Ingmar Mayerbuch
Studium: Technische Physik
Jetzt: DLR Flugexperimente
Ingmar Mayerbuch hat Technische Physik studiert und eine Ausbildung zum Piloten mit Flighttest-Berechtigung absolviert. Seit 2019 ist er Testpilot und Leiter des Flugbetriebs in der DLR-Einrichtung Flugexperimente.
Wofür Ingmar mit seiner Arbeit sorgt, was das Besondere an Forschungsflügen ist und was für ihn dabei die Highlights sind – das erzählt er uns im Interview!
Ingmar, worauf freust du dich, wenn du morgens zur Arbeit kommst?
Ingmar: Ich freue mich, mit meinem Team aus hochspezialisierten Expertinnen und Experten zusammenzukommen und die tagesaktuellen Aufgaben abzustimmen. Dabei spielt der persönliche Kontakt eine zentrale Rolle – auch für die Motivation, schwierige Situationen gemeinsam zu lösen.
Als jemand, der sich schon früh mit dem Luftfahrt-Virus angesteckt hat, freue ich mich außerdem, täglich in direkter Nähe unserer einzigartigen Forschungsflugzeuge sein zu können.
Woran forschst oder arbeitest du?
Ingmar: Mein Auftrag ist es, den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern flugzeuggetragene Forschung auf höchstem Niveau zu ermöglichen. Die Einrichtung Flugexperimente ist Betreiber der größten Forschungsflotte Europas und dafür zuständig, diese für die Nutzergruppen bereitzustellen, zu modifizieren und für ihre Experimente vorzubereiten.
Als Flugbetriebsleiter und Pilot bin ich mit meinem Team für die Durchführung der Messkampagnen und Flugversuche verantwortlich und sorge dafür, dass alle Flugzeuge zum richtigen Zeitpunkt mit der geeigneten Crew einsatzbereit sind. Das erfordert sehr umfangreiche Vorbereitungen, da keine Flugkampagne der anderen gleicht und diese oft an sehr entlegenen Orten dieser Welt stattfinden.
Auch als Betreiber gehört eine Menge an wissenschaftlichem und technischem Hintergrundwissen dazu, diese Art der Forschungsfliegerei zu ermöglichen.
„Als Flugbetriebsleiter und Pilot bin ich mit meinem Team für die Durchführung der Messkampagnen und Flugversuche verantwortlich und sorge dafür, dass alle Flugzeuge zum richtigen Zeitpunkt mit der geeigneten Crew einsatzbereit sind.“
Wie sieht dein typischer Arbeitstag aus?
Ingmar: Typisch ist: Kein Tag gleicht dem anderen und mein Einsatz als Testpilot findet an den unterschiedlichsten Orten dieser Welt statt. In meiner Rolle als Leiter des Flugbetriebs kümmere ich mich um das reibungslose Zusammenspiel der Abteilung und ihre strategische Ausrichtung. Dazu gehört neben den unvermeidlichen administrativen Tätigkeiten insbesondere die Abstimmung vieler luftrechtlicher Belange mit Behörden und Ämtern. Wichtig ist außerdem die Schaffung optimaler Arbeitsbedingungen für das Team in allen Fachgruppen sowie die Lösung von Konflikten, welche in einem solch komplexen und zeitkritischen Umfeld nicht ausbleiben.
Als Testpilot bin ich immer aktiv in mehrere Projekte eingebunden und damit dicht am aktuellen Geschehen. Im Gegensatz zum Standard-Airline-Betrieb gleicht bei uns kein Flug dem anderen. Eine sorgfältige Vorbereitung und Absicherung der Risiken sind daher unabdingbar. Je nach Zielsetzung werden im Rahmen der Forschungsflüge die Eigenschaften des Flugzeugs selbst getestet oder es wird als Träger für neuentwickelte, einzigartige Instrumente eingesetzt, z.B. für die Atmosphärenforschung.
Jeder Pilot und jede Pilotin fliegt mehrere Flugzeugmuster, die aufgrund ihrer Umbauten wiederum absolute Einzelstücke sind. Die Flugprofile bestehen in der Regel aus neuartigen, speziell entwickelten Missionselementen und haben somit Prototypen-Charakter. Langeweile oder Routine kommt hier selbst nach Jahren nicht auf!

Wo und wie können die Ergebnisse deiner Arbeit eingesetzt werden?
