Wie bewegt sind Deutschlands Städte?
Vielfältigkeit in Deutschlands urbanen Mobilitätsstrukturen
Bislang wurden Deutschlands urbane Mobilitätsstrukturen vor allem aus der Linse einzelner punktueller und städtespezifischer Datenerhebungen betrachtet, die vergleichende Untersuchungen erschweren. Besonders vor dem Hintergrund einer notwendigen Verkehrswende im urbanen Raum befassen sich jedoch immer mehr Kommunen damit, passende und sinnvolle Lösungen für eine nachhaltige und inklusive Mobilität zu finden. Hier ist ein Vergleich zwischen Mobilitätsstrukturen unterschiedlicher Städte eine hilfreiche Grundlage. Was macht es aus, dass eine Stadt einen höheren Anteil an Pkw-Besitzern hat als eine andere? Welche Faktoren bestimmen die Nutzung des ÖV? Solche und ähnliche Fragen lassen sich besonders gut aus einer vergleichenden Sicht untersuchen.
„Das Spektrum der Mobilitätskennwerte in deutschen Städten ist enorm groß“, konstatiert Claudia Nobis, Gruppenleiterin des DLR Instituts für Verkehrsforschung, die bereits bei der Erhebung der MiD-Daten mitarbeitete. Unübersehbar sind zugleich eine Reihe von Gemeinsamkeiten: Je kleiner die Stadt, desto mehr Menschen besitzen und fahren einen Pkw und je größer eine Stadt, desto höher ist der Anteil des öffentlichen Verkehrs. Die Großstädter kommen einfacher ohne Auto aus, was nicht zuletzt an besseren Angeboten im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) liegt. Der Anteil des ÖPNV an den zurückgelegten Wegen variiert stark – von 5 % in Ansbach bis zu 26 % in Berlin.
Die kommunale Verkehrswende
Die Mobilität von morgen setzt auf die Kombination verschiedener Verkehrsmittel. Eine zunehmende Bedeutung haben dabei neue Dienstleistungen und Sharing-Modelle. Das Teilen von Autos, Fahrrädern, Scootern und Tretrollern ermöglicht eine individuelle Alltagsmobilität ohne eigenes Auto. Die Ergebnisse zeigen: In 32 der 35 untersuchten Städte gibt es bereits ein Carsharing-Angebot. Und wo die Angebote attraktiv sind, werden diese auch nachgefragt.
Ein weiterer zentraler Baustein der kommunalen Verkehrswende ist der Ausbau des Fuß- und Radverkehrs. Diesen unterschätzten Mobilitätsformen mehr Raum zu geben, ist zudem eine kostengünstige Lösung. Zufußgehen und Radfahren kostet die Kommunen im Vergleich zum Pkw-Verkehr kaum etwas, schont die Umwelt, stärkt die Gesundheit und steigert die Lebensqualität. Die Bedeutung des Zufußgehens wird nach wie vor unterschätzt. Die Untersuchung zeigt, dass schon jetzt ein Viertel bis ein Drittel aller Wege in den Städten zu Fuß zurückgelegt wird.
Noch stärker im Blickpunkt ist aktuell das Radfahren. Das Fahrrad ist nicht erst in Zeiten der Pandemie zu einem Gewinnerthema geworden. Kein anderes Verkehrsmittel ist so beliebt, über alle Altersgruppen hinweg. Wie viel Rad in den Städten tatsächlich gefahren wird, ist sehr unterschiedlich und hängt von vielen Faktoren ab. Neben den topographischen Gegebenheiten kann auch schlechte Fahrradinfrastruktur zum Hindernis werden. Hier können Kommunen gezielt gegensteuern: durch den Ausbau sicherer Fuß- und Radwege oder die Einschränkung des motorisierten Individualverkehrs zugunsten einer gerechteren Verteilung des öffentlichen Raums.
Die Verkehrsforscherinnen und Verkehrsforscher kommen zu dem Schluss, dass es im Wesentlichen auf drei Dimensionen ankommt, die die Mobilitätskultur einer Stadt bestimmen:
- die Raumstruktur und das Verkehrsangebot,
- die Politik und planerische Umsetzung sowie
- Wahrnehmungen und Lebensstilorientierungen.
Claudia Nobis bilanziert: „Die urbane Verkehrswende basiert auf drei Säulen: der Optimierung des ÖPNV-Angebotes, dem Ausbau von Rad- und Fußverkehrs durch besser Infrastruktur und der intelligenteren Nutzung von Pkw. Auch der motorisierte Verkehr wird in der Mobilität von morgen eine Rolle spielen, aber er wird nicht mehr so stark dominieren.“
Zum Download der Studie und 35 Städteprofile gelangen Sie über folgenden Link.