Erste atmosphärische Messungen der Wind-Lidar-Mission Aeolus
Nach einer Entwicklungszeit von 16 Jahren ist der ESA-Satellit Aeolus am 22. August 2018 um 23:20 Uhr mit einer Vega-Rakete ins All gestartet. Benannt nach dem griechischen Gott der Winde, trägt der Satellit das revolutionäre Instrument ALADIN (Atmospheric Laser Doppler Lidar Instrument) – das erste europäische Lidar und das weltweit erste Doppler-Wind-Lidar im Weltraum überhaupt. Es besteht im Wesentlichen aus einem gepulsten, ultravioletten Laser, einem Spiegelteleskop mit einem Durchmesser von 1,50 Meter und einem hochempfindlichen optischen Spektrometer. Die ausgesandten Laserpulse werden in der Atmosphäre an durch den Wind bewegten Luftmolekülen, Aerosolen und Wolkenpartikeln gestreut, so dass ein geringer Anteil zum Satelliten zurückkehrt. Aus dem durch den Dopplereffekt verursachten Frequenzunterschied zwischen ausgesandten und zurückgestreuten Pulsen kann die Windgeschwindigkeit abgeleitet werden, während die Laufzeit der Pulse die Höheninformation in sich trägt. So können globale Windprofile vom Boden bis in Höhen von 30 Kilometern mit einer Genauigkeit von etwa einem 2 m/s erstellt werden.
Neben der Erprobung der neuartigen Technologie sollen die vom Satelliten gelieferten Winddaten direkt in die Wettervorhersagen einfließen. Dadurch wird eine große Lücke im globalen Beobachtungssystem geschlossen, da das Netz an Windmessungen, vor allem über den Ozeanen, über den Tropen sowie oberhalb von zehn Kilometern Höhe bislang sehr dünn ist. Die Nutzung der Winddaten in den Wettermodellen, z. B. am ECMWF oder DWD, soll insbesondere mittelfristige Prognosen signifikant verbessern. Die für die Ableitung von Windprofilen aus den Rohdaten von ALADIN benötigten Algorithmen und Prozessoren wurden dabei von einem europäischen Team aus den DLR-Instituten IPA und IMF, der Softwarefirma DoRIT sowie mehreren europäischen Wetterdiensten (ECMWF, Météo-France und dem niederländischen Wetterdienst KNMI) entwickelt.
Die technische und wissenschaftliche Funktionsweise des Satelliteninstruments wurde bereits in den letzten Jahren mit einem Prototypen, dem ALADIN Airborne Demonstrator (A2D) nachgewiesen. Das vom DLR und von Airbus entwickelte Instrument wurde auf mehreren Kampagnen an Bord des Forschungsflugzeuges Falcon eingesetzt, um beispielsweise den nordatlantischen Jetstream genau zu vermessen. Damit konnten schon vor dem Start der Satellitenmission das Messprinzip validiert, die Betriebsprozeduren optimiert und die Auswertealgorithmen verbessert werden. Während der nun begonnenen dreijährigen Satellitenmission wird der A2D in weiteren Validierungskampagnen zum Einsatz kommen.
Zur Analyse der Vielzahl an Daten, die Aeolus während der Mission liefern wird, wurde von der Firma EOX aus Wien in Kooperation mit dem DLR und DoRIT das innovative Visualisierungstool VirES for Aeolus entwickelt. Das VirES for Aeolus-Tool bietet einen verlockenden Ausblick auf die Daten, die Aeolus in den nächsten Jahren liefern wird. Bereits zwei Wochen nach dem Start des Satelliten wurden erste höhenaufgelöste Rückstreusignale detektiert. Oliver Reitebuch ist begeistert von den ersten Lidar-Messungen von ALADIN: „Ich hätte nicht damit gerechnet, dass wir schon zwei Wochen nach dem Satellitenstart und drei Tage nach dem Einschalten des Lasers erste Signale aus der Atmosphäre analysieren können, die auch plausibel erscheinen. Nach mehr als 15 Jahren intensiver Mitarbeit bei der Entwicklung von Aeolus, den Algorithmen für das Instrument ALADIN und den Erfahrungen mit dem flugzeuggetragenen Prototypen A2D ist dies ein großartiger Erfolg und ein Beispiel dafür, was in europäischer Zusammenarbeit von ESA, Industrie und Wissenschaft erreicht werden kann. Damit öffnet sich ein neues Fenster für die aktive Fernerkundung mit Lidar vom All.“