ADS-B
Ein A320 über Schottland war das erste Flugzeug, den das Empfangsgerät des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) aus dem Weltall "sah" - und somit belegte: Eine Ortung von Flugzeugen ist auch von Satelliten aus möglich. Seit dem 7. Mai 2013 kreist der ESA-Satellit PROBA-V um die Erde, mit an Bord ist ein Empfänger für ADS-B-Signale (Automatic Dependance Surveillance - Broadcast) der Flugzeuge. Am 23. Mai 2013 ging das Gerät erstmals in Betrieb und empfing innerhalb von zwei Stunden in 820 Kilometern Höhe mehr als 12.000 ADS-B-Signale. "Das war weltweit der erste Versuch dieser Art - und jetzt haben wir den Nachweis, dass diese Methode funktioniert", betont DLR-Projektleiter Toni Delovski.
Über 100 Flugzeuge konnten die Wissenschaftler beim ersten Überflug über die Britischen Inseln, Ostasien und Australien mit eingeschaltetem Empfänger orten. Ein Mal pro Sekunde senden die Flugzeuge Signale, die unter anderem Angaben zu Position oder Geschwindigkeit enthalten. Auch die Kennung der Flugzeuge, das "Nummernschild", wird übertragen. Doch sobald sie außerhalb der Reichweite bodengestützter Radarsysteme fliegen, endet die kontinuierliche Flugüberwachung. Flugzeuge, die zum Beispiel von Europa nach Brasilien fliegen, verschwinden über dem Atlantik vom Radar und werden erst wieder kurz vor Südamerika von der Flugsicherung erfasst. In den ozeanischen Lufträumen und über Regionen mit geringer Flugsicherungs-Infrastruktur ist eine kontinuierliche radarbasierte Überwachung des Luftverkehrs derzeit nicht gegeben. Die Ortung aus dem All könnte diese Lücke in Zukunft schließen. "ADS-B over Satellite" ist ein Gemeinschaftsprojekt des DLR-Instituts für Raumfahrtsysteme und des DLR-Instituts für Flugführung in Kooperation mit dem Luxemburger Partner SES TechCom. Das DLR entwickelte die Nutzlast für den Satelliten, SES TechCom das Datenzentrum.
Überwachung des Luftverkehrs mit Radar und aus dem All
Die Überwachung des weltweit stetig zunehmenden Luftverkehrs im Rahmen des Air Traffic Managements (ATM) basiert heute überwiegend auf Radarüberwachung. Teilweise eingeführt bzw. in der Einführung begriffen ist ADS-B, wobei die zugehörigen Mode-S Transponder der Flugzeuge regelmäßig Positionsmeldungen und weitere Fluginformationen aussenden, die von Bodenstationen empfangen werden. In Regionen mit gut ausgebauter Flugsicherungs-Infrastruktur überlappen sich die Erfassungsbereiche der einzelnen Radar- oder ADS-B-Bodenstationen. Somit kann eine vollständige, lückenlose Erfassung und Darstellung des gesamten Flugverkehrs gewährleistet werden. Allerdings endet die kontinuierliche Flugüberwachung aufgrund der begrenzten Reichweiten der Radarstationen an den Rändern von Regionen mit guter Flugsicherungs-Infrastruktur.
In den ozeanischen Lufträumen hingegen, sowie allgemein über strukturschwachen oder politisch instabilen Regionen ist eine durchgängige Überwachung des Luftverkehrs derzeit nicht gegeben, da eine flächendeckende Ausrüstung mit Bodenstationen für die Flugverkehrsüberwachung entweder nicht möglich oder mit zu hohen Kosten bzw. zu hohem technischen Aufwand verbunden ist, oder aufgrund der politischen Lage ein verlässlicher Betrieb nach internationalen Standards nicht gewährleistet werden kann. In Regionen ohne Radar-Abdeckung, den sog. Non-Radar Airspaces (NRA), erfolgt die Flugüberwachung prozedural, d.h. der Pilot meldet sich beim Erreichen bestimmter Flugwegpunkte über Sprechfunk oder Datenlink bei der zuständigen Kontrollstelle und gibt seine Position durch. Allerdings sind die zeitlichen Abstände der Datenlink-Positionsmeldungen aus technischen und Kostengründen relativ groß, so dass eine kontinuierliche Überwachung des Flugwegs nicht gegeben ist.
Verbesserung von Such- und Rettungsmaßnahmen durch zeitnahe Ortung im Falle eines Unglücks
Aus Gründen der Flugsicherheit für Flugrouten im NRA sind große Staffelungsabstände vorgeschrieben, mit der Folge, dass bei steigendem Flugverkehr auf den transozeanischen Routen bereits heute teilweise Engpässe festzustellen sind.
Wesentlich gravierender sind allerdings die Folgen der unzureichenden Luftraumüberwachung auf den transozeanischen Flugrouten im Fall einer Notsituation oder eines Flugzeugabsturzes. Die fehlende kontinuierliche Überwachung führt dazu, dass von einem Unfall erst ausgegangen werden muss, nachdem die Meldung des Piloten bei der Kontrollstelle deutlich überfällig ist, und ein Kontakt durch die Kontrollstelle nicht hergestellt werden kann. Weitere Verzögerungen bis zur Einleitung von Rettungs- und Bergungsmaßnahmen entstehen dadurch, dass der genaue Absturzort nicht bekannt ist und daher zunächst umfangreiche Suchmaßnahmen erforderlich sind.
Globale Flugzeugüberwachung aus dem All
Zur Lösung der skizzierten Problematik einer nicht kontinuierlichen Überwachung von Flugzeugbewegungen im NRA wurde vom DLR vorgeschlagen, den globalen Flugverkehr zukünftig aus dem Orbit heraus zu beobachten. Dies soll dadurch realisiert werden, dass die von Flugzeugen ausgesendeten Nachrichten, hier speziell die Daten des Automatic Dependent Surveillance –Broadcast (ADS-B), von Satelliten abgehört und in existierende Bodeninfrastrukturen integriert werden. Da für Verkehrsflugzeuge die Ausrüstung mit Mode-S-Transpondern verpflichtend vorgeschrieben ist, könnte somit eine globale Erfassung aller Flugzeugbewegungen durch Satelliten prinzipiell sichergestellt werden. Das DLR hat unter Verwendung von ADS-B nachgewiesen, dass dieses Konzept funktionieren würde.