2. Dezember 2021

Der unsichere Einfluss von Luftverkehrsrußpartikeln auf natürliche Zirruswolken

Luftverkehrsrußpartikel, emittiert von Flugzeugen, haben das Potential, als Eiskerne zu wirken, konkurrieren mit anderen Eisbildungsprozessen in Zirruswolken und beeinflussen so deren Strahlungseigenschaften. Die Quantifizierung des resultierenden Klimaeffekts ist jedoch noch immer von deutlichen Unsicherheiten bestimmt. Es herrscht große Uneinigkeit zwischen verschiedenen Modellstudien, nicht nur die Größe dieses Effekts betreffend, sondern auch dessen Vorzeichen (wärmende oder kühlende Wirkung). Gründe hierfür sind die unzureichenden Kenntnisse der Eisbildungseigenschaften der (Luftverkehrs-) Rußpartikel, die Komplexität der Eisbildungsprozesse in der Atmosphäre und deren schwierige Darstellung in globalen Klimamodellen. 

Hier wurde eine neuentwickelte Konfiguration des globalen Klima-Chemie-Modells EMAC-MADE3 (Righi et al., 2020) angewendet, um die Unsicherheiten des Einflusses von Luftverkehrsruß auf natürliche Zirruswolken zu untersuchen. Das Modell verwendet das Aerosol-Mikrophysik-Submodell MADE3, welches an ein Wolken-Mikrophysik-Schema gekoppelt ist, das eine detaillierte Parametrisierung der Aerosol-induzierten Eisbildung in Zirruswolken beinhaltet.  

Es wurde eine große Zahl numerischer Simulationen mit dem EMAC-MADE3-Modell durchgeführt, um die Sensitivität des Luftverkehrsruß-Zirrus Effekts bezogen auf die Annahmen zu den Eisbildungseigenschaften der Rußpartikel und auf die Modelldarstellung der Aufwinde, die die Zirruswolkenbildung auslösen, abzuschätzen. Die Rußpartikel-Mikrophysik, wie auch die atmosphärische Dynamik, welche das Auftreten und die Stärke der Aufwinde bestimmt, werden als Schlüssel-Prozesse für den Effekt der Ruß-induzierten Eisbildung in Zirruswolken angesehen.

Strahlungsantrieb durch den Effekt von Luftverkehrsruß auf natürliche Zirruswolken, unter Berücksichtigung verschiedener Annahmen zu den Eisbildungseigenschaften der Luftverkehrsrußpartikel, beschrieben durch kritische Übersättigung (S crit ) und aktivierte Fraktion (f act ). In jeder Box ist der Strahlungsantrieb in mW m−2
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und das Konfidenzniveau in % (Werte in Klammern) angegeben. Righi et al., 2021 (CC BY 4.0).

Das Modell beschreibt die Eisbildungsfähigkeit der Aerosolpartikel mit zwei Parametern: der kritischen Übersättigung, bei der die Eisbildung ausgelöst wird (Scrit), und der aktivierten Fraktion der Aerosolpopulation, welche effektiv Eis bildet (fact). Basierend auf früheren Studien und den Ergebnissen von Laborexperimenten, wurden diese beiden Parameter in einer Spannweite möglicher Werte variiert. Insgesamt wurden neun numerische Experimente durchgeführt, um den entsprechenden Parameterraum zu beleuchten. Mit dieser Methode wurden Strahlungsantriebe, verursacht durch den Luftverkehrseffekt auf Zirren, im Bereich von -35 bis +13 mW m−2 quantifiziert, jedoch mit einem Konfidenzniveau von unter 95% in mehreren Fällen. Verglichen hierzu liegt der Einfluss von CO2 aus dem Luftverkehr bei etwa +34 mW m−2 entsprechend neuesten Einschätzungen (bezogen auf das Jahr 2018).

Um die Sensitivität dieses Resultats auf die Modelldynamik näher zu untersuchen, wurden idealisierte Experimente mit vorgeschriebenen Vertikalgeschwindigkeiten im Bereich von 2 bis 50 cm s-1 durchgeführt. Diese zeigen, dass die Unsicherheit durch den Aspekt der Modelldynamik einen entscheidenden Einfluss auf die untersuchten Effekte hat und einen Faktor von ±1.7 zusätzlicher Unsicherheit zu den Modellergebnissen des Strahlungsantriebs des Luftverkehrsruß-Zirrus Effekts beiträgt.

Ein Vergleich mit früheren Modellstudien zum Effekt von Luftverkehrsruß auf Zirruswolken zeigt eine große Spannweite und einen auffälligen Mangel an Übereinstimmung der verschiedenen Modellergebnisse. Dies zeigt die Notwendigkeit weiterreichender Detailanalysen, um den Ursprung dieser Diskrepanzen zu erklären. Die zur Zeit laufenden internationalen Kollaborationen im Rahmen des europäischen ACACIA Horizon 2020 Projekts werden durch Labormessungen zusätzliche wichtige Erkenntnisse zu den Eisbildungseigenschaften von Luftverkehrsruß liefern und damit beitragen, die Einschätzung dieses Effekts in künftigen Folgestudien zu verbessern. 

Referenzen

Righi, M., Hendricks, J., Lohmann, U., Beer, C. G., Hahn, V., Heinold, B., Heller, R., Krämer, M., Ponater, M., Rolf, C., Tegen, I., and Voigt, C.: Coupling aerosols to (cirrus) clouds in the global aerosol-climate model EMAC-MADE3, Geosci. Model Dev., 13, 1635-1661, https://doi.org/10.5194/gmd-13-1635-2020, 2020.

Righi, M., Hendricks, J., and Beer, C. G.: Exploring the uncertainties in the aviation soot–cirrus effect, Atmos. Chem. Phys., 21, 17267-17289, https://doi.org/10.5194/acp-21-17267-2021, 2021.