Das beste Signal - GNSS Monitoring
In unserer vernetzten Welt ist Satellitennavigation ein unverzichtbares Instrument unseres Alltags. Das reicht von der Suche nach dem nächstgelegenen Café bis hin zum Einsatz von Düngemitteln in der Landwirtschaft. Mehrere Länder besitzen ein eigenes globales Satellitennavigationssystem, ein sogenanntes GNSS – Global Navigation Satellite System. DLR-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler untersuchen, welche Faktoren die Leistungsfähigkeit solcher Systeme beeinflussen. Dazu haben sie Methoden entwickelt, mit deren Hilfe sich die Performance der vier weltweit verfügbaren GNSS-Systeme – Galileo (EU), GPS (USA), GLONASS (Russland) und BeiDou (China) – beobachten lässt. Analysen und Ergebnisse sind im Web für alle Interessierten zugänglich.
Jedes GNSS nutzt ein Netz von Satelliten, die die Erde auf festgelegten Bahnen umkreisen. Sie senden kontinuierlich Signale mit Informationen über ihre Position und die aktuelle Uhrzeit aus. GNSS-Empfänger, beispielsweise in professionellen geodätischen Messinstrumenten, Smartphones oder Navis im Auto, sammeln die Daten der Satelliten mit freiem Signalweg. Aus diesen Informationen sowie aus der Laufzeit der Signale berechnen sie die eigene Position sowie Geschwindigkeit und die Zeit. Um die eigene Position auf der Erde bestimmen zu können, benötigt ein Empfänger die Daten von mindestens vier Satelliten – je mehr es sind, desto stabiler und genauer wird die Positionsbestimmung.
Signal ist nicht gleich Signal
Jedes GNSS verwendet eine eigene Satellitenkonstellation, nutzt unterschiedliche Frequenzen und setzt verschiedene Algorithmen zur Signalverarbeitung ein. Folglich unterscheiden sich GPS, GLONASS, Galileo und BeiDou in Genauigkeit, Abdeckung und Robustheit. Dies kann für Endanwenderinnen und -anwender in verschiedenen Regionen und unter verschiedenen Umweltbedingungen erhebliche Auswirkungen haben. Für welche Signale sich die Multi-GNSS-Empfänger entscheiden, hängt einerseits vom Standort ab und andererseits von vielen anderen Parametern, die sich auf die Leistung von GNSS-Signalen auswirken. Die Anzahl der für einen Empfänger sichtbaren Satelliten und deren geometrische Anordnung am Himmel haben zum Beispiel einen immensen Einfluss auf die Positionsgenauigkeit. Diese Faktoren werden durch den DOP (Dilution of Precision, zu Deutsch etwa „Verringerung der Genauigkeit“) angegeben. Für den DOP ist wichtig, wie gut die Satelliten des jeweiligen GNSS über den Orbit verteilt sind und in welchem geometrischen Verhältnis zum Empfänger sie sich befinden. Hier gibt es bessere und schlechtere Konstellationen. Außerdem kann das Signal auf der Erde gehemmt werden: So leidet der Empfang in tiefen Häuserschluchten, wenn Gebäude die Signale blockieren oder die Signale von Oberflächen reflektiert werden. Auch die Erdatmosphäre kann erhebliche Signalverzögerungen und -verzerrungen verursachen. Freie Elektronen in der Ionosphäre können die Signale von GNSS-Satelliten ablenken und dadurch verzögern, wenn sie diese Schicht auf ihrem Weg zu einem Empfänger am Boden durchqueren.
Auch die Qualität der Atomuhren der einzelnen Satelliten spielt eine sehr wichtige Rolle: Da die Positionsbestimmung auf der Zeitdifferenz zwischen Senden und Empfangen der Signale basiert, ist diese von zentraler Bedeutung. Die kleinste Ungenauigkeit führt zu einem erheblichen Fehler in der berechneten Position: Ein Uhrfehler von einer Millisekunde bewirkt beispielsweise einen Unterschied von dreihundert Kilometern.
Eine Website bietet den Überblick ... und noch mehr
Fachleute aus dem Galileo Kompetenzzentrum des DLR entwickelten und betreiben in Kooperation mit Kolleginnen und Kollegen aus den DLR-Instituten für Softwaretechnologie, Kommunikation und Navigation sowie Solar-Terrestrische Physik und der Einrichtung für Raumflugbetrieb und Astronautentraining die GNSS-Performance-Monitoring-Website. Diese dient unter anderem der Analyse, Visualisierung und Auswertung der oben genannten Faktoren. Sie richtet sich an Personen aus den Bereichen Forschung und Industrie, aber auch an Interessierte aus Gesellschaft und Politik.
Die hier einlaufenden Beobachtungs- und Navigationsdaten werden in einer Langzeitdatenbank archiviert. Mit den Daten können die Fachleute Aussagen über die Signal- und Servicequalität aller globalen Navigationssysteme treffen. Außerdem erstellen sie kurz- und langfristige Analysen, ermitteln Trends und ziehen Vergleiche. Damit können die Nutzenden die Genauigkeit, Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit ihrer Position in verschiedenen Regionen, zu verschiedenen Zeiten und mit unterschiedlichen Navigationssystemen bewerten.
Obwohl die Performance jedes globalen Navigationssystems von den Betreibenden regelmäßig veröffentlicht wird, ist ein direkter Vergleich kaum möglich, denn die Parameter werden unterschiedlich berechnet. Die DLR-Plattform nutzt sowohl eine konsistente Datengrundlage als auch gleiche Berechnungsmethoden und Indikatoren. Damit lassen sich Parallelen zwischen den Systemen ziehen. Ein weiteres Ziel der Website ist es, mithilfe der analysierten Daten zur Weiterentwicklung der GNSS-Systeme beizutragen. Die öffentlichen Datenquellen und die Transparenz der Methoden sollen außerdem weitere Forschung anregen und zum Dialog motivieren. Und nicht zuletzt sollen sie dazu einladen, auf spielerischem Wege das eigene Wissen rund um die Satellitennavigation zu vertiefen.
Das Galileo Kompetenzzentrum des DLR
Es wurde 2019 in Oberpfaffenhofen gegründet und unterstützt Europa bei der Bereitstellung der bestmöglichen Navigationstechnologien für Bürgerinnen und Bürger. Daran arbeitet es gemeinsam mit den wissenschaftlichen Instituten und Einrichtungen des DLR und weiteren Forschungsorganisationen und Industrieunternehmen. Die Verwirklichung neuer Technologien und Konzepte für eine spätere mögliche Nutzung oder Vermarktung dieser durch die Industrie ist dabei eines der zentralen Anliegen. Mit seiner Expertise steht es als Ansprechpartner für Politik, Forschung, Industrie, die Europäische Kommission und die Wirtschaft zur Verfügung.