15. Februar 2021

Gutes Raumklima und gutes Lernklima gehören zusammen

Geschlossene Räume, in denen intensiv gearbeitet, geforscht oder gelernt wird, bilden rasch ihr eigenes „Raumklima“ aus. Da herrscht dann schnell „verbrauchte Luft“. Das kennt man nach einer Doppelstunde vom Klassenzimmer – aber selbst auf der Internationalen Raumstation ist das ein Thema. In der ISS wird die Raumluft natürlich permanent überwacht: Sauerstoff- und Kohlenstoffdioxid-Gehalt der Luft müssen stimmen, damit die Crew gesund bleibt. Und genau darum geht es auch bei dem Luftsensor, den die Realschule Calberlah in Zusammenarbeit mit dem DLR_School_Lab Braunschweig für den Einsatz in Unterrichtsräumen entwickelt hat.

Anders als auf der Raumstation können wir auf der Erde immer mal wieder die Fenster aufmachen und durchlüften. Doch gerade im Winter stellt sich die Frage, ob und wie lange gelüftet werden muss. Unsere Nase hilft uns hier nur bedingt, da wir uns rasch an die Umgebungsgerüche gewöhnen und diese nicht mehr wahrnehmen. Außerdem können wir Menschen bestimmte Gase gar nicht riechen und deshalb auch nicht darauf reagieren. So ist das auch beim Kohlenstoffdioxid, das bei jedem Atemzug freigesetzt wird.

In der Schule hat aber ein gutes Raumklima – also gute Luft, gute Luftfeuchtigkeit und angenehme Temperatur – direkte Auswirkung auf die Lernleistung. Deshalb ist es sinnvoll, die Qualität der Raumluft wie auf der ISS zu überwachen und ggf. aktiv zu verbessern.

Raumklimaüberwachung

Ein Thermometer findet man in fast jedem Haus. Schwieriger ist da schon die Messung der Zusammensetzung der Raumluft. Dafür gibt es Messgeräte, die die Konzentration des Kohlenstoffdioxids und auch von Spurengasen (u.a. Methan, Butan, Wasserstoff) messen. Meist wird auch ein Sensor für Feinstaub hinzugenommen. Aus all diesen Messwerten lässt sich ein Index der Luftqualität erstellen. In Großraumbüros finden man immer häufiger intelligente Raumklima-Systeme, die anhand von Messwerten die Raumluft be- und entfeuchten, erwärmen oder abkühlen und von Gerüchen reinigen – ganz ähnlich, wie es auf der ISS gemacht wird.

In Schulen sucht man solch ausgeklügelte Technik häufig vergebens. Engagierte Lehrkräfte vertrauen auf ausgeklügelte Lüftungspläne, ihre Nase oder eine eigens beschaffte CO2-Ampel. Aus der Frage eines Schülers: „Woher wissen wir eigentlich, wann und wie lange wir lüften müssen, um gut zu lernen?“ entstand in der Realschule Calberlah in Zusammenarbeit mit dem DLR_School_Lab Braunschweig das Projekt des kostengünstigen Raumklima-Checkers für jedermann. Die Bauanleitung findet sich hier.

Raumklima-Checker

Der Raumklima-Checker besteht aus einem Luftqualitätsmesser, einem Temperatur- und Luftfeuchtigkeitssensor, einem Oled-Display und einer LED-Ampel zum schnellen Überblick. Herzstück ist der MQ-02 Luftqualitätsmesser, der unter anderem Methan, LPG, Wasserdampf, Kohlenstoffmonoxid, Propan und Alkohole detektiert. Dazu wird Raumluft verdampft und mittels einer gasempfindlichen Membran in einen numerischen Wert der Luftqualität umgewandelt. Dieser ist z.B. mittels eines Arduino-Nano-Mikrocontrollers auslesbar. Der Sensor untersucht also Spurengase, die bei unserem Stoffwechsel frei werden und in die Raumluft gelangen.

Durch Vergleichsmessungen mit einem CO2-Sensor konnten die Schülerinnen und Schüler der Realschule Calberlah einen direkten Bezug zwischen Luftqualitätsindex des MQ-02-Sensors und dem CO2-Gehalt der Luft feststellen. Anhand der durchgeführten Messungen konnten Schwellenwerte für die verwendete Charge der Luftqualitätssensoren ermittelt und diese in Bezug zu den Empfehlungen des Bundesumweltministerium zum CO2-Gehalt in Schulen und Arbeitsplätzen gesetzt werden:

Luftqualitätsindex

Entspricht ungefähr CO2-Gehalt in ppm

Empfehlung des BMU

< 130

< 900 ppm

Raumluft ist gut.

> 90 < 250

900 - 1500 ppm

Es soll dringend gelüftet werden.

> 250

> 1500 ppm

Es muss dringend gelüftet werden, Gesundheitsgefahr bei längerem Aufenthalt.

Exemplarische Skala für einen MQ-02 Sensor

Um die Messtoleranz des MQ-02-Sensors auszugleichen, sollte man die Schwellenwerte weiter unten festlegen. Die Realschule Calberlah hat gute Erfahrungen mit einem Umspringen der Ampel bei entsprechenden 800 ppm / 1500 ppm CO2-Gehalt gemacht. Ursprünglich war geplant, dass man die ermittelten Schwellenwerte auf alle MQ-02-Sensoren anwendet. Leider weicht der numerische umgewandelte Luftqualitätsindex der MQ-02-Sensoren zwischen einzelnen Produktionschargen stark voneinander ab. Deshalb ist eine Kalibrierung durch Vergleichsmessung mit einem CO2-Sensor bei jedem MQ-02-Sensor durchzuführen. Danach funktioniert er zuverlässig und gibt einen wichtigen Hinweis, wann und wie lange gelüftet werden muss, um ideale Lernbedingungen in einem Klassenraum herzustellen.