Raumfahrt

EXPERT – European experimental re-entry test-bed

Laufzeit: 2007-2012

EXPERT mir CFD-Strömungssimulation
Credit:

ESA

Das Ziel des EXPERT-Projektes ist die Validierung von aerothermodynamischen Modellen, numerischen Codes und Bodentestanlagen in einer repräsentativen Flugumgebung. Hiermit soll ein besseres Verständnis für die Prozesse der Analyse, der Tests und der Extrapolation der Ergebnisse auf reale Maßstäbe erzielt, und der Entwurfsprozess für Raumfahrzeuge verbessert werden. Das Institut für Bauweisen und Strukturtechnologie des DLR in Stuttgart wird für die EXPERT Kapsel die faserkeramische Nase herstellen.
Frühere Entwicklungen in Europa für Hermes oder auch für X-38 zeigten, dass es einen großen Bedarf an gemessenen Daten aus hypersonischen Flügen oder aus dem Wiedereintritt gibt, um die Methoden der aerothermodynamischen Auslegung solcher Fahrzeuge verifizieren zu können.

Deshalb versucht man in Europa seit Beginn der 90er Jahre durch Flugexperimente Daten zum atmosphärischen Wiedereintritt zu sammeln. Diese Informationen werden im Entwurfsprozess für Raumfahrzeuge der verschiedensten Art benötigt. Diese können wiederverwendbare Raumgleiter sein, aber auch ballistische Rückkehrkapseln oder Sonden, die zu anderen Planeten fliegen. Im Jahr 1998 wurde der Flug des Atmospärischen Re-entry Demonstrator (ARD) erfogreich durchgeführt. Neben diesem Flug wurden andