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„Wir sind nicht nur einmal, sondern zwei Mal gelandet“

Ein entenförmiger Komet, der mit einem Lander vor Ort erkundet wurde - Rosetta ist die wohl emotionalste Mission, die Dr. Stephan Ulamec als Projektleiter gesteuert hat.
Dr. Stephan Ulamec von der DLR-Einrichtung Raumflugbetrieb und Astronautentraining hält das Modell des Kometen Churyumov-Gerasimenko in der Hand. 2014 war er als Projektleiter für die Landung mit dem Landegerät Philae auf der Kometenoberfläche verantwortlich.

Als Stephan Ulamec diesen Satz in die Fernsehkameras sagte, hatte der Projektleiter eine wilde Achterbahn an Gefühlen hinter sich: In der Nacht war Lander Philae spektakulär auf dem Kometen Churyumov-Gerasimenko gelandet – nur um wieder abzuprallen. Und schließlich glücklicherweise wieder auf der Kometenoberfläche aufzusetzen. 20 Jahre und somit von Beginn an hatte der Geophysiker die Rosetta-Mission begleitet, bis dann am 12. November 2014 mit dem riskanten Touchdown der große Moment der ersten Landung überhaupt auf einem Kometen gekommen war. Die Kometenlandung ist nicht seine einzige Mission. Als Geschäftsfeldentwickler in der DLR-Einrichtung Raumflugbetrieb und Astronautentraining ist es außerdem seine Aufgabe, neue Kooperationen und Missionen mit nationalen und internationalen Partnern anzustoßen.

Ein Komet mit Überraschungen

Auf seinem Schreibtisch türmen sich ausgedruckte Emails, Einladungen, wissenschaftliche Veröffentlichungen und Notizen. An der Wand: Eine kleine Weltkarte, in der mit unzähligen Stecknadeln markiert ist, wo Stephan Ulamec bereits hingereist ist. Zwei kleine Modelle des Kometen Churyumov-Gerasimenko sitzen als Briefbeschwerer auf den Unterlagen. Damals, als die Rosetta-Sonde mit Philae an Bord den Zielkometen nach einer Flugzeit von zehn Jahren erreichte, hielt dieser eine Überraschung bereit: Im Weltall fotografierte die Kamera an Bord der Sonde einen Himmelskörper, der aus zwei miteinander verbundenen Teilen bestand. Geformt wie eine Ente mit Kopf und Körper. Die Oberfläche: zerklüftet. Die ebenen Flächen für eine gute Landung: dünn gesät. „Die größte Gefahr war damals, dass der Lander nach dem Aufsetzen umkippt.“ Dann wäre die Mission – über lange Jahre geplant – so gut wie gescheitert gewesen. Wer in der Raumfahrt forscht und arbeitet, muss nicht nur einen langen Atem haben, sondern weiß auch immer: Das, was er oder sie sorgfältig plant und testet, kann unter Umständen ganz anders ablaufen, weil nichts von diesen Projekten und Missionen Routine ist.

Die Entstehung des Sonnensystems verstehen

Gespanntes Warten auf das Signal für eine erfolgreiche Landung
Stephan Ulamec (l.) verfolgt im Kontrollraum die Landung von Philae auf dem Kometen Churyumov-Gerasimenko.
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ESA

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Schon während seines Studiums und seiner Promotion in Graz beschäftigte sich der Österreicher mit dem Weltall und den Himmelskörpern unseres Sonnensystems. 1994 kam er an das Microgravity User Support Center (MUSC), das Nutzerzentrum für Weltraumexperimente des DLR – zunächst als Systemingenieur, später dann als Projektleiter für den Lander Philae. Das Ziel der Mission: nichts Geringeres als durch die Untersuchung eines Kometen darauf schließen zu können, wie das Sonnensystem sich entwickelt hat und wie das Leben auf der Erde entstehen konnte. Internationale Partner, Wissenschaftler/innen mit dem Ziel, möglichst einzigartige Daten zu gewinnen, Ingenieur/innen, die die das technisch Machbare als Limit setzten – sie alle musste Stephan Ulamec als Projektleiter unter einen Hut bekommen. Die Voraussetzungen dafür: Diplomatie, Durchsetzungsvermögen und die Motivation, gemeinsam das bisher noch nie Durchgeführte erfolgreich durchzuführen. Im Kontrollraum war er dann die letzte Entscheidungsinstanz, ob Philae zur Landung ansetzen soll oder nicht. „Eine sehr intensive Zeit“, blickt er heute auf die Mission zurück, die er von Beginn bis zum Ende mitgestaltete.

