Seit 2018 ist Marie-Theres Hahn wissenschaftliche Mitarbeiterin am DLR-Institut für Kommunikation und Navigation. Als Systems Engineer und Projektleiterin arbeitet sie im Labor an optischen Kommunikationsterminals, die beispielsweise Daten zwischen Satelliten übertragen. Ihre zweite große Aufgabe: die Einrichtung eines Reinraums am Institut, in dem Anwendungen für den Weltraum getestet und vorbereitet werden können. Im Interview erzählt die 31-Jährige, wie sie die beiden Aufgaben unter einen Hut bekommt und was zu ihren Aufgaben gehört.
Das Interview führte Manuela Braun.
Du forschst an Kommunikationsterminals für optische Satellitenlinks – für welche Anwendungen werden diese Kommunikationsterminals eingesetzt und fliegt bereits etwas, an dem Du mitgearbeitet hast, im Weltall?
Unsere Terminals werden für die Kommunikation eingesetzt, also entweder um Daten von Satelliten zum Boden oder zu einem anderen Satelliten zu übertragen oder auch vom Flugzeug aus zu einer Empfangsstation. Wir arbeiten inzwischen ebenfalls viel im Bereich der Quantenkommunikation, also der Quantenschlüsselverteilung. Das Institut hat bereits einige Terminals im Einsatz, die Projekte, an denen ich derzeit arbeite, werden sehr wahrscheinlich im kommenden Jahr auf Satelliten umgesetzt.
Das wird sicherlich ein emotionaler Moment sein?
Auf jeden Fall. Was ich von den Kollegen gehört habe, die das schon einmal erlebt haben, ist das ein sehr emotionaler Moment. Der wird gefolgt von weiteren, wenn das Terminal anschließend auch bei Anwendungen im Orbit funktioniert. Das ist ja das Ziel unserer Arbeit, die wir am Boden vorher leisten müssen: Das wir sehr sicher sein können, dass die Hardware, die wir entwickelt und gebaut haben, auch im Orbit funktioniert. Alle diese Eventualitäten und Risiken vorher zu testen, zu diskutieren und am Ende ein funktionierendes Terminal in den Orbit schicken zu können.
Man kann auch mal etwas selber zusammenbauen.
Du hast Luft- und Raumfahrttechnik im Bereich Maschinenbau studiert. Woher kommt das Interesse für die Ingenieurswissenschaften und die Luft- und Raumfahrt?
Schon in der Schule war ich begeistert von MINT-Fächern, habe aber relativ schnell festgestellt, dass eine einzige Fachrichtung, also Physik oder Mathematik zum Beispiel, zu wenig anwendungsorientiert für mich ist. Ich bin nach der Schule bei den Ingenieurswissenschaften im Bereich Maschinenbau gelandet. Das ist sehr anwendungsorientiert, man kann auch mal etwas selber machen, kann etwas zusammenbauen. Luft- und Raumfahrt hat mich dann von der Thematik her begeistert.
Ein Teil Deiner Arbeit spielt sich im Labor ab – wie sieht ein Arbeitstag dort aus?
Das ist durchaus sehr unterschiedlich, ist aber tatsächlich sehr von handwerklicher Arbeit geprägt. Wir bekommen unsere Systeme erst einmal als Einzelteile und müssen diese integrieren - ganz klassisch mit Schraubenzieher, mit Klebepunkten und verschiedenen Methoden des Zusammenbaus. Dann geht es weiter mit Tests der ganzen Hardware. Also: Funktioniert das? Elektrische Tests, bei denen ich durchaus unterstütze, aber primär Unterstützung von den Kollegen aus den Fachrichtungen bekomme. Optische Tests, ob das Lichtsignal so aus dem System herauskommt bzw. Signale so hereingehen, dass man sie empfangen kann.
Das Team, in dem Du arbeitest, ist fachlich also sehr interdisziplinär. Was bedeutet das für die tägliche Arbeit?
