21. Dezember 2020

Auf der Jagd nach Methan und Schwefeldioxid in Europa

Im Oktober und November 2020 waren Wissenschaftler des Instituts für Physik der Atmosphäre (IPA) unzureichend bekannten Emissionsquellen von klimarelevanten Spurengasen in Europa auf der Spur. Während der METHANE-To-Go Europa Messkampagne mit der DLR Falcon 20, die unter strengen COVID-19 Sicherheitsauflagen von Oberpfaffenhofen aus stattgefunden hat, haben die Wissenschaftler der Abteilung Atmosphärische Spurenstoffe bei 14 Flügen fast 50 Stunden in der Luft verbracht. Die Flüge führten die Wissenschaftler hauptsächlich nach Italien, aber auch in die Balkanländer Kroatien, Serbien und Bosnien-Herzegowina, wo verschiedene Methan- (CH4) und Schwefeldioxid- (SO2) Emittenten erfolgreich beprobt werden konnten.

Bild 1: Gasförderplattformen in der Adria (A. Roiger, DLR, CC-BY 3.0)

Im Fokus der Messungen stand die Charakterisierung der CH4-Emissionen der Gasförderplattformen in der Adria (Bild 1). Methan ist das zweitwichtigste anthropogene Treibhausgas nach Kohlenstoffdioxid (CO2) und trägt derzeit ca. 20-25% zum menschengemachten Treibhauseffekt bei.  CH4 kann als Hauptbestandteil von Erdgas bei der Förderung durch Leckagen oder produktionsbedingt entweichen. Die Messungen in der Adria waren eine wichtige Vorbereitung von Messungen der CH4 Emissionen aus den Öl- und Gasförderanlagen vor der Küste Afrikas, die im Rahmen eines von der UNEP (Vereinte Nationen Umweltproramm) geförderten Projekts im Sommer 2021 ebenfalls mit der DLR Falcon stattfinden sollen (METHANE-To-Go Afrika). Weitere anthropogene und unzureichend charakterisierte CH4-Emittenten sind u.a. auch Mülldeponien, aus denen das anaerob gebildete Methan entweicht. Diese häufen sich vor allem um die Stadt Neapel herum und konnten bei einigen Flügen während METHANE-To-Go Europe vermessen werden (Bild 2).

Bild 2: Tiefflug über Neapel, Vesuv im Hintergrund (Foto: A. Fiehn, DLR, CC-BY 3.0)

Ein weiterer Forschungsschwerpunkt der Kampagne waren die stark emittierenden Kohlekraftwerke auf dem Balkan (Bild 3). In Serbien und Bosnien-Herzegowina gibt es noch keine strengen EU-Gesetze, die den Auslass regeln. Dabei gelangen große Mengen an gesundheitsschädlichem Schwefeldioxid (SO2) in die Atmosphäre, welches zudem als Aerosolvorläufersubstanz Einfluss auf die lokale Strahlungsbilanz hat.

Bild 3: Kohlekraftwerk „Nikola Tesla A“ an der Save bei Belgrad (Foto: K. Gottschaldt, DLR, CC-BY 3.0)

Diese SO2-Abgasfahnen einzelner Kraftwerke können sogar vom Weltall aus mit dem TROPOMI-Instrument auf dem ESA-Satelliten Sentinel-5P detektiert werden. Ziel der Flüge in die Balkanstaaten ist die Validierung und somit Verbesserung dieser Satellitenmessungen mithilfe der hochpräzisen und räumlich hochaufgelösten in-situ Messungen auf der Falcon. Unseres Wissens sind es die ersten Flugzeugmessungen von Kraftwerksemissionen, die in dieser Region stattgefunden haben und dank der Unterstützung der lokalen Partner (Universität Union-Nikola Tesla, Serbien / University of Novi Sad, Serbien / PSRI Institute for Protection and Ecology, Bosnien-Herzegowina / Croatia Control, Kroatien) zum ersten Mal möglich waren.

Die Flugplanung, insbesondere die genaue Auswahl der Ziele und Flugmuster, wurde erst durch die begleitenden Vorhersagen mithilfe von Modellsimulationen mit MECO(n), HYSPLIT und WRF ermöglicht. Die gewonnenen Daten werden unser Wissen über die Emissionsquellen von langlebigen Spurengasen wie Methan und kurzlebigen Spurengasen wie Schwefeldioxid erweitern. Außerdem sind die ermittelten Emissionsstärken ein wichtiger Input für Modellsimulationen, die zukünftige Klimaveränderungen erforschen. Das Projekt wird somit die Klimamodellierung verbessern und Erkenntnisse für Entscheidungsträger liefern, um klimarelevante Emissionen zu verringern.

Die METHANE-To-Go Europe Kampagne wurde in Zusammenarbeit mit weiteren DLR Instituten in Oberpfaffenhofen durchgeführt, wie die Institute für Methodik der Fernerkundung (IMF) und Flugexperimente (FX), die für die TROPOMI-Satellitenvalidierung und das Betreiben der Falcon zuständig sind.