Forschungsthema

Regelungssysteme

Flugregelung
Automatische Flugregelungssysteme ermöglichen eine aktive Stabilisierung und Reduktion der Strukturbelastung des gesamten Flugzeugs und erlauben es, aerodynamisch effizientere Flugzeugkonfigurationen mit erheblich leichteren Strukturen zu entwerfen.

Die Abteilung Regelung aeroelastischer Systeme erforscht neuartige Funktionen und Algorithmen, sowie neue regelungstechnische Verfahren zu deren Auslegung und Verifizierung. Beispiele sind Regelungsfunktionen zur Abminderung von Böen und Manöverlasten, aktive Flatterunterdrückung, sowie Strukturdämpfung zur Erhöhung des Passagierkomforts. Bei der Auslegung stehen sowohl der Gesamtprozess (nach Prinzipien des Systems Engineering – von Anforderungsspezifikation bis hin zu Implementierung und Test), als auch hochautomatisierte schnelle Syntheseverfahren als Teil des übergeordneten Flugzeugentwurfsprozesses im Fokus. Mehrzielige Parameteroptimierung und moderne Methoden der Regelungstechnik bilden eine wichtige Grundlage. Wir validieren neue Funktionen und Methoden in Windkanalversuchen, sowie auf bemannten und unbemannten Flugversuchsträgern.

Charakteristisch für Regelungsalgorithmen ist die Verwendung von Rückkopplungen gemessener Sensorsignale oder daraus geschätzter Zustände des Systems. Rückkopplungen (Feedback) ermöglichen zum einen eine effektive Integration einzelner, mit Unsicherheiten und Störungen behafteten Komponenten, zu wirkungsvollen Funktionen. Die Dynamik und das Gleichgewicht eines Systems (in diesem Fall, die Flugzeugstruktur) werden hierbei positiv beeinflusst.

Diese Rückkopplungen können zum anderen aber auch schnell zu instabilem Systemverhalten führen, Systemkomponenten übermäßig belasten, Aktuatoren und Sensoren an ihren Grenzen führen, oder das Gesamtsystem in gefährlichen Zuständen bringen. Bei Fehlern in Komponenten muss oftmals umkonfiguriert werden. Das Finden von geeigneten Kompromisslösungen machen die Auslegung von Regelungsalgorithmen zu einer spannenden und herausfordernden Aufgabe.

Für den eigentlichen Entwurf verfügt das Fachgebiet der Regelungstechnik über eine ständig wachsende Palette von Methoden und Werkzeuge zur Bewertung und Synthese dynamischer Systeme. Manche Methoden sind allgemeingültig, andere eignen sich für besondere Klassen von Systemen (zum Beispiel, Systeme die sehr nichtlineares verhalten aufzeichnen).

Unsere Abteilung widmet sich, in enger Zusammenarbeit mit benachbarten Abteilungen am Standort des Instituts für Flugsystemtechnik und des Instituts für Systemarchitekturen in der Luftfahrt zum Einen der Weiterentwicklung regelungstechnischer Methoden und Werkzeuge. Zum Anderen fokussieren wir dabei besonders auf Anwendungen die das dynamische Verhalten des Flugzeugs aus aeroelastischer Sicht verbessern. So sind zu erwartenden Belastungen entscheidend für die Auslegung der Flugzeugstruktur. Mit Hilfe von Regelungstechnischen Funktionen können diese Belastungen erheblich reduziert werden, was eine leichtere Dimensionierung der Struktur erlaubt. Dabei ist es sehr wichtig, dass eine hohe Ausfallsicherheit und sichere Integration in das Gesamtflugregelungssystem gewährleistet werden.

Dynamischen Modelle des Gesamtsystems spielen eine wichtige Rolle im Auslegungsprozess. Auch wenn einzelne Synthesemethoden diese nicht immer brauchen, die erforderliche Verifizierung mittels Simulationen oder anderen modellbasierten Analysen bilden ein wichtiger Teil des Zulassungsprozesses. Gute und schnelle Modelle tragen an dieser Stell zu erheblichen Kostenreduktionen bei.

Regelungstechnische Analysemethoden brauchen oftmals besondere Modelldarstellungen, wie zum Beispiel die lineare Zustandsform, Übertragungsfunktionen, oder lineare fraktionale Representationen (LFRs). Die Regelungsalgorithmen selbst werden meist grafisch zusammengestellt, indem sogenannte Blockdiagramme in Tools wie Matlab/Simulink verwendet werden. Die Blöcke können aus einer mathematischen Synthesemethode für Regelungsgesetze stammen oder parametrisierte Filter, Verstärkungen und Zeitkonstanten sein, die mit Hilfe einer multikriteriellen Optimierung eingestellt werden können, um die oben genannten Anforderungen bestmöglich zu erfüllen.

Robuste Regelung

Robuste Regelungsmethoden bieten die umfassendste Erweiterung der klassischen Regelungstheorie (deren Entwicklung zu Beginn des 20. Jahrhunderts begann) auf Systeme mit mehreren Eingangsgrößen und Ausgangsgrößen. Sie ermöglichen es, bestmögliche Leistungen trotz Unsicherheiten im System zu erzielen. Außerdem wird die innere Struktur des Reglers inhärent mitoptimiert.

Input-Output Blending

Ein rezentes Beispiel im Bereich der Methodenentwicklung basiert auf eine effiziente Trennung zwischen Regelung, Synthese der Rückführsignale und Stellallokierung, welche besonders für die Dämpfung spezifischer Strukturmodi (zum Beispiel potenzielle Flattermodi) eignet. Das eigentliche Regelungsproblem wird durch das optimale Kombinieren von Sensorsignalen bzw. Stellkommandos auf ein Minimum reduziert. Die Kombination der Sensorsignale zielt dabei auf eine höchstmögliche Wahrnehmbarkeit, das Kombinieren der Stellausschläge auf eine maximale Wirkung auf den kritischen Modi ab.

Regelung mit künstlicher Intelligenz

Dies ist ein schnell wachsender Bereich, der Methoden der künstlichen Intelligenz nutzt. Es ermöglicht Regelungsalgorithmen oder Teilfunktionen, online oder offline zu lernen und dabei das dynamische Verhalten des Systems zu verbessern. Dies ist eine längerfristige Forschung, aber die Möglichkeiten scheinen endlos zu sein. Wir haben bereits erste Methoden im Flugerprobt, mit vielversprechenden Ergebnissen!

Optimierung

Wir setzen in unseren Designprozessen viel Optimierung ein, vor allem als geeignetes Hilfsmittel, um manuelles Ausprobieren zu vermeiden, wenn wir versuchen, viele Anforderungen gleichzeitig zu erfüllen.

Optimierungsstrategien machen es möglich, Kompromisslösungen für komplexe Problemstellungen zu finden. Auch die Validierung und Analyse entworfener Systeme lässt sich als eine Optimierungsaufgabe verstehen, bei der die Entwurfsanforderungen in Kriterien abgebildet werden und der sogenannte Worst-Case für alle erlaubten Parametervariationen mit Hilfe der Optimierung gesucht wird.

Ein wichtiger Aspekt und Hauptziel unserer Arbeiten ist immer die Implementierung und Durchführung von Tests im Windkanal oder Flugversuch, damit die Praxistauglichkeit neuer Funktionen oder Auslegungsmethoden bewertet werden können. Auch eine spätere Zertifizierbarkeit wird hierbei in Betracht gezogen.

Kontakt

Dr. ir. Gertjan Looye

Leitung Regelung aeroelastischer Systeme
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Aeroelastik
Münchener Straße 20, 82234 Oberpfaffenhofen-Wessling