Matroshka: Ein Phantom erfasst die Strahlenbelastung auf der ISS
Hintergrund und wissenschaftliche Ziele:
Bei der Analyse der Strahlenbelastung während Weltraummissionen ist nicht nur die Quantität der verschiedenen Strahlungsarten, sondern vor allem ihre biologische Wirksamkeit von Bedeutung. Wie weit dringen beispielsweise die Strahlen in einen menschlichen Körper überhaupt ein? Wieviel und welche Art der Strahlung kommt in den verschiedenen Organen des menschlichen Körpers an? Inwieweit werden innere Organe in ihrer Funktion beeinträchtigt? Um diesen Fragen nachzugehen, befand sich von Februar 2004 bis August 2005 ein Phantom an der Außenwand der ISS, das anschließend nach seinem Außeneinsatz bis Mitte 2011 der Besatzung in der Station Gesellschaft leistete. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um einen Weltraum-Spuk, sondern um ein Experiment zur Messung der Strahlenbelastung innerhalb und außerhalb der ISS. Matroshka heißt die Spezialpuppe – entwickelt und gebaut vom DLR-Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin.
Experimentbeschreibung:
Die „Phantompuppe“ selbst – mit Kopf und Oberkörper – bildet einen menschlichen Torso nach. Sie besitzt ein Skelett und besteht aus gewebeähnlichen Materialien. Innerhalb der Puppe befinden sich an über 800 Positionen – unter anderem auch an Positionen der menschlichen Organe – aktive und passive Strahlungsdetektoren. Um die Schutzwirkung des Raumanzugs zu simulieren, umgab Matroshka während ihres Aufenthalts außerhalb der ISS ein Behälter aus Kohlefasermaterial.
Status:
Das vom DLR-Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin und seinen nationalen und internationalen Kooperationspartnern im ESA-Auftrag entwickelte Phantom Matroshka wurde im Februar 2004 zur ISS gebracht und dort mit einem EVA zunächst an der Außenseite der ISS montiert. Bis Oktober 2005 fanden hier die Messungen statt. Anschließend wurde Matroshka in die ISS geholt, um hier die Datenerfassung fortzusetzen. Im Jahr 2006 wurde sie für Messungen im russischen Swesda-Modul genutzt, danach von Oktober 2007 bis November 2008 im PIRS-Modul und schließlich von Mai 2010 bis März 2011 im japanischen Modul KIBO. Derzeit laufen Gespräche mit den russischen Partnern, um die Messungen wieder aufzunehmen.
Ergebnisse:
Die von Matroshka gesammelten Daten haben zu einem genauen Bild der Tiefendosisverteilung der Strahlung im menschlichen Körper geführt. Dank der Messungen lässt sich mit höchstmöglicher Präzision abschätzen, wie viel Strahlung an den verschiedenen Organen des menschlichen Körpers ankommt. Dabei zeigte sich, dass die Haut bis zu viermal so stark belastet wird wie die inneren Organe. Bei den tiefliegenden Organen sind die Unterschiede in der Exposition relativ gering.
Perspektiven für Forschung und Anwendung:
Durch die von Matroshka gesammelten Daten der Strahlungsart und -intensität innerund außerhalb der ISS lassen sich die Risiken kosmischer Strahlung für den menschlichen Körper einschätzen und Maßnahmen entwickeln, die zu einem geeigneten Schutz führen sollen.