Lastanalyse und Entwurf
Die Abteilung "Lastanalyse und Entwurf" befasst sich mit Fragestellungen, die sich im Rahmen des Entwurfs von Flugzeugen hinsichtlich aeroelastischer Eigenschaften bzw. aeroelastischer Erfordernisse ergeben.
Das Flugzeug ist das effizienteste Verkehrsmittel, Passagiere über lange Strecken zu transportieren. Angesichts der menschgemachten Erderwärmung muss aber auch der Flugverkehr unbedingt seinen Beitrag zur Reduktion klimawirksamer Emissionen leisten - das Ziel ist es, klimaneutral zu fliegen. Im Anfang 2023 gestarteten Förderprogramm Clean Aviation der EU wird dieses Ziel in einer Reihe aufeinander aufbauender Projekte verfolgt.
Eines davon, das Projekt UP Wing (Ultra Performant Wing), befasst sich mit der Erhöhung der Effizienz von Transportflugzeugen durch neuartige Flügelkonzepte.
Ein Weg zur Reduktion des Treibstoffverbrauchs eines Flugzeugs ist die Erhöhung der Flügelstreckung, also dem Verhältnis von Flügelspannweite zu Flügeltiefe. Schlankere Flügel haben einen geringeren Widerstand als solche mit einer gedrungenen Flügelform. In der Natur kann man dieses z. B. an den schlanken Flügeln eines Albatros erkennen, der nahezu pausenlos mit hoher Geschwindigkeit in der Luft ist. Bei technischen Anwendungen findet man schlanke Flügel an Windkraftanlagen und an Segelflugzeugen, in beiden Fällen ist eine gute aerodynamische Effizienz essentiell für den Betrieb.
Auch bei Verkehrsflugzeugen hat sich die Flügelstreckung jeder Neuentwicklung kontinuierlich erhöht. Hatte der Airbus A300 aus dem Jahr 1970 noch eine Streckung von 7.7, weist der A350 aus dem Jahr 2013 eine Streckung von 9.3 auf.
Leider lässt sich ein Flügel nicht beliebig schlank bauen. Mit der Spannweite steigt das Flügelgewicht. Das Hochauftriebssystem lässt sich schwieriger in einen Flügel mit einer geringen Flügeltiefe integrieren, das gleiche gilt für die Fahrwerke. Darüber hinaus treten eine Reihe aeroelastischer Fragestellungen auf, welche die Streckung eines Flügels begrenzen können. An Lösungen arbeitet das Institut für Aeroelastik im Projekt UP Wing.
Obwohl Flügel hoher Streckung einen geringen induzierten Widerstand haben, treten, wie gesagt, eine Reihe von aeroelastischen Fragestellungen auf. Flügel hoher Streckung sind verhältnismäßig weich in Biegung und Torsion, sodass die Gefahr einer geringen Ruderwirksamkeit bei hohen Fluggeschwindigkeiten besteht und ein großer Einfluss der Flügelbiegung auf die Flugmechanik zu beobachten ist. Darüber hinaus können diese strukturdynamischen Eigenschaften des Flügels auch zu einer Reduktion der Flattergeschwindigkeit führen und somit den nutzbaren Fluggeschwindigkeitsbereich einschränken.
Welche Flügelstreckung bietet nun den besten Kompromiss zwischen guter aerodynamischer Performance, geringer Flügelmasse und guten aeroelastischen Eigenschaften? Die Antwort wird in UP Wing mithilfe von numerischen Studien an der DLR-F25-Konfiguration beantwortet, die ursprünglich im Lufo VI-Projekt VirenFrei entwickelt wurde.
Je höher die Streckung, und damit die Spannweite, desto schwerer wird üblicherweise ein Flügel. Die auftretenden Kräfte, z. B. der Auftrieb, sind für die Dimensionierung der Flügelstruktur relevant. Um eine höhere Streckung realisieren zu können, müssen diese Kräfte, die so genannten Lasten, reduziert werden. Dieses kann mit passiven Maßnahmen geschehen, wie der Nutzung von Verbundwerkstoffen mit einem speziell optimierten, unkonventionellen Lagenaufbau in der Auslegung der Flügel, oder mit aktiven Maßnahmen, z. B. der Nutzung der Steuerflächen zur Reduktion von Böen- oder Manöverlasten.
Das Institut für Aeroelastik arbeitet im Projekt UP Wing mit den Projektpartnern an der Entwicklung solcher Verfahren und ihrer Validierung in einem Windkanalversuch. Im Versuch wird ein auf der DLR-F25-Konfiguration basierender, elastischer Flügel etwa im Maßstab 1:30 im transsonischen Windkanal der DNW in Amsterdam getestet. Das Institut für Aeroelastik beteiligt sich an der Auslegung des Flügelmodells, entwirft die Struktur des Flügels, und führt CFD-Analysen der Aerodynamik am elastischen Flügel durch. Diese werden dann den Teams zur Verfügung gestellt, die die Lastregler auslegen. Weiterhin wird das Institut für Aeroelastik die strukturdynamischen Tests vor dem Versuch sowie die umfangreiche Messdatenerfassung während der Windkanalversuche durchführen. Das DLR Institut für Systemdynamik und Regelung (Oberpfaffenhofen) legt Lastregler für den Windkanalversuch aus.
Partner bei den genannten Arbeiten (Windkanalversuche sowie numerischen Analysen) sind das DLR-Institut für Systemdynamik und Regelungstechnik (Oberpfaffenhofen) und das DLR-Institut für Aerodynamik und Strömungstechnik (Braunschweig), das Virtual Product House des DLR (Bremen), die europäischen Luftfahrt-Forschungseinrichtungen NLR (NL) und ONERA (F), die Universitäten TU Berlin (D) und TU Delft (NL), sowie die Industriepartner Airbus (D, F) und Dassault Aviation (F).
In anderen Arbeitspaketen des Projekts UP Wing werden von den Instituten des DLR mit zahlreichen europäischen Partnern aus Forschung und Industrie weitere spezifische Aspekte des hochgestreckten Flügels untersucht, so z. B. die Integration von Hochauftriebshilfen in die Flügel oder die Entwicklung spezieller Strukturkomponenten für den Einsatz an sehr schlanken Flügeln.
Dieses Projekt wird gefördert durch das Clean Aviation Joint Undertaking (JU) unter der Fördernummer Nr. 101101974 (Projekt UP Wing), finanziert aus dem Forschungs- und Innovationsprogramm Horizon Europe der Europäischen Union.