Bis zu 90 Prozent weniger Kondensstreifen infolge des durch COVID-19 reduzierten Flugverkehrs über Europa
Reisebegrenzungen zur Eindämmung der CoViD19-Pandemie führten seit Mitte März 2020 zu einem Rückgang des globalen Luftverkehrsaufkommens. Für April 2020 gibt die europäische Flugsicherungsbehörde EUROCONTROL gegenüber dem Anfang des Vormonats einen Rückgang des Lufttransportvolumens in Europa um fast 90 Prozent an. Forscherinnen und Forscher des Instituts für Physik der Atmosphäre am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt haben den Einfluss des reduzierten Luftverkehrs auf die Bildung von Kondensstreifen über Europa anhand der Messung von Wolkeneigenschaften analysiert. Sie nutzten Daten des Sensors SEVIRI auf dem Wettersatelliten Meteosat Second Generation (MSG) vom 16. April 2020. An diesem Tag war die Atmosphäre über Europa genügend kalt und feucht, so dass sich hinter den Flugzeugen langlebige Kondensstreifen bilden konnten. Die Analysen zeigen einen Rückgang der Anzahl der gebildeten Kondensstreifen auf etwa ein Zehntel im Vergleich zum Normalbetrieb.
Die Satellitenmessungen wurden mit einem am DLR-Institut für Physik der Atmosphäre entwickelten Modell verglichen. Das Modell nutzt Daten der aktuellen Flugverkehrsbewegungen und Wetterdaten und berechnet zusätzlich zur Abdeckung durch natürliche Wolken die vom Luftverkehr verursachten Kondensstreifen-Zirren. Zusätzlich konnte mit dem Modell ein Szenario mit dem höheren Luftverkehrsaufkommen am selben Tag des Vorjahres 2019 gerechnet werden, wobei in der Simulation die meteorologischen Bedingungen gleich gehalten wurden, um allein den Verkehrseffekt zu identifizieren. Die Berechnungen, siehe Bild, zeigen anschaulich eine erheblich größere Abdeckung mit Kondensstreifen und erhöhte optische Dicken der Eiswolken. Das Bild zeigt die berechneten optischen Dicken der Zirren mit den Beiträgen der Kondensstreifen. Die Linien verdeutlichen die Lage der zahlreichen Kondensstreifen zur gleichen Zeit. Bei dem höheren Luftverkehrsaufkommen von 2019 wären zehnmal mehr Kondensstreifen entstanden. Gewichtet mit den optischen Dicken wäre der Bedeckungsgrad der sich teils überlappenden Kondensstreifen dabei viermal größer. Wie genau sich 2020 die reduzierte Bedeckung durch Kondensstreifen-Zirren auf den Strahlungshaushalt der Erde auswirkt, ist Gegenstand laufender Untersuchungen am Institut.