Verbundprojekt InnoTurbinE
Das im 7. Energieforschungsprogramm des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) genannte Leitmotiv „Efficiency First“ bedeutet, die Primärenergie besonders effizient auszunutzen und somit langfristig Ressourcen zu schonen, aber auch im Sinne des Umweltschutzes CO2 Emissionen drastisch zu minimieren. Im Bereich des Kraftwerkssektors bedeutet dies zum einen, hocheffiziente Anlagen zu betreiben, zum anderen aber auch die Kopplung zu den erneuerbaren Energien zu schließen. Ihr volatiler Charakter stellt immer höhere Anforderungen an das Stromnetz zur geografischen Verteilung sowie an die Speicherung zur zeitlichen Überbrückung. Zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit und zur Stabilisierung von Spannung und Frequenz ist deshalb auch weiterhin die Stromerzeugung mittels Turbomaschinen in konventionellen Kraftwerken erforderlich.
Entsprechend ergeben sich „Hinsichtlich der Brennstoff- und Lastflexibilität die Optimierung der Prozesse und Systeme sowie der Lebensdauer der Gesamtanlage und ihrer Komponenten einschließlich thermodynamischer und aerodynamischer Optimierungen (Erhöhung der Betriebstemperaturen, Optimierung von Kühlsystemen)“ als Entwicklungsthema. Dies bedeutet insbesondere auch, dass zukünftige Gasturbinen in der Lage sein sollen, wasserstoffangereicherte Brennstoffe zu nutzen. Desweiteren soll das vorliegende Forschungsvorhaben einen wesentlichen Beitrag zur aerodynamischen Optimierung leisten. Hier wurden mehrere Arbeitspakete identifiziert, die sowohl im Bereich des Verdichters, als auch der Turbine helfen sollen, unter Zuhilfenahme neuester Methoden aktuelle Designlimits zu überschreiten.
Arbeitspakete
AP 1: Turbomaschinen für die H2-Wirtschaft
Hocheffiziente Gaskraftwerke im kombinierten Betrieb mit Dampfturbinen oder eingebunden in KWK-Anlagen tragen erheblich zur Reduktion von Treibhausgasen bei. Nach Umsetzung des Kohleausstiegs wird davon ausgegangen, dass ab 2038 die Deckung des Strombedarfs in Deutschland nur noch mit Erneuerbaren und Gas erfolgen wird. Mit weiterer Verbreitung erneuerbarer Energiequellen wird jedoch der nachhaltigen Energiespeicherung eine wichtige Schlüsselrolle zukommen. Um die Probleme der saisonalen Überbrückung von längeren Dunkelflauten in der Winterjahreshälfte lösen zu können, liefert die chemische Speicherung einen wichtigen Beitrag. Hier wird oft das Power-to-X Prinzip genannt, indem überschüssige Energie auch als Brennstoff gespeichert werden kann. Besondere Relevanz kommt aus energiepolitischer und technischer Sicht dabei Wassersoff zu. Im Bereich der Verteilungs- und Speicherungsinfrastruktur mit Wasserstoff werden überdies wesentliche Effizienzsteigerungen und Kostenreduktionen einen großen Anteil zur Bereitstellung von Wasserstoff als Energieträger darstellen. Dies betrifft sowohl die Verteilung und Speicherung von flüssigem als auch von gasförmigem Wasserstoff. Der Wasserstoff kann - gasförmig komprimiert oder tiefkalt verflüssigt - gelagert, transportiert und als Treibstoff in Gasturbinen, Verbrennungsmotoren oder Brennstoffzellen zur Energiegewinnung eingesetzt werden.
