Évora Molten Salt Platform (Universität Évora)
Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und die Universität Évora (UÉ, Portugal) betreiben in der Nähe der Stadt Évora gemeinsam eine Testanlage für Salzschmelze-Technologien, die Évora Molten Salt Platform (EMSP). Auf dem Gelände befinden sich verschiedene Salzschmelzeanlagen, von denen die größte ein Parabolrinnenkraftwerk ist. Sie besitzt bis auf Dampfturbine und Generator alle relevanten Komponenten einer kommerziellen Anlage. Damit lassen sich die wesentlichen material-, komponenten- und systembezogenen Aspekte untersuchen, die für einen zuverlässigen und effizienten Anlagenbetrieb mit Schmelzsalz erforderlich sind.
- Untersuchung des Materialverschleißes aufgrund von Korrosion und thermischen Zyklen, der thermischen Stabilität und der Alterung von Salzmischungen,
- Demonstration der Zuverlässigkeit kritischer Komponenten wie flexibler Rohrleitungs-Verbindungen im Solarfeld und des Dampferzeugers mit Salzschmelze im Zwangsdurchlaufbetrieb,
- Bewertung der Leistung des Kollektorsystems und des Energiebedarfs für den Nacht- und Standby-Betrieb,
- Validieren von Verfahren zur Verhinderung des Einfrierens von Salz, zum Befüllen und Entleeren der Anlage, für Blackout-Szenarien und zum Beseitigen von durch Einfrieren verursachten Blockaden,
- Entwicklung alternativer Betriebsverfahren zur Verbesserung der Zuverlässigkeit und/oder Kosteneffizienz des Systems.
Schwerpunkte der Forschungsarbeiten
Technische Beschreibung der Anlage
Die Évora Molten Salt Platform besitzt ein Solarfeld, ein Salzsystem mit Speicher, einen Dampferzeuger mit angeschlossenem Wasser-Dampf-Kreislauf sowie ein Kontrollsystem und Hilfsgeräte. Im Solarfeld bilden Parabolrinnenkollektoren des Typs HelioTrough® 2.0 mit großer Apertur einen Kreislauf, der für den Betrieb mit geschmolzenem Salz bis zu 565 Grad Celsius geeignet ist. Die Kollektoren sind in zwei Reihen mit einer Gesamtlänge von 684 Metern installiert und für eine maximale thermische Leistung von etwa 3,5 Megawatt ausgelegt. Das Salzsystem umfasst einen heißen und einen kalten Speichertank, einen unterirdischen Entwässerungstank mit einer Salzschmelzanlage sowie Pumpen und Ventile zur Steuerung der verschiedenen Betriebsarten. Der Dampferzeuger hat eine Auslegungskapazität von 1,8 Megawatt thermisch bei 140 bar/560 Grad Celsius. Im Wasser-Dampf-System sind anstelle einer Dampfturbine Druck- und Temperatur-Reduzierstationen sowie ein luftgekühlter Kondensator installiert.
Eine vielseitige Testanlage für konzentrierende solarthermische Technologien
Das EMSP ermöglicht es, eine breite Palette von Innovationen in einer relevanten Umgebung zu untersuchen und zu validieren. Wir können hier nicht nur Salzschmelzen als Wärmeübertragungs- und Speichermedium untersuchen, sondern auch das Zusammenspiel verschiedener neuer Power-to-Heat-Technologien demonstrieren.
Im Jahr 2021 wurden 90 Tonnen des ternären Salzes Na-K-Ca-NO3 in einer Vorschmelzeinheit geschmolzen und die Anlage wurde zum ersten Mal erfolgreich mit diesem Salz in Betrieb genommen. Im Vergleich zu dem üblicherweise verwendeten Solarsalz hat das ternäre Gemisch eine deutlich niedrigere Schmelztemperatur von 130 Grad Celsius, kann aber nur bis etwa 500 Grad Celsius verwendet werden. Nach einer Phase der Optimierung und Fehlersuche wurde die Machbarkeit der Technologie mit mehr als 5.500 Betriebsstunden bei 500 Grad Celsius nachgewiesen.
