Flugzeugmessungen von Methan und Kohlendioxid über Kanada
Kohlebergbau, die Öl- und Gasförderung, Mülldeponien und Landwirtschaft – all das sind menschengemachte Quellen des Klimagases Methan (CH4), welches nach Kohlenstoffdioxid (CO2) den Klimawandel am stärksten anheizt. Hinzu kommen große Feuchtgebiete und auftauende Permafrostböden als eine der wichtigsten, aber gleichzeitig auch am wenigsten verstandenen natürlichen Quellen und Senken im globalen CH4- und CO2-Budget. Um genauer herauszufinden, wie viel diese Quellen im Einzelnen emittieren und wie sich natürliche und menschengemachte Quellen besser in der Analyse trennen lassen, war das deutsche Forschungsflugzeug HALO im August und September 2022 über Kanada im Einsatz. Im Rahmen der Mission CoMet 2.0 Arctic (Carbon dioxide and methane mission for HALO) forscht das Institut für Physik der Atmosphäre des DLR gemeinsam mit den Partnern des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie Jena sowie der Universität Bremen und der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München daran, Klimagasemissionen zukünftig genauer und umfangreicher zu erfassen sowie Klimaprognosen präziser zu gestalten.
Kanada ist für derartige Untersuchungen ein ideales Zielgebiet. So befinden sich dort, nach Sibirien, die größten arktischen und borealen Feuchtgebiete der Welt, wie z.B. die Hudson Bay Lowlands mit einer Ausdehnung von mehr als der Fläche Deutschland. Andererseits ist die kanadische Provinz Alberta einer der größten Erdöl- und Erdgaslieferanten weltweit. Die Ölsände in Alberta gehören zu den größten Rohölvorkommen der Erde. Als Kampagnenbasis für CoMet 2.0 Arctic wurde daher der internationale Flughafen von Albertas Hauptstadt Edmonton gewählt. Im Rahmen von insgesamt etwa 135 Flugstunden inklusive der Transferflüge von Oberpfaffenhofen wurden von dort aus verschiedene Ziele in Kanada angeflogen. Dazu gehören einerseits die großen kanadischen Feuchtgebiete wie das Mackenzie Flussdelta, das Peace-Athabasca River Delta, sowie die Hudson Bay Lowlands und andererseits anthropogene Quellen wie z.B. die Athabasca Ölsandlagerstätten, die Gasförderregionen in West-Alberta sowie Kohletagebauminen in den Rocky Mountains. Teilweise wurden die Messflüge mit NASA und kanadischen Partnern koordiniert. Ein großes Team arbeitete neben der Vorbereitung der Flüge und dem Betrieb der Instrumente vor Ort auch von Deutschland aus an Vorhersagen und Modellen zu Wetter und Treibhausgasflüssen. Die Planung der Flüge wurde von umfangreichen Vorhersagesimulationen mit einem gekoppelten globalen / regionalen Klima-Chemiemodell begleitet. Dabei wurden Treibhausgase aus verschiedenen globalen und regionalen Emissionskatastern simuliert. Dies war eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Flugplanung und Durchführung der Messflüge.
Die Mission diente neben wissenschaftlichen Fragestellungen auch dazu, neuartige Instrumente zur Messung von Treibhausgasen zu erproben und zukünftige Satellitenmissionen vorzubereiten. Das im DLR-Institut für Physik der Atmosphäre entwickelte Lidar CHARM-F erlaubt es mittels eines Lasers, CH4 und CO2 unabhängig vom Sonnenlicht, aus großer Entfernung und mit hoher Genauigkeit zu messen. CHARM-F wurde als flugzeuggetragener Demonstrator für die deutsch-französische Klimamission MERLIN entwickelt, die ab 2028 global vom Satelliten aus Methan erfassen wird. Da ein Lidar eine eigene Lichtquelle, den Laser, an Bord hat, ist MERLIN im Gegensatz zu den meisten anderen Fernerkundungsverfahren vom Sonnenlicht unabhängig. Daher ist MERLIN in der Lage unabhängig von Tages- und Jahreszeit in allen geographischen Breiten zu messen. Gerade für die hohen arktischen Breiten ist dies ein entscheidender Vorteil aufgrund der dort vorherrschenden geringen Sonneneinstrahlung.
Als weiteres Fernerkundungsinstrument trug HALO das abbildende Spektrometer MAMAP2DL der Universität Bremen, das Methan und Kohlenstoffdioxid aus lokalen Quellen bildgebend erfasst und ebenfalls ein flugzeuggetragenes Vorläuferexperiment für zukünftige (passive) Satellitensensoren wie beispielsweise bei der Mission CO2M (Copernicus CO2 Monitoring Mission) ist. Das räumlich hochauflösende abbildende Spektrometer specMACS der LMU München charakterisierte zudem die Reflektivität des Erdbodens und erlaubt die präzise Detektion der bei der Methanfernerkundung störenden Wolken. Die wissenschaftliche Instrumentierung ergänzten zwei Cavity-Ringdown-Spektrometer des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie Jena und des DLR, mittels derer die wichtigsten Treibhausgase in-situ gemessen wurden, sowie ein Probensammler zur Bestimmung dieser und weiterer Gase in Laboranalysen der gesammelten Luftproben.
Sämtliche Geräte funktionierten einwandfrei, so dass ein großer und wertvoller Datensatz gesammelt werden konnte. Die Auswertung der Daten begann bereits vor Ort und ist nun in vollem Gange.
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