Die Gewinnenden des Paper-Wettbewerbs 2020
Wie im vorherigen Jahr, so hatten Mitarbeitende des Instituts für Verkehrsforschung auch 2020 wieder die Möglichkeit, ihre Paper für den internen Wettbewerb einzureichen. Hier möchten wir Ihnen die Ergebnisse und GewinnerInnen des Paper-Wettbewerbs 2020 vorstellen.
Platz 1
"The evolutionary path of automobility in BRICS countries" (Der Entwicklungspfad der Automobilität in den BRICS-Ländern)
Journal of Transport Geography (Volume 85, May 2020, 102739)
Stefan Seum, Angelika Schulz, Tobias Kuhnimhof
Zusammenfassung
Prognosen zeigen, dass sich der weltweite Verkehr bis 2050 mehr als verdoppeln könnte. Der künftige Fahrzeugbestand und die Fahrzeugnutzung sind von größter Bedeutung für die Ausarbeitung politischer Maßnahmen und für die Bewertung neuer technologischer Entwicklungen. In diesem Beitrag wird ein einzigartiger Prognoseansatz verwendet, der quantitative Daten und qualitative Experteneinschätzungen kombiniert. Ausgehend von der historischen Entwicklung der gefahrenen Fahrzeugkilometer (VKT) in vier OECD-Ländern bewertet der Ansatz mögliche zukünftige Entwicklungspfade für die BRICS-Länder (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) und leitet daraus VKT-Sättigungsniveaus für diese ab. Zu diesem Zweck haben wir acht Faktoren untersucht, die Einfluss auf den Autobesitz und die Autonutzung haben. Eine Gruppe von Experten ermittelte Faktorwerte für die BRICS-Länder und verglich diese mit den Faktorwerten in den OECD-Ländern. Anschließend haben wir die Faktorwerte mit dem Grad der Autonutzung verknüpft. Unter den BRICS-Ländern erwarten wir die niedrigsten VKT-Sättigungswerte für Indien und China, hauptsächlich, aber nicht ausschließlich aufgrund ihrer räumlichen Strukturen und ihrer Verkehrspolitik. Räumliche Strukturen, sozioökonomische Hinterlassenschaften und politische Maßnahmen führen neben anderen Faktoren zu höheren erwarteten VKT-Sättigungsgraden in Brasilien, Russland und Südafrika. Diese Länder stehen auch vor der Herausforderung, Alternativen zum privaten Auto zu schaffen.
ScienceDirect-Link: https://doi.org/10.1016/j.jtrangeo.2020.102739
Platz 2
Intermodality in European metropolises: The current state of the art, and the results of an expert survey covering Berlin, Copenhagen, Hamburg and Paris (Intermodalität in europäischen Großstädten: Der aktuelle Stand der Dinge und die Ergebnisse einer Expertenbefragung in Berlin, Kopenhagen, Hamburg und Paris)
Transport Policy (Volume 94, August 2020, Pages 109-122)
Mirko Goletz, Sonja Haustein, Christine Wolking, Alain L'Hostis
Zusammenfassung
Intermodalität, d.h. die Nutzung von mehr als einem Verkehrsmittel für eine einzige Fahrt, wird häufig als Maßnahme zur Erreichung einer nachhaltigeren Mobilität in Europa, insbesondere in den Städten, diskutiert. Intermodalität stellt jedoch eine Herausforderung für die Verkehrsanbieter dar und hat ihre Nachteile für die Nutzer, die Verbindungen bevorzugen, bei denen sie nicht zwischen den Verkehrsträgern wechseln müssen. Als Grundlage für die Erarbeitung von Empfehlungen zur Förderung der Intermodalität haben wir zunächst den Status quo der intermodalen Mobilität in vier europäischen Metropolen analysiert: Berlin, Kopenhagen, Hamburg und Paris. Anschließend führten wir eine Expertenbefragung durch, in der wir Experten in den vier Städten über den zukünftigen Anteil und die Entwicklung der Intermodalität, ihre zukünftige Relevanz und das Potenzial der Intermodalität in der Verkehrsplanung befragten und darüber, wie verschiedene Faktoren sowohl auf der Nachfrage- als auch auf der Angebotsseite das Niveau der intermodalen Aktivität beeinflussen. Unseren Ergebnissen zufolge rechnen die meisten Experten mit einem Anstieg des Anteils intermodaler Reisen. Sie glauben auch, dass die Relevanz der Einbeziehung von Überlegungen zur Intermodalität in die Verkehrsplanung zunehmen wird. Die Zunahme der intermodalen Mobilität wird durch Faktoren wie den geringeren Fahrzeugbesitz, aber auch durch neue Mobilitätsmuster angetrieben. Letztere lassen sich durch soziale Faktoren wie die Urbanisierung oder die Digitalisierung erklären, die den Lebensstil der Stadtbewohner in Zukunft beeinflussen werden.
