Luftverkehr über dem Nordatlantik verursacht messbaren Tagesgang von Zirruswolken.
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Erstmals gelang es, den von Flugzeugen verursachten Beitrag zur Zirrusbewölkung aus Beobachtungen zu bestimmen. Hinter Flugzeugen sieht man häufig linienförmige Zirruswolken aus Eispartikeln, sogenannte Kondensstreifen. In feuchter Luft breiten sich Kondensstreifen aus und sind nach einiger Zeit kaum von natürlichen Zirruswolken zu unterscheiden. Bisher hat man Kondensstreifen anhand ihrer linienförmigen Struktur im Satellitenbild detektiert. Immer schon war klar, dass man damit nur einen kleinen Teil aller durch Flugzeuge verursachten Zirruswolken erkennen kann.
Über dem Nordatlantik pendelt der Luftverkehr jeden Tag regelmäßig zwischen Amerika und Europa hin und her (siehe Animation). Am frühen Morgen fliegen hunderte von Verkehrsflugzeugen von Nordamerika nach Europa. Gegen Mittag fliegen sie von Europa zurück nach Nordamerika. Dieses Muster, quasi ein Fingerabdruck des Luftverkehrs, ist auch in der Bewölkung über dem Nordatlantik zu erkennen. Anhand dieses Fingerabdrucks haben Wissenschaftler des Instituts für Physik der Atmosphäre des DLR in Oberpfaffenhofen nun erstmals den Beitrag des Luftverkehrs zur Bewölkung in seinem Betrag und in seiner zeitlichen Dynamik im mittleren Tagesgang quantifiziert.
Dafür benutzten die Wissenschaftler Daten der geostationären Meteosat Second Generation (MSG) Satelliten, die in Kooperation von EUMETSAT und ESA betrieben werden. An Bord der MSG Satelliten befindet sich das Instrument SEVIRI, welches die Erde in zwölf Spektralbereichen beobachtet. Mit den Infrarotkanälen dieses Instruments konnten sie die Zirrusbewölkung über dem Atlantik alle 15 Minuten mit etwa 5 km räumlicher Auflösung über acht Jahre messen. Dazu wurde ein neuer Meteosat Cirrus Detection Algorithm MeCiDA2 benutzt, der zuvor in Kooperation mit dem Meteorologischen Institut der Ludwig-Maximilians-Universität in München entwickelt worden war. Von der europäischen Flugkontrolle EUROCONTROL standen Informationen über die Flugverkehrsdichte über dem Atlantik mit hoher zeitlicher und räumlicher Auflösung für einige typische Wochen zur Verfügung. Aus den Messdaten für 2912 Tage haben die Wissenschaftler einen mittleren Tagesgang der Bewölkung abgeleitet.
Der Tagesgang der Bewölkung zeigt das gleiche Muster wie der mittlere Tagesgang des Luftverkehrs. Beide zeigen eine Doppelwelle als Funktion der Tageszeit mit Maxima am Morgen und am frühen Nachmittag. Die Tageswelle der Bewölkung folgt der des Luftverkehrs mit einer Verzögerung von 2-4 Stunden. Diese Verzögerung ist die Zeit, in der Kondensstreifen ihre maximale Breite und Dicke erreichen. Aufgrund der unterschiedlichen Flugrichtungen liegen die Maxima im Osten zeitlich dichter beieinander als im Westen des Nordatlantiks. Dieses Muster ist ein eindeutiger Fingerabdruck des Luftverkehrs. Mit Hilfe eines einfachen Modells wurden der Bedeckungsgrad und der Verkehr in Beziehung gesetzt. Damit wurde ermittelt, dass der Luftverkehr den mittleren Zirrus-Bedeckungsgrad über dem Nordatlantik um 1 bis 2 Prozent erhöht. Dieser Betrag ist größer als bisher mit Modellrechnungen geschätzt.
Die Ergebnisse sind jetzt in einem Aufsatz in Geophysical Research Letters publiziert. In einer Folgearbeit haben die Wissenschaftler auch die Klimawirksamkeit der Zirruswolken bestimmt. Hierüber wird in einigen Monaten zu berichten sein, wenn die entsprechende Publikation erscheint. Da der Klimaeffekt je nach Tageszeit, Wetter und Flugstrecke stark schwankt, kann man den Klimaeffekt des Luftverkehrs durch entsprechende Routenwahl minimieren.
Referenz