Blue Condor – auf dem Weg zu Messungen von Kondensstreifen aus Wasserstoffantrieben
Das erklärte Ziel der Europäischen Union ist die Reduktion sämtlicher CO2 Emissionen der Luftfahrt bis 2050. Daneben gilt es auch, die Nicht-CO2 Effekte besser zu verstehen und zu reduzieren. Zu diesen Nicht-CO2 Effekten gehören die Stickoxid- und Wasserdampfeffekte und die Effekte der Kondensstreifen und der daraus entstehenden Bewölkung auf die Atmosphäre. Sie beeinflussen den Strahlungshaushalt der Atmosphäre und tragen heute zu zwei Dritteln zur Klimawirkung des Luftverkehrs bei. Neuartige Antriebe, wie die Wasserstoffdirektverbrennung, bieten die Möglichkeit auch diese Klimaeffekte zu reduzieren, aber Messungen dazu gibt es noch nicht.
Wasserstoffantriebe in der Luftfahrt sind mittlerweile in greifbare Nähe gerückt und damit ein neues Forschungsthema, welches die Wissenschaft und Industrie gleichermaßen bei der Gestaltung der Luftfahrt der Zukunft beschäftigt. Bei Verwendung von Wasserstoff aus erneuerbaren Energien verspricht diese Technologie die komplette Vermeidung von CO2-Emissionen. Doch wie sieht es mit Kondensstreifen, Wasserdampf- und Stickoxidemissionen aus?
Während Stickoxid- und Wasserdampfemissionen und deren Wirkung auf die Atmosphäre schon lange erforscht werden, ist wenig bekannt zu den Eigenschaften und der Klimawirkung der Kondensstreifen aus Wasserstoffantrieben. Das Abgas ist zwar partikelfrei, aber der zusätzliche Wasserdampf, der im Triebwerk erzeugt wird, könnte schon auf niedrigeren Flughöhen zur Kondensstreifenbildung führen.
Um die Emissionen und die Eigenschaften von Kondensstreifen aus Wasserstoffantrieben erstmals zu vermessen, hat das Institut für Physik der Atmosphäre zusammen mit AIRBUS Up Next, einem Tochterunternehmen von AIRBUS, das innovative Demonstratorprojekt Blue Condor gestartet: Ein Segelflugzeug, ausgestattet mit einem kleinen Jettriebwerk, wird von Up Next und The Perlan Project auf den Betrieb mit Wasserstoff umgerüstet. Das Segelflugzeug wird auf ca. 9 km Höhe mit einer Grob Egrett der Firma AV Experts, LLC, in Regionen geschleppt, in denen sich Kondensstreifen bilden können. Dort wird das Triebwerk und mit den Instrumenten des Instituts für Physik der Atmosphäre, welche auf der Egrett integriert sind, vermessen. An Bord befinden sich erprobte und eigens für die Blue Condor-Mission aufgebaute Messinstrumente für Wasserdampf, Eispartikel, Aerosole, Stickoxide und CO2. Ein zweites Segelflugzeug, welches mit konventionellem Kerosin betrieben wird, soll in ähnlicher Luftmasse vermessen werden, um beide Antriebe in vergleichbarer Atmosphäre zu charakterisieren.
Modellstudien zeigen, dass die Kondensstreifen aus Wasserstoffantrieben weniger, aber wegen des erhöhten Wasserdampfausstoßes größere Eiskristalle haben könnten, als bei einem konventionellen Antrieb. Da sie schneller aus der Atmosphäre „ausregnen“, ergeben sich geringere Lebensdauern des Kondensstreifens und damit auch ein geringerer Effekt auf das Klimasystem.
Das Flugprogramm soll im April 2023 in den USA stattfinden. Erste Verfolgungsflüge mit dem kerosinbetriebenen Segelflugzeug wurden bereits in Texas im April 2022 erfolgreich von einem Team von 6 DLR-Wissenschaftlern durchgeführt. Die Studie wird mit Messungen und Modellsimulationen von der Forschergruppe H2CONTRAIL geleitet und unterstützt.