Ingmar: Die Ergebnisse meiner Arbeit sind die Erkenntnisse und Daten aus unseren Mess- und Erprobungsflügen, welche wir gemeinsam mit den wissenschaftlichen Nutzerinnen und Nutzern erfliegen. Sie werden dazu genutzt, das Fliegen selbst mittels technologischer Innovationen effizienter, sicherer und umweltfreundlicher zu machen und um unsere Umwelt besser zu verstehen. Dies geschieht mittels Erdbeobachtung, Fernerkundung und vor allem durch die Erforschung der Atmosphäre in all ihren Bereichen und komplexen Zusammenhängen.
Dabei sind Flugzeuge als Messplattformen nach wie vor unerlässlich, müssen aber dafür sehr aufwändig ausgerüstet und charakterisiert werden. Spezialistinnen und Spezialisten aus meinem Team haben hierfür eigene hochgenaue Sensoren entwickelt, deren Daten einen essenziellen Beitrag für aktuelle Klimamodelle liefern. Als Forschungspilot ist man z.B. bei der In-flight-Kalibrierung dieser Instrumente direkt an diesem Prozess beteiligt.
„Die Flugprofile bestehen in der Regel aus neuartigen, speziell entwickelten Missionselementen und haben somit Prototypen-Charakter. Langeweile oder Routine kommt hier selbst nach Jahren nicht auf!“
Was sind die Höhepunkte deiner Arbeit?
Ingmar: Da der wissenschaftliche Testflugbetrieb ein gewisses Risiko und immer wieder neue Herausforderungen für die Crews mit sich bringt, ist das Erfolgserlebnis bei sicherem Abschluss eines Testprogramms umso intensiver und man spürt, wie die Anspannung beim gemeinsamen Debriefing dem tollen Gefühl einer erfolgreich erbrachten Teamleistung Platz macht.
Höhepunkte sind für mich, wenn die Ergebnisse unserer Messkampagnen zu neuen und teils auch überraschenden Erkenntnissen führen und damit die Forschung ganz konkret nach vorne bringen. Als Pilot mit technisch-wissenschaftlichem Hintergrund bekommt man das oft aus erster Hand noch während eines laufenden Projektes mit.
Die hohe Bandbreite an Forschungsthemen ist neben der an sich schon spannenden fliegerischen Tätigkeit ein besonderes Highlight. Für die meisten Mitglieder meines Teams stellen außerdem die Kampagnen an oftmals exotischen Standorten von den Tropen bis in die Polarregionen immer wieder Höhepunkte ihrer Arbeit dar.

Welche Spezialfähigkeit kannst du hier gut einsetzen?
Ingmar: Mit meinen beiden Rollen, als Führungskraft und Testpilot, ist ein hohes Maß an Verantwortung verbunden. Dies gilt in erster Linie für die Sicherheit meiner Mitarbeitenden und Crew-Mitglieder, aber auch für organisatorische und wirtschaftliche sowie rechtliche Aspekte. Das erfordert die Fähigkeit, schnell und sicher Entscheidungen zu treffen und in schwierigen Situationen die angemessenen Kompromisse zu finden. Dabei kommt mir meine Fähigkeit zu Hilfe, die erforderlichen Personen teamorientiert einzubinden und alle verfügbaren Ressourcen sinnvoll zu nutzen.
Fachlich profitiere ich von meiner fundierten Ausbildung (u.a. an einer professionellen Testpilotenschule). Im DLR hat jede Pilotin und jeder Pilot die Möglichkeit, neben einem kontinuierlichen Fortbildungsprogramm bei entsprechender Eignung eine solche anspruchsvolle und intensive Ausbildung zum Testpilot oder zur Testpilotin zu absolvieren.
Was ich noch sagen möchte:
Ingmar: Wer einen 08/15-Job in der Fliegerei sucht, ist im DLR am falschen Platz. Die Ansprüche an die tägliche Arbeit im Forschungsflugbetrieb sind hoch, aber dafür ist sie abwechslungsreich und eröffnet die Möglichkeit, an Themen zu arbeiten, bei denen das DLR eine weltweite Führungsrolle einnimmt. Dabei werden Bereiche erforscht und erflogen, für die es bisher keine gesicherten Erkenntnisse gibt oder wo gar noch weiße Flecken auf der Karte z.B. bestimmter meteorologischer Verhältnisse in entlegenen Gegenden existieren. Wer dafür das heimische Büro gerne mal für ein paar Wochen gegen einen interessanten Einsatzort an verschiedenen Ecken der Welt eintauscht, der findet im Forschungsflugbetrieb des DLR einen weltweit einzigartigen Arbeitsplatz. Spannung und Abenteuer sind inklusive!