Bahn- und Uhrenbestimmung von GNSS-Satelliten
Hochpräzise Bahn- und Uhreninformationen sind eine Grundvoraussetzung für die genaue Positionsbestimmung mit Globalen Satellitennavigationssystemen (GNSS) wie dem amerikanischen GPS oder dem europäischen Galileo. Satellitenbahnen und -uhren werden anhand der Beobachtungsdaten eines globalen GNSS-Netzes zusammen mit anderen Parametern wie Stationskoordinaten, Erdrotationsparametern und Troposphärenparametern bestimmt. Operationelle Bahn- und Uhrenprodukte für GPS, GLONASS, Galileo, BeiDou und QZSS werden am GSOC mit der NAPEOS Software erzeugt. Eine Nahe-Echtzeit-Lösung stellt dabei im Abstand von 3 Stunden Orbitprädiktionen zur Verfügung, die für die Echtzeitschätzung von Uhrenparametern mit der RETICLE Software dienen.
Strahungsdruckmodellierung
Auf die GNSS-Satelliten wirkt eine Vielzahl von Störkräften, die in der Bahnbestimmung berücksichtigt werden müssen. Die größte Unsicherheit hat dabei momentan der Strahlungsdruck der Sonne.
Dieser kann beispielsweise durch empirische Parameter oder durch ein sogenanntes Box-Wing-Modell berücksichtigt werden. Dabei wird der Satellitenkörper durch einen Quader und die Solarpanels als rechteckige Flächen modelliert. Zur Berechnung der Störbeschleunigung sind die Dimensionen und optischen Eigenschaften dieser geometrischen Körper erforderlich. Diese sind beispielsweise für die Galileo-Satelliten öffentlich verfügbar. Für andere Satelliten müssen diese Eigenschaften als Parameter geschätzt oder empirisch bestimmt werden.
Abbildung 2 illustriert die Vorteile eines solchen Box-Wing Modells gegenüber dem empirischen ECOM-2 Modell für einen Satelliten der neuesten GPS III Generation. Während die Residuen der Satellitenuhr für dieses Modell eine deutliche Abhängigkeit vom Winkel epsilon (Sonne-Erde-Satellit) zeigen verschwindet diese Systematik beim Box-Wing Modell.
Antenna Thrust
Für höchste Genauigkeit müssen aber auch sehr kleine Effekte berücksichtigt werden. Dazu zählt der sogenannte Antenna Thrust. Dieser entsteht durch die Aussendung von Navigationssignalen und erzeugt eine konstanten Beschleunigung in radialer Richtung. Zur Modellierung werden die Sendeleistung und die Masse des Satelliten benötigt.
In Zusammenarbeit mit dem Institut für Kommunikation und Navigation wurde die Sendeleistung ausgewählter GNSS-Satelliten mithilfe der 30 m Antenne der Bodenstation Weilheim gemessen. Für die verschiedenen Generationen von GPS Satelliten (Block IIA, IIR, IIR-M und IIF) sind diese in Abb. 4 dargestellt. Je nach Satellitentyp beträgt die Sendeleistung 20 – 300 Watt und beeinflusst die Satellitenbahn im Bereich von 2 bis 30 mm, siehe Abb. 5.
Weitere Informationen
Steigenberger, P., Thoelert, S., & Montenbruck, O. (2020). GPS III Vespucci: Results of half a year in orbit. Advances in Space Research, 66(12), 2773–2785. https://doi.org/10.1016/j.asr.2020.03.026
Steigenberger, P., Thoelert, S., & Montenbruck, O. (2018). GNSS satellite transmit power and its impact on orbit determination. Journal of Geodesy, 92(6), 609–624. https://doi.org/10.1007/s00190-017-1082-2
Darugna, F., Steigenberger, P., Montenbruck, O., & Casotto, S. (2018). Ray-tracing solar radiation pressure modeling for QZS-1. Advances in Space Research, 62(4), 935–943. https://doi.org/10.1016/j.asr.2018.05.036
Montenbruck, O., Steigenberger, P., & Darugna, F. (2017). Semi-analytical solar radiation pressure modeling for QZS-1 orbit-normal and yaw-steering attitude. Advances in Space Research, 59(8), 2088–2100. https://doi.org/10.1016/j.asr.2017.01.036
Montenbruck, O., Steigenberger, P., & Hugentobler, U. (2015). Enhanced Solar Radiation Pressure Modeling for Galileo Satellites. Journal of Geodesy, 89(3), 283–297. https://doi.org/10.1007/s00190-014-0774-0