AP 2: Zyklenfeste Turbokomponenten
Die robuste Konzeption von Radialverdichtern in frühen Auslegungsphasen und Verbreiterung des Betriebsbereichs (Kennfelds) von Radialverdichterstufen für den zukünftigen Einsatz im Bereich der Gasversorgung von Kraftwerksanlagen, der Gasspeicherung, des Gastransports und der Speicherung von elektrischer Energie (Druckluftspeicher oder thermisch) ist von zentraler Bedeutung für einen robusten und dynamischen Betrieb von Turbokomponenten. Bei zukünftigen hocheffizienten Gasturbinen, die einen hochflexiblen Betrieb in einem sehr großen Betriebsbereich gewährleisten können, bekommen aeromechanische Schwingungsanregungen durch Verbrennung, Mehrstufeninteraktion und Schaufelflattern viel größere Bedeutung und werden bei den thermisch und statisch höchstausgelasteten Turbinenschaufeln sogar Design-beeinflussend. Da die vielfältigen Anregungen nicht mehr im Design vollständig vermieden werden können, wird eine gezielte Dämpfungsoptimierung zwingend notwendig, die integral mit dem Schaufeldesign durchgeführt werden muss und nur noch durch eine Multi-Disziplinäre Optimierung erreicht werden kann. Die präzise Vorhersage von Eigenfrequenzen und Dämpfungsverhalten im Deckbandbereich ist von hoher Bedeutung für eine Verschleißbewertung und darauf aufbauend zukünftig in der Auslegung das Optimierungspotential hinsichtlich Schwingungen zu vergrößern, um den Verschleiß im Betrieb reduzieren zu können. Hierzu sind Simulationstools für nichtlineare Strukturdynamik in ihrer Funktionalität weiter zu entwickeln, um Effekte wie Reibung, schlagender Kontakt und Mikroschlupf bewerten zu können.
AP 3: Virtuelle Produktentwicklung unter realen Bedingungen
Turbomaschinen werden heute immer näher an Ihre Designgrenzen gebracht. Während früher Unsicherheiten über die realen Zustände in der Turbine durch Margen (Sicherheitsfaktoren/abstände) im Design berücksichtigt wurden, wird heute bewusst versucht, diese Margen immer weiter zu verkleinern. Dadurch können Wirkungsgrade noch weiter erhöht werden, oder aber Fahrweisen erlaubt werden, die Hersteller früher nicht in der Lage waren zu garantieren. Die im Design berücksichtigten Margen dienen hier also dazu Unsicherheiten in Kauf zu nehmen.
Diese Unsicherheiten liegen zum einen darin, dass gar nicht genau bekannt ist, wie die Maschine real belastet wird (Unsicherheiten bezüglich der Physik), und zum anderen, dass nicht 100% vorhergesagt werden kann, wie die Maschine nach der Fertigung aussieht (Fertigungstoleranzen). Hinzu kommen Unsicherheiten bezüglich der Fahrweise, die bei der Berechnung von Service-Zyklen nicht berücksichtigt werden können.
Die Berechnung und Berücksichtigung solcher Unsicherheiten übersteigt die heute verwendeten Tools und Methoden, die zur Auslegung und Überwachung von Turbomaschinen eingesetzt werden. Die virtuelle Entwicklung hat in den letzten Jahren im Zuge des allgemeinen Trends zur Digitalisierung immer besser Modelle und Methoden hervorgebracht, die für die oben beschriebenen Problematiken genutzt werden können. In Abgrenzung zu bisherigen Projekten mit dem Schwerpunkt auf probabilistischen Methoden, greift dieses Arbeitspaketen gleichzeitig alle drei Punkte der Unsicherheiten zu den realen Bedingungen des Betriebs von Turbomaschinen, nämlich der physikalischen und der geometrischen sowie aufgrund der Interdisziplinarität der beeinflussenden Phänomene, an. Als Ziel soll schließlich im Sinne eines digitalen Zwillings die Bewertung von benötigten Serviceintervallen vorhergesagt werden, indem die reale Fahrweise z.B. eines Verdichters oder der Zustand von Dichtungssystemen mit Hilfe solcher digitalen Zwillinge in Zukunft parallel zum Betrieb simuliert werden kann.
Projektstruktur
Zahlen und Fakten
Volumen
15.625 k€
Laufzeit
01.07.2020 - 30.06.2024