In dem anschließenden, vom BMWK (Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz) geförderten Projekt MSOpera wurde erfolgreich der Betrieb bei 565 Grad Celsius demonstriert. Hierfür wurde das bis dahin genutzte Salz durch das binäre Salzgemisch Na-K-NO3 (Solarsalz) ersetzt, das eine maximale Temperatur von 565 Grad Celsius erreichen kann. Die Höchsttemperatur der Anlage wird durch die austenitischen Stähle und die Zersetzungstemperatur des binären Salzes begrenzt. Um die kritische Maximaltemperatur zu halten, hat das DLR ein verbessertes Kontrollkonzept mit einem validierten dynamischen Modell des Solarfelds entwickelt.
Im Rahmen von MSOpera wurde auch erfolgreich ein Salzverdünnungsprozess zur Stilllegung der Anlage für den Salzwechsel getestet. Dieses Verfahren ist auch für andere Anwendungen interessant: Das DLR-Team untersucht die Möglichkeit, verdünntes geschmolzenes Salz als Wärmeträger in den Wintermonaten und auch für den Nachtbetrieb zu verwenden, um Wärmeverluste zu reduzieren.
In den Projekten MSOpera und EuroPaTMoS wurde ein solares Vorwärmverfahren für Rohre getestet, um ein Erstarren des Salzes und eine eventuelle Verstopfung der Rohre zu verhindern. Das Vorheizen der Rohre ist immer dann notwendig, wenn Salz in ein leeres Rohr gefüllt wird. Moderne Anlagen heizen die Rohre mithilfe von Strom vor. Dieses Verfahren erfordert jedoch hohe Investitionen, da dafür lange Kabel durch das Solarfeld verlegt werden müssen. Außerdem fallen hohe Betriebs- und Stromkosten an. Durch die Nutzung der Sonne können diese Kosten vermieden werden. Beim solaren Vorheizen besteht jedoch das Risiko der Überhitzung: Die von den riesigen Spiegeln erzeugte Solarwärme kann das leere Wärmesammelelement (engl. heat collecting element, HCE) innerhalb weniger Sekunden überhitzen und sogar zerstören. Auf der EMSP wurden zwei unterschiedliche Methoden der solaren Vorwärmung entwickelt und getestet. Um den korrekten Prozess und den Temperaturanstieg des Sonnenkollektors zu überwachen, wurde ein Seilzugsensor entwickelt, der eine gute Genauigkeit aufweist, um den Prozess und die Temperaturgradienten innerhalb der Spezifikationen zu halten. Das DLR hat zusammen mit Industrieunternehmen gezeigt, dass eine angemessene Erwärmung auf die gewünschte Temperatur innerhalb der zulässigen Temperaturgradientengrenzen erreicht werden kann.
Bis 2027 sind bereits weitere nationale und internationale drittmittelfinanzierte Projekte zugesagt und in Vorbereitung.
24/7-Betrieb der Anlage mit Solarsalz
Um die Betriebskosten der Anlage zu senken, hat das DLR-Team eine Logik und Steuerung entwickelt, die den unbemannten Betrieb der Anlage in der Nacht ermöglicht. Die Logik übernimmt die typischen Aufgaben des menschlichen Bedienpersonals, das die Anlage überwacht, kritische Anlagenzustände identifiziert, Gegenmaßnahmen einleitet sowie Interaktionen eskaliert, wenn frühe Gegenmaßnahmen versagen. Dieses System wurde entwickelt, programmiert, hochgeladen und erfolgreich im binären Salzkreislauf getestet. Heute ist die Anlage tagsüber mit menschlichem Bedienpersonal besetzt, um wissenschaftliche Testprogramme durchzuführen. Das menschliche Bedienpersonal aktiviert den unbemannten Modus am Ende der Schicht. Das Kontrollsystem übernimmt die 16-stündige Nachtschicht oder überwacht die Anlage sogar über das Wochenende bis zum Montagmorgen.