LAISA
In der Gemeinde Krummendeich (Landkreis Stade) errichtet das DLR den Forschungspark Windenergie WiValDi (https://forschungspark-windenergie.de), um den laut IEA (International Energy Agency) drei größten Herausforderungen in der Windenergieforschung zu begegnen.
Konkret geht es um
- ein verbessertes Verständnis der Physik der atmosphärischen Strömung in der kritischen Zone des Windenergieanlagenbetriebs,
- die Materialien, Struktur- und Systemdynamik einzelner Windturbinen und
- die Optimierung und Steuerung von Windenergieanlagen und –parks.
Diesem realen Forschungspark soll mittelfristig ein virtueller Windpark zur Seite gestellt werden.
Im DLR-internen Projekt LAISA (Lastadaptive & Aeroakustische Analyse) werden die in Vorgängerprojekten erstellten und bereits teilweise validierten numerischen Werkzeuge unterschiedlicher Disziplinen weiterentwickelt und miteinander verknüpft. Die konkreten Ziele im Projekt sind dabei:
- die Etablierung einer konsistenten Simulationskette, die von der Strömungssimulation der Windkraftanlage in der atmosphärischen Grenzschicht am Standort, über die Schallentstehung bis hin zur Schallausbreitung zu einem Immissionsort reicht.
- die Entwicklung einer Methodik (Simulationskette, Schnittstellen, Lastszenarien, usw.), die eine Auslegung eines lastadaptiven Rotorblatts mit Klappe erlaubt.
Um diese Ziele zu erreichen finden Arbeiten in drei Themenblöcken statt:
Lärmarmer Windpark
In diesem Arbeitspaket wird zum einen die Simulationsfähigkeit der Prozesse in der meteorologischen Grenzschicht entwickelt, um die Interaktion mit der Turbine, die Charakteristik des Nachlaufs und die Wechselwirkung mit der Nachlaufströmung unter Berücksichtigung des realen Standortes der Anlage akkurat (d.h. unter Erfassung aller wesentlichen Prozesse) numerisch abbilden zu können. Dazu werden in einem Multi-Skalen-Ansatz turbulenzauflösende meteorologische Simulationen der atmosphärischen Grenzschicht am Standort mit Hi-Fi-CFD-Simulationen der Windkraftanlage gekoppelt. So kann im nächsten Schritt die Interaktion der gestörten Anströmung auf die nachfolgende Turbine im Lee untersucht werden.
Zum anderen werden die Methoden zur Simulation der Schallentstehung um die derzeit noch fehlenden, im Anwendungsfall jedoch wiederholt auftretenden „off-design“ Schallquellen Ablösegeräusch und Vorderkanten-Interaktionsgeräusch erweitert. In Kombination mit der Simulation der Schallausbreitung durch die Atmosphäre bis zum Immissionsort können so mittel- bis längerfristig standortspezifische Schallminderungsmaßnahmen für eine gegebene Parksituation entwickelt werden.
Lastadaptiver Rotor
Der Fokus dieses Arbeitspakets liegt in der Ertüchtigung der bestehenden Entwurfs- und Simulationswerkzeuge, um die Auslegung einer flexiblen Hinterkantenklappe und die Bewertung ihrer Wirksamkeit zu ermöglichen. Im gesamten Designzyklus muss die Klappe als separates Bauteil des Rotorblatts in die Modelle integriert und in Wechselwirkung und Kopplung mit dem Blatt und der gesamten Turbine betrachtet werden. Hierzu müssen die Schnittstellen zwischen der schnellen Anlagensimulation und dem Designprozess der Klappe angepasst werden sowie die Anlagensimulation selbst um die Berücksichtigung einer Klappe erweitert werden.
Des Weiteren wird eine bestehende Hi-Fi-Strömungs-Struktur-Kopplung dahingehend weiterentwickelt, den Einfluss realistischer Turbulenz in der atmosphärischen Grenzschicht auf die Dynamik der Anlagensimulation und die entstehenden Lastschwankungen simulieren und damit quantifizieren zu können.
Bewertung
Die (Weiter-)entwicklung von Bewertungsverfahren dient dem Ziel, langfristig die Fähigkeit zur Technologie-, Anlagen- und Windparkbewertung zu erlangen. Aus den oben genannten Themenblöcken ergeben sich hier konkrete Anforderungen an die Bewertung. Für die Zertifizierung lastadaptiver Rotoren sind beispielsweise zusätzliche klappenspezifische, von der IEC-Norm bislang nicht abgedeckte Szenarien zu erarbeiten und zu berücksichtigen. Um die mit einer Klappe angestrebte Lastminderung und die damit mögliche Lebensdauererhöhung bewerten zu können werden entsprechende Ermüdungsmodelle weiterentwickelt. Außerdem sollen erste Designrichtlinien erarbeitet werden, mithilfe derer der Designprozess neuer Blätter durch digitale Methoden erheblich verkürzt werden kann. Die Richtlinien kommen bspw. für die Vorauslegung von effektiven Geräuschminderungsmaßnahmen zum Einsatz, deren Wirksamkeit sowohl in Bezug auf die Anlage als auch im Parkkontext, d.h. standortbezogen analysiert werden muss.