Missionen zu Asteroiden, Kometen und Monden

Ein Rover für den Marsmond Phobos
Stephan Ulamec ist einer von zwei wissenschaftlichen Leitern des Rovers IDEFIX, der voraussichtlich 2026 zum Mars starten wird.

In der nicht so intensiven Zeit, beispielsweise als Philae über Jahre hinweg zu seinem Ziel flog, bereitete und führte der heute 58-Jährige anderen Kooperationen und Missionen vor. 2018 landete der Lander MASCOT auf dem Asteroiden Ryugu. Ulamec war als Nutzlastmanager in dieser japanischen Hayabusa2-Mission aktiv. Voraussichtlich 2026 startet der deutsch-französische Rover IDEFIX mit der japanischen Mission MMX (Martian Moons eXploration) zum Marsmond Phobos, wird dort etwa zwei Jahre später abgesetzt und sammelt dann mit mehreren Instrumenten Daten zur Oberfläche des Marsmondes. Stephan Ulamec ist dabei einer von zwei wissenschaftlichen Leitern des Rovers. Bei der Mission Hera, die noch in diesem Jahr starten soll, sitzt er im Science Management Board – die Mission soll den Asteroiden Didymos und seinen Mond Dimorphos erforschen.

Die Mission mit Philae bleibt einmalig.

Dr. Stephan Ulamec, Geschäftsfeldentwickler im das Microgravity User Support Center (MUSC), dem Nutzerzentrum für Weltraumexperimente des DLR

Ein Asteroid namens Ulamec

Die Leidenschaft für die Exploration von Kleinkörpern hat ihm einen „eigenen“ eingebracht: 2017 benannte die International Astronomical Union einen Asteroiden nach Stephan Ulamec. Wie „sein“ Asteroid aussieht? So genau weiß man es nicht. (11818) Ulamec hat einen Durchmesser von ungefähr neun Kilometer und kreist in über 400 Millionen Kilometern Entfernung um die Sonne. Die Himmelskörper, auf die sich Stephan Ulamec spezialisiert hat, sind nun einmal weit entfernt von der Erde und kaum untersucht.

Das Weltall und die Himmelskörper unseres Sonnensystems sind die Forschungsobjekte von Dr. Stephan Ulamec.
Wie hat sich das Sonnensystem entwickelt und wie entstand das Leben auf der Erde? Seit seinem Studium beschäftigt sich der Geophysiker mit diesen Fragen.

Komet Churyumov-Gerasimenko war damals, bei der Landung, etwa 500 Millionen Kilometer von der Erde entfernt. Trotz des Hüpfers von Philae gelang es den Ingenieur/innen und Wissenschaftler/innen, alle zehn Instrumente auf dem Lander mindestens einmal zu aktivieren. Es war eine Mission der vielen Premieren: Erstmals setzte ein von Menschen geschaffenes Objekt kontrolliert auf einem Kometen auf, erstmals konnte eine Kamera die Oberfläche eines Kometen vor Ort aufnehmen. Und erstmals wurden mit dem Massenspektrometer COSAC, an dem Stephan Ulamec auch wissenschaftlich beteiligt war, Staubteilchen unmittelbar von der Oberfläche eines Kometen analysiert. Nach etwa 64 Stunden waren die Batterien dann erschöpft und Philae ging in den Winterschlaf über. Im Sommer 2015 – nach einem guten halben Jahr – meldete er sich wieder bei seinem Bodenteam und schickte Daten. Eine erneute Kommandierung funktionierte allerdings nicht mehr – vermutlich hatten die Empfänger an Bord von Philae den kalten Winterschlaf nicht unbeschadet überstanden. Und auch wenn Stephan Ulamec an vielen Missionen beteiligt ist oder auch noch beteiligt sein wird: „Die Mission mit Philae bleibt einmalig.“

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