Regionalflieger wird zum Forschungslabor - Deutsche Aircraft
Auf dem ehemaligen Werksflughafen der Dornier-Werke in Oberpfaffenhofen hat sich die Deutsche Aircraft GmbH dran gemacht, nicht nur das Erbe eines großen Flugzeugbauers hochzuhalten, sondern auch die Zukunft der Luftfahrt aktiv zu gestalten. „Wir wollen Verkehrsflüge nachhaltiger machen und entwickeln aktuell unsere D328eco™, die neben klassischem fossilem Kerosin auch mit bis zu 100% Aromaten freiem synthetischem Kraftstoff fliegen kann.
Damit wird der CO2-Fußabdruck um bis zu 95% verkleinert, und die geringere Rußbildung hat noch dazu Vorteile für die Bildung von Kondensstreifen und die lokale Luftqualität“, sagt Regina Pouzolz, Director Sustainable Flight bei Deutsche Aircraft. „Als Teil der Luftfahrtindustrie sind wir verpflichtet, nachdrücklich auf das Net Zero Target hinzuarbeiten.“ Das junge Unternehmen mit den historischen Wurzeln setzt dabei auf drei Säulen:
- Markteinführung der neuen D328eco, einer Turboprop-Maschine für 40 Passagiere, die auf der Dornier 328 aufbaut
- Wartung, Pflege und Service der rund 150 weltweit noch aktiven D328
- Forschung für die Luftfahrt von morgen
Das Technologienetzwerk ist die Quintessenz
„Das nachhaltigere Fliegen ist nicht trivial“, meint Frederic Fischer, Leiter des R&T Program bei Deutsche Aircraft. „Natürlich haben wir eine Menge Ideen. Wir haben ein Ingenieurteam, mit vielen versierten und begeisterten Fachkräften aus aller Herren Länder“, fügt er hinzu. „Aber wenn man hier nicht in der Wertschöpfungskette zusammenrückt und mit Partnern zusammenarbeitet, dann werden wir das Ziel nicht erreichen.“ Deshalb kooperiert die Deutsche Aircraft im Rahmen des BMWK-geförderten Luftfahrtforschungs-Programms mit zahlreichen namhaften Zulieferern wie GE, DIEHL, IABG, mit Start-ups wie H2Fly und mit Forschungsinstituten wie dem DLR und dem Bauhaus Luftfahrt. Dadurch werden unterschiedliche Kompetenzen gebündelt, sodass sich dann aus diesem Kompetenznetzwerk die richtigen Technologien zur Reife bringen lassen.
Doch welche Technologien könnten das nun konkret sein? Welche alternativen Antriebe gibt es? Welchen Reifegrad haben sie im Einzelnen? Und welche davon könnte die Deutsche Aircraft in ihr neues Flugzeugprogramm integrieren, damit sie ihre Kunden in die Lage versetzt, möglichst CO2-neutral zu fliegen? Das sind die Kernfragen, die das Unternehmen mit der D328 Alpha beantworten will. „Das Projekt dient vor allem der Maturierung alternativer Energie- und Antriebskonzepte zur Elektrifizierung des Antriebsstrangs“, erklärt Frederic Fischer.
Elektrisierende Forschung
Dazu versuchen die Teams der Deutschen Aircraft und ihrer Projektpartner einen Tank für flüssigen Wasserstoff, ein Verteilsystem und die Brennstoffzelle im Rumpf eines fliegenden Testlabors unterzubringen. An jede der beiden Tragflächen wird dann ein Elektromotor montiert, der einen Propeller antreibt. Die beiden konventionellen Turboprop-Triebwerke bleiben ebenfalls an den Tragflächen. „Dadurch wird die Maschine im Rahmen der Zertifizierung gehalten und wir können die neuartigen Systeme in relevanten Umweltbedingungen in der Luft testen“, erklärt Frederic Fischer.
Aktuell steht die Deutsche Aircraft mitten im Projekt. Die erste Windtunnelkampagne wurde im vergangenen Jahr erfolgreich abgeschlossen. Dafür untersuchten die Teams neun Wochen lang ein D328 Alpha Modell mit angetriebenen Propellern im Windkanal. Denn wenn man an den Tragflächen eines optimal austarierten Flugzeugs zusätzliche Antriebsaggregate anbringt, würde sich das nicht nur auf das Gewicht, sondern auch auf die Aerodynamik und Flugphysik auswirken, gibt er zu bedenken. Deshalb sind die Daten, die sich aus solchen Tests gewinnen lassen, wirklich Gold wert. „Wir haben sämtliche aerodynamischen Optimierungen vornehmen können, die wir nun eins zu eins in unser fliegendes Forschungslabor implementieren werden“, sagt er. Parallel dazu haben die Teams auch am Design der Triebwerkgondeln gearbeitet – einer Eigenentwicklung der Deutschen Aircraft, welche für die Elektromotoren deutlich leichter und günstiger zu fertigen ist als für konventionelle Gasturbinen.
Die ersten Schritte sind getan
Aktuell werden die Systeme getestet – das elektrische Triebwerk bei GE in Prag und die Brennstoffzellen auf dem einzigartigen DLR-Testprüfstand BALIS. Aber warum bauen sie die neue Antriebstechnologie dann nicht gleich in ihrer D328eco ein? Das würde er tatsächlich oft gefragt, meint Frederic Fischer. Und hat auch gleich die passende Antwort parat: „Wir werden allein für die Brennstoffzelle und den Wasserstofftank das gesamte Volumen des Rumpfes brauchen“, sagt er. „In der Maschine wird dann kein Platz mehr für Passagiere sein. Wir haben lediglich drei Sitze für zwei Testpiloten und einen Flugtest-Ingenieur, um Messungen durchzuführen.“ Doch das sei erst einmal nicht ungewöhnlich für Technologien, die noch in den Kinderschuhen stecken. Erst ginge es darum, die prinzipielle Machbarkeit zu demonstrieren, dann würden Ansatzpunkte identifiziert, mit denen die Technologie sich später zu einem wirtschaftlichen Flugzeug weiterentwickeln ließe, meint Frederic Fischer.
Daneben arbeitet die Deutsche Aircraft zusammen mit dem DLR an sofort wirksamen Technologien und untersucht den Verbrennungsprozess von nachhaltigen Treibstoffen. Die CLIM0ART-Messkampagne mit der D328® UpLift-Plattform. Bei der technischen Umsetzung kooperiert das DLR mit der Deutschen Aircraft und dem Kraftstoffhersteller Sasol. Während der Messkampagne fliegt das Flugzeug D328® UpLift in Formation mit dem DLR-Forschungsflugzeug Falcon 20E. Dieses Flugzeug ist mit Sonden zur Messung von Flugzeugemissionen und zur Untersuchung der Eigenschaften von Eiskristallen in Kondensstreifen ausgestattet. Die Messkampagne ist die erste, die die Emissionen eines CS-25-Turboprop-Flugzeugs mit vollsynthetischen Treibstoffen im Flug misst. Den Untersuchungen in der Luft gingen umfangreiche Bodenmessungen des Turboprop-Flugzeugs D328® UpLift Flying Testbed mit synthetischem, aromatenfreiem Kraftstoff voraus.
Zudem gibt es zahlreiche Ideen für die konsequente Weiterentwicklung der Regionalflugzeuge: durch einen gestreckten Flügel mit reduziertem Luftwiderstand, verbesserte Flight-Controller und Eisschutzsysteme sowie auch optimierte Flugrouten, die die Deutsche Aircraft im Rahmen von LuFo untersucht.
Text: Kai Dürfeld