4. April 2023

Solarthermische Kraftwerke und Prozesswärme-Anlagen: Höhere Erträge mittels KI

Künstliche Intelligenz (KI) hat bereits in vielen Bereichen des Alltags, in der Arbeitswelt und produzierenden Industrien einen festen Platz und entwickelt sich in rasantem Tempo weiter. Eine Stärke von KI ist, dass sich damit Abläufe stärker automatisieren und große Datenmengen wesentlich schneller analysieren lassen, als es bisher möglich ist. Im kürzlich gestarteten Forschungsprojekt AuSeSol-AI entwickeln Forschende aus dem DLR mit den Unternehmen CSP-Services und Industrial Solar sowie mit Expert/-innen für KI der TU München, dem Juelich Super Computing Center (JSC) und aus der Forschungseinrichtung fortiss neue KI-basierte Anwendungen für Solarkraftwerke und solare Prozesswärmeanlagen. Sie sollen es ermöglichen, die Produktionskosten von Strom und Prozesswärme aus CSP-Anlagen (CSP = Concentrated Solar Power) noch weiter zu senken.

KI ist besonders gut darin, Muster, Wiederholungen und Gesetzmäßigkeiten in großen Datenmengen zu entdecken. In solarthermischen Kraftwerken fällt eine große Menge an Daten an, die bisher noch nicht systematisch analysiert werden. Dazu zählen alle erhobenen Betriebsdaten, wie zum Beispiel Temperaturwerte der Solarstrahlungsempfänger, Fokussiersignale von Solarspiegeln oder meteorologische Wolkenkameradaten. Mittels KI sollen Systeme oder Maschinen zukünftig in der Lage sein, diese Daten automatisch zu analysieren, Empfehlungen für Betriebsentscheidungen zu geben oder sogar selbstständig Entscheidungen zu treffen.

Forschende aus dem DLR entwickeln für solarthermische Turmanlagen KI-basierte Modelle für tausende nachgeführte Spiegel. Diese sollen hochgenau und innerhalb von Sekunden Vorhersagen der Strahlungsleistung im Solarreceiver erstellen. Das Kraftwerk kann diese nutzen, um die Einstellungen des Solarfelds schnell an die aktuelle Einstrahlungssituation anzupassen.

Eine weitere Gruppe im DLR Institut für Solarforschung will mit KI-Verfahren die drohnenbasierte optische Messtechnik für solarthermische Kraftwerke automatisieren. Bilderkennungsalgorithmen sollen zukünftig das Auswerten der Luftaufnahmen beschleunigen und verbessern.

Tobias Hirsch, Projektleiter aus dem DLR Institut für Solarforschung: „Das Projekt AuSeSol-AI bringt Forschende aus den Bereich Solarthermie und KI mit Unternehmen der solaren Kraftwerksbranche zusammen, die KI in ihr Leistungsportfolio integrieren möchten. Aus meiner Sicht ist dies eine ideale Kombination, um Ideen zu entwickeln, aus denen neue oder bessere Produkte und Dienstleistungen für die Industrie entstehen.“

Das Unternehmen CSP-Services will zukünftig zusätzlich zu seinen drohnenbasierten optischen Messsystemen KI-basierte Algorithmen einsetzen, um weitere Betriebsdaten von Kraftwerken schnell und automatisiert analysieren zu können. Dazu Klaus Pottler vom Unternehmen CSP-Services: „Wir wollen das enorme Potential von KI nutzen, um den Kraftwerksbetreibenden zukünftig noch umfangreichere und genauere Informationen über den Zustand ihrer Parabolrinnen oder Spiegelfelder von Turmkraftwerke geben zu können.“

Solarthermische Prozesswärmeanlagen sind ein weiterer Anwendungsschwerpunkt des Projekts. Solche Anlagen werden bereits heute überwiegend auf Basis von bestimmten Einstellungen autonom betrieben, also ohne oder nur mit marginaler Steuerung durch technisches Personal. KI soll es ermöglichen, den autonomen Betrieb robuster und effizienter zu machen. Auf Basis ausgewerteter Messdaten soll eine Software zukünftig selbständig entscheiden, welche Betriebseinstellungen die Anlage setzt. Eine solche Einstellung ist zum Beispiel die Leistung der Pumpen, die das Wärmeträgermedium Wasser durch die Verdampferrohre der Anlage befördern. Für eine genauere Strahlungsvorhersage werden Wolkenkamerasysteme mit KI-basierten Auswertealgorithmen speziell für die Anwendung in Prozesswärmeanlagen entwickelt.

Beim völlig autonomen Betrieb einer Prozesswärmeanlage sind die Anforderungen besonders hoch: die KI muss auftretende Probleme völlig selbständig lösen können. Wie soll die Anlagensteuerung reagieren, wenn ein Temperatursensor ausfällt? Soll sie die Anlage im abgesicherten Modus weiterlaufen lassen oder den Betrieb unterbrechen? Mit solchen und ähnlichen Problemstellungen befassen sich die KI-Experten/-innen gemeinsam mit dem Unternehmen Industrial Solar, das auf die Entwicklung und den Bau von solarthermischen Prozesswärme-Anlagen spezialisiert ist.

Die drei Forschungseinrichtungen mit Schwerpunkt KI sind mit verschiedenen Gruppen und Experten/-innen am Projekt beteiligt:

  • TU München: School of Computation, Information and Technology
  • Forschungszentrum Jülich, Jülich Supercomputing Centre (JSC)
  • fortiss GmbH, Landesforschungsinstitut des Freistaats Bayern

Wie die verschiedenen Verfahren sich in der Praxis bewähren, werden Forschende und Unternehmen im Laufe des Projekts im Kraftwerk Andasol 3 in Südspanien, in einer Prozesswärmeanlage in Jordanien und am DLR-Solarturm Jülich überprüfen.

Kontakt

Elke Reuschenbach

Leiterin Institutskommunikation
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Solarforschung
Linder Höhe, 51147 Köln-Porz
Tel: +49 2203 601-4153