ist von Vorteil, da keine Tageslichtfilter erforderlich sind und eine Messung somit mehr als zwölf Stunden dauern kann. Anspruchsvoll sind hingegen die extremen Temperaturunterschiede, denen das fein justierte Instrument ausgesetzt ist. Der Laser und die Elektronik von TELMA werden bei Raumtemperatur betrieben. Das TELMA-Teleskop direkt daneben aber ist der Umgebung ausgesetzt und kühlt somit auf Temperaturen unter -60 °C ab. Auf dem Spiegel sammeln sich dann langsam Eiskristalle an.

TELMA wird von einem Techniker der Amundsen-Scott South Pole Station gestartet und von uns am IPA überwacht. Es misst die atmosphärische Dichte und Temperatur bis zu einer Höhe von fast 100 km. Die Temperaturschwankungen werden durch atmosphärische Dynamik verursacht, zum Beispiel durch Schwerewellen, planetarische Wellen, Gezeiten, Instabilitäten und vielleicht auch durch noch unbekannte Phänomene. Die Dynamik der mittleren Atmosphäre beeinflusst die höheren Atmosphärenschichten, die Thermosphäre und Ionosphäre, und damit das Weltraumwetter. Zu bestimmen, welche Prozesse genau an diesem besonderen Ort auftreten und welche Eigenschaften sie haben, ist die Aufgabe von TELMA. Die ersten Messungen innerhalb des sich bildenden Polarwirbels zeigen mesosphärische Schwerewellen, deren Anregungsmechanismus noch untersucht werden muss (Abb. 2).

Abb. 2: Eine der ersten TELMA-Messungen am Südpol, die Schwerewellen in der Mesosphäre zeigt. (Grafik: DLR / B. Kaifler, CC-BY-ND-NC 3.0)