5. Dezember 2022

Erneute Messung von Methan über dem Gebiet der Nord-Stream-Lecks liefert weiteren wichtigen Datensatz

Nach den ersten erfolgreichen Methan-Messungen über der südlichen Ostsee nur eine Woche nach Auftreten der Nord-Stream-Leckagen Anfang Oktober haben Wissenschaftler*innen des IPA zusammen mit dem Institut für Flugführung (IFF) der Technischen Universität Braunschweig nun erneut Messflüge in der Region durchgeführt.  Am 15. und 16. November 2022 konnten ausgehend von der polnischen Küste bei Kołobrzeg insgesamt zwei Hubschrauberflüge mit der bereits mehrfach eingesetzten Schleppsonde HELiPOD durchgeführt werden. Der vom IFF betriebene HELiPOD, bestückt mit umfangreicher Technik für atmosphärische Messungen, wird als Schlingenlast an einem rund 25 Meter langen Seil unter dem Hubschrauber geflogen. Für die erneuten Flüge über der Ostsee war dieser kurzfristig zusätzlich mit einem speziellen Methaninstrument des DLR-Instituts für Physik der Atmosphäre ausgestattet worden. Mit diesem kann über die isotopische Signatur auf die Herkunft des Methans geschlossen werden, um beispielsweise biogene von fossilen Quellen zu unterscheiden.

Abb. 1: Überwachung der Methankonzentrationen während des Flugs über der Ostsee vom Missionswissenschaftler (Foto: IFF / F. Pätzold, CC BY-ND-NC 3.0).

Die ersten Messungen hatten darauf hingedeutet, dass die atmosphärische Verteilung von Methan nicht nur durch direkt von den Lecks aufsteigende Blasen bestimmt ist, sondern auch von im Wasser gelöstem Methan, das mit Strömungen transportiert und erst später freigesetzt wird. Unterstützt wurde die Flugplanung daher nun von ersten Modellrechnungen des DLR, mit denen die Ausbreitung des aus den Lecks ausgetretenen Methans im Oberflächenwasser der Ostsee simuliert wurde. Dabei war allerdings unklar, ob und wieviel des im Wasser gelösten Methans noch in die Atmosphäre entweicht. Um diesen Prozess zu untersuchen, wurde versucht, mit dem HELiPOD ein möglichst großes Areal auf niedrigen Höhen von etwa 50 Meter über dem Meer zu vermessen.

Abb. 2: Die Hubschraubersonde HELiPOD bei der Vorbereitung eines Messfluges auf dem Flugplatz Bagicz, östlich von Kołobrzeg, Polen. (Foto: DLR / E. Förster, CC BY-ND-NC 3.0).

Aufgrund von ungünstigen Wetterbedingungen zu dieser Jahreszeit bestand ein gewisses Risiko, dass die Hubschrauberflüge wegen Nebel oder Starkwind abgesagt werden müssen. Glücklicherweise konnte ein Zeitfenster von zwei Tagen mit optimalen Bedingungen für die Messungen genutzt werden. Bereits während des ersten Flugs konnten die Wissenschaftler von IFF und DLR im Cockpit mit dem HELiPOD-Missionsmonitor online leicht erhöhte Methankonzentrationen über verschiedenen Bereichen der südlichen Ostsee feststellen, sodass der Hubschrauber erfolgreich durch die optisch unsichtbaren Methanwolken geleitet werden konnte. Ein zweiter Flug am darauffolgenden Tag bestätigte eine Methanerhöhung, interessanterweise allerdings über einem anderen Bereich als am Vortag.

Abb. 3: Die Hubschraubersonde HELiPOD im Flug (Foto: DLR / E. Förster, CC BY-ND-NC 3.0).

Ob die Erhöhungen tatsächlich aus dem noch im Meerwasser gelösten Methan der Pipelinelecks stammen oder eine andere Quelle für das erhöhte Methan verantwortlich ist, wird nun Bestandteil der intensiven Datenauswertung sein. Zusätzlich abgefüllte Luftproben, die mit hochpräzisen Messungen im Labor analysiert werden, sollen weiterhin ein Indiz zur Herkunft des Methans geben. Weitere Modellrechnungen unter Berücksichtigung der gesammelten Daten sollen dabei helfen, die Ausbreitung von Methan aus solchen Leckagen besser zu verstehen.

Methan ist nach Kohlendioxid das zweitwichtigste vom Menschen verursachte Treibhausgas und hat in den ersten 20 Jahren nach seiner Emission einen etwa 80-mal höheren Strahlungsantrieb als CO2. Große Vorkommen von Methan im Ozean finden sich vor allem in Form von Methanhydrat. In niedrigen Meerestiefen führen steigende Temperaturen zu dessen Zerfall, was wiederum die Klimaerwärmung verstärken könnte. Die Methanfreisetzung wird durch Abbauprozesse im Wasser beeinflusst, wozu aber noch Forschungsbedarf besteht. Die an den Nord-Stream-Lecks durchgeführten Messungen können somit auch zu einem besseren Verständnis der Prozesse an anderen untermeerischen Methanquellen beitragen.

Weitere Informationen