Abteilung Lastanalyse und Entwurf
Die Abteilung Lastanalyse und Entwurf befasst sich mit Fragestellungen, die sich im Rahmen des Entwurfs von Flugzeugen hinsichtlich aeroelastischer Eigenschaften bzw. aeroelastischer Erfordernisse ergeben.
In der Luftfahrtforschung ist eine Verringerung des Strukturgewichts ein Kernthema, da der Treibstoffverbrauch und der CO2-Ausstoß dadurch verringert werden können. Die Struktur selber wird so ausgelegt, dass sie den Lasten am Flugzeug standhält. Das heißt, wenn die Lasten kleiner werden, kann die Struktur leichter gebaut werden. Doch dabei müssen die Randbedingungen der Zulassung erfüllt bleiben.
Laut der Zulassungsvorschriften für große Passagierflugzeuge muss die Struktur unter anderem das 2,5-fache Flugzeuggewicht tragen und sehr starke Turbulenzen und Böen aushalten können, die erwartungsgemäß einmal im Flugzeugleben (ca. 30 Jahre, kann je nach Flugzeugtyp und Einsatz variieren) [1] auftreten. Das sind die zwei Hauptfaktoren, die die größten Lasten am Flügel hervorrufen und das Flügelgewicht treiben.
Bei einem Flugzeug erzeugt der Flügel Auftrieb mit einer mehr oder weniger elliptischen Verteilung, siehe Abbildung 1. Lasten in Höhe vom 2,5-fachen Flugzeuggewicht bei Abfangmanövern stellen eine große Belastung für den Flügel dar. Um diese zu reduzieren, kann der Auftrieb bei solchen Manövern durch koordinierte Steuerflächenausschläge umverteilt bzw. in Richtung der Flügelwurzel verschoben werden, siehe Abbildung 2. Durch diese Umverteilung des Auftriebs wird das Flügelbiegemoment, welches ein wichtiges Maß für die Auslegung ist, reduziert. Diese Funktion wird Manöverlastabminderung (maneuver load alleviation, MLA) genannt.
Ein ähnliches Prinzip gilt bei Turbulenzen. Ein Sensor an der Flugzeugnase misst den Anstellwinkel, und falls eine Böe oder Turbulenz detektiert wird, werden die Steuerflächen durch den Flugzeugcomputer dynamisch ausgeschlagen, um die maximale Flügelbelastung zu verringern, siehe Abbildung 3. Diese Funktion wird Böenlastabminderung (gust load alleviation, GLA) genannt.
Falls die MLA und GLA bereits im Entwurfsprozess eines Flugzeugs berücksichtigt werden, kann in der Struktur etwas Material eingespart werden, welches eine Gewichtsreduzierung mit sich bringt. Im Falle von zwei Mittelstreckenkonfigurationen, jeweils einer mit einem rückwärts und einer mit einem vorwärts gepfeilten Flügel (siehe Abbildung 4 und Abbildung 5), ergeben sich Masseneinsparungen für den Flügelkasten von 2,8% bzw. 6,1%. Auf den ersten Blick scheinen die nicht viel, dennoch sind es 130,5 kg bzw. 410,4 kg.
Neben den Maximalbelastungen, die das Strukturgewicht treiben, spielen Ermüdungslasten am Flugzeug ebenfalls eine wichtige Rolle, denn durch diese Lasten wird die Lebensdauer des Flugzeugs begrenzt (ca. 40000 Flüge, kann je nach Flugzeugtyp und Einsatz variieren). Die Haupttreiber der Ermüdung sind Wechselbelastungen durch Boden-Luft-Boden-Zyklen und Turbulenzen. Zum Ersteren: am Boden erzeugt der Flügel kein Auftrieb, und beim Abheben produziert der Flügel etwa so viel Auftrieb wie das 1,3-fache des Flugzeuggewichts. Zum Letzteren: bei typischen Flügen mit leichten oder moderaten Turbulenzen wird die Struktur zwar nicht stark belastet, jedoch ist die Anzahl an Strukturschwingungszyklen, die dadurch hervorgerufen werden, hoch. Mit MLA und GLA kann die Strukturbelastung in beiden Fällen abgemindert werden, und bei den untersuchten Referenzflugzeugen erhöht sich die Lebensdauer jeweils um 28% bzw. 12%, zusätzlich zu der Masseneinsparung.
Vega Handojo, DLR-Institut für Aeroelastik, Abteilung Lastanalyse und Entwurf