Wir haben Mitarbeitende aus vielen, vielen Fachrichtungen: Zum Beispiel aus dem Maschinenbau, der Software- und Elektronikentwicklung und der Optik. Beim Aufbau der Hardware und bei den Tests arbeiten wir sehr interdisziplinär. Das bedeutet natürlich, dass wir viele Schnittstellen haben – unsere Teamarbeit beruht auf einem sehr guten Austausch, wir kommunizieren viel miteinander, wir diskutieren, wir lösen Problemstellungen gemeinsam am Objekt und haben dort eine sehr hohe Erfolgsquote.
Zur Forschung gehören auch immer die entsprechenden Rahmenbedingungen, um die besten Ergebnisse zu erzielen. Zum Beispiel die Labore und Reinräume. Du bist auch Projektleiterin für den Aufbau eines Reinraums am Institut. Wie rein muss ein Reinraum denn sein und was musst du bei dieser Aufgabe berücksichtigen?
Vereinfacht gesagt: Je nach Reinheitsklasse hat man weniger Staubpartikel in der Luft. Und wir benötigen für die Raumfahrtprojekte sehr reine Reinräume, das bedeutet aber, dass man auch ein entsprechendes Hygienekonzept braucht, weil die Mitarbeitenden natürlich die größte Quelle für Partikel sind. Da wir mit Optiken arbeiten, also beispielsweise Linsen, durch die wir mit unseren Lasermodulen Licht durchsenden, könnten Staubpartikel unsere Experimente unmöglich machen. Ein Teil meiner Arbeit ist die Abstimmung im Team und die Koordination mit unserem Facility Management im DLR. Aber auch klassische Projektleitungsaufgaben wie Zeitmanagement und Ressourcenmanagement, was Kosten und Mitarbeitende angeht, gehören dazu.
Einmal als Ingenieurin „hands on“, einmal administrative Arbeit. Was magst Du lieber? Und wie bekommst Du die beiden Aufgaben unter einen Hut?
Dafür braucht man schon ein gutes Zeitmanagement. Für mich ist es gut, beides zu kennen. Ich habe die Möglichkeit, in diesem eher infrastrukturseitigen Projekt vieles zu lernen und Methoden auszuprobieren. Im Labor hingegen sehe ich am Ende des Tages direkt, was ich geschafft habe - ich hatte morgens noch Einzelteile vor mir, und abends habe ich das System zusammengebaut und kann mit diesem guten Gefühl nach Hause gehen. Es ist ein guter Ausgleich zwischen meinen Rollen als Systems Engineer und Projektleitung. In unserem Institut hat man oft verschiedene Rollen. Meiner Meinung nach ist das eine gute Methode, um zu lernen und um sich auszuprobieren. Das gibt einem die Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln.
Gerade in der Raumfahrt benötigen Projekte eine lange Zeit von der ersten Idee bis zur Anwendung. Wie gehst Du damit um?
Wir arbeiten an vielen Stellen am Rande des physikalisch Möglichen, damit haben wir jeden Tag neue Herausforderungen. Man braucht eine große Portion Geduld und eine große Portion Motivation, um diese langen Zeiträume gut zu meistern und mit Elan an die Themen heranzugehen. Da kann sich viel verzögern – aus dem Projektkontext selbst heraus, aber zum Schluss hin auch dadurch, dass sich der finale Raketenstart aufgrund des Wetters verzögert. Das sind viele Kleinigkeiten, die sich aufsummieren. Viele von uns bringen aber sowieso eine gewisse Passion für die Raumfahrt mit. Was wir machen, ist faszinierend. Und am Ende wird man mit dem Moment belohnt, in dem etwas fliegt und funktioniert. Wenn dann mit einer neuen Methode ein Bild übertragen oder ein Quantenschlüssel ausgetauscht werden kann - das sind die Momente, für die man das macht.
Offene Stellen an unserem Institut für Kommunikation und Navigation findet ihr hier.