Aeroelastische Experimente
Die Abteilung Aeroelastische Experimente widmet sich der Planung, Durchführung und Analyse von Windkanal-Experimenten.
Bis zum Jahr 2050 soll der Energiebedarf von Flugzeugen um 50% reduziert werden (DLR-Luftfahrtstrategie). Um dieses Ziel zu erreichen, bedarf es eines vielschichtigen Ansatzes, der von bahnbrechenden Antriebskonzepten über eine bessere Integration der Triebwerke in das Flugzeugsystem bis hin zur Entwicklung leichterer und effizienterer Triebwerkskomponenten reicht. Bei unserem Streben nach Effizienz stoßen wir jedoch auf eine Herausforderung: die zunehmende Komplexität von Turbinen- und Verdichterschaufelprofilen, die zu einer höheren Empfindlichkeit gegenüber aeroelastischen Effekten wie z. B. Flattern oder Forced Response führt. Zur genaueren Untersuchung dieser Effekte hat das DLR-Institut für Aeroelastik eine bemerkenswerte Versuchseinrichtung erworben.
Ursprünglich 1976 an der Ecole Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL) in der Schweiz gebaut, wurde dieser einzigartige Prüfstand sorgfältig modernisiert, in die Infrastruktur des DLR-Standorts Göttingen integriert und nach den neuesten Standards umgebaut. Die jahrelange Arbeit hat sich mehr als gelohnt. Alle Teile dieses wissenschaftlichen Puzzles haben sich endlich zusammengefügt.
Der Ringgitterprüfstand Göttingen (RPG) ist ein Zeugnis des wissenschaftlichen Engagements und Fortschritts. Der RPG wurde entwickelt, um die Aeroelastik von Turbomaschinenschaufeln zu erforschen und bietet eine einzigartige Plattform für die Untersuchung der komplexen Interaktionsmechanismen zwischen zeitabhängiger Aerodynamik und Strukturdynamik.
In der Welt der Turbomaschinenforschung fallen Versuchsanlagen oft in zwei Kategorien: die rotierenden ringförmigen und die nicht rotierenden linearen Gitterprüfstände. Während erstere die Rotation des Testmodells (ringförmige beschaufelte Kränze äquivalent zu einem oder mehreren Verdichter- oder Turbinenrotoren, auch als Ringgitter bezeichnet) beinhalten und somit realistische (maßstabsgetreue) Triebwerksdaten liefern, stellt ihre Komplexität, die auch die Rotation der gesamten Instrumentierung und Kabel beinhaltet, eine große Herausforderung dar. Andererseits bieten die letzteren, nicht rotierenden, linearen Prüfstande erhebliche Vereinfachungen. Der Rotor wird zu einer flachen beschaufelten Platte aufgefaltet (auch als lineares Gitter bezeichnet), bei der nur ein Satz von Schaufeln untersucht wird. Diese sind wertvoll für die Grundlagenforschung, können aber aufgrund der begrenzten Anzahl von Schaufeln und des linearen Designs an Realismus einbüßen.
Der RPG steht an der Schnittstelle zwischen diesen beiden Kategorien und bietet eine anpassungsfähige, nicht rotierende ringförmige Großanlage zur Untersuchung verschiedener aeroelastischer Effekte. Hier bleibt das Testmodell, das einen Turbinen- oder Verdichterrotor darstellt, stehen, während die Luftrotation durch ein System am Eintritt der Düse erzeugt wird. Dieser innovative Aufbau ermöglicht eine intensive Instrumentierung der Anlage und des Modells sowie eine vereinfachte Datenerfassung.
Zu den wichtigsten Merkmalen des RPG gehört ein 2,4-MW-Antriebsmotor, der die Luft in der Messstrecke antreibt und so Unter-, Übergangs- und Überschallströmungstests ermöglicht. Die Messstrecke hat eine Höhe von 40 mm, und das Ringgitter besteht aus 20 Turbinen- oder Verdichterschaufeln. Jede dieser 20 Schaufeln ist mit einem unabhängigen Erregersystem ausgestattet, das erzwungene Schwingungsmessungen ermöglicht. Der wahre Schatz liegt in den aerodynamischen und strukturellen Daten, die bei diesen Experimenten gesammelt werden. Das komplizierte Zusammenspiel zwischen den aerodynamischen und strukturdynamischen Daten kann methodisch analysiert werden. Diese eingehende Analyse liefert wertvolle Erkenntnisse über die Schaufelstabilität oder die Antwort der Schaufel auf eine Anregung sowie über die damit verbundenen Phänomene.
Die im RPG gesammelten Daten werden eine entscheidende Rolle bei der Bewältigung aktueller und zukünftiger aeroelastischer Herausforderungen in Turbomaschinen spielen. Diese Forschung zielt darauf ab, unser Verständnis von Flattern, Forced Response und zeitabhängigen Strömungsphänomenen zu verbessern und letztlich die Zuverlässigkeit numerischer Methoden für aeroelastische Vorhersagen zu validieren und zu verbessern. Der RPG ist auch eine perfekte Plattform, um unsere aeroelastischen Messverfahren zu entwickeln und zu verbessern. Somit können wir als Institut für Aeroelastik und in Zusammenarbeit mit Industrie, Universitäten und weiteren Forschungseinrichtungen, unter Nutzung des RPG einen Beitrag zu den Antriebsanforderungen von morgen leisten. Die Vorfreude steigt und wir können es kaum erwarten, den RPG bei den ersten Messungen in Aktion zu erleben. Bleiben Sie dran und erfahren Sie mehr über die spannende Forschung im RPG.
Dr.-Ing. Virginie Chenaux, DLR-Institut für Aeroelastik, Abteilung: Aeroelastische Experimente