ScienceDirect-Link: https://doi.org/10.1016/j.tranpol.2020.04.011
Elib-Link: https://elib.dlr.de/135772/
Platz 3
Real-world insights on public charging demand and infrastructure use from electric vehicles (Reale Einblicke in die Nachfrage nach öffentlichen Ladestationen und die Nutzung der Infrastruktur durch Elektrofahrzeuge)
Environmental Research Letters (Volume 15, Number 10)
Michael Hardinghaus, Markus Löcher, John E Anderson
Zusammenfassung
Die Stadt Berlin hat die öffentliche Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge erheblich ausgebaut. Als Ergebnis dieser Investition sind zum ersten Mal reale Ladedaten für die Stadt Berlin verfügbar. Neben anderen Metriken enthält dieser Datensatz auch spezifische Informationen über Carsharing-Fahrzeuge. Dieser Forschungsbrief bietet zahlreiche Einblicke in die Nachfrage nach öffentlichen Ladestationen und deren Infrastruktur. Die Ergebnisse sind erst jetzt verfügbar, da die Flotte an Elektrofahrzeugen ausreichend groß ist.
Die Analyse zeigt, dass die Verteilung der Ladestationen in Berlin sehr ungleich ist. Die Daten zeigen auch, dass das Infrastrukturnetz im Stadtzentrum viel dichter ist. Während die Infrastruktur ungleich verteilt ist, sehen wir, dass die Nutzung der Infrastruktur relativ gleichmäßig ist. Dies spiegelt die ungleiche Ladungsnachfrage wider, die aufgrund der Lage der Infrastruktur zu erwarten ist. Wir stellen außerdem fest, dass die Mehrzahl der öffentlichen Ladevorgänge von Free-Floating-Carsharing-Fahrzeugen stammt. Die Analyse der Infrastrukturnutzung zeigt, dass am Rande des Stadtzentrums die meisten Stationen nach Abschluss des Ladevorgangs von Fahrzeugen belegt sind. Carsharing-Nutzer belegen die Infrastruktur nach dem Aufladen deutlich mehr als private und gewerbliche Einzelnutzer. Wenn es das Preissystem zulässt, nutzen jedoch auch Privatpersonen die Infrastruktur nach Abschluss des Ladevorgangs.
Der Forschungsbrief enthält mehrere politische Empfehlungen für den Aufbau und den Betrieb der Ladeinfrastruktur. Diese konzentrieren sich auf die Ladenachfrage von Einzelnutzern, die Effizienz der Infrastruktur sowie Carsharing-Betreiber und ihre Geschäftsmodelle. Die Ergebnisse kommen zur rechten Zeit, da Entscheidungen über die öffentliche Ladeinfrastruktur jetzt getroffen werden müssen, um die Nachfrage nach Elektrofahrzeugen zu decken.
IOP Publishing Link: https://doi.org/10.1088/1748-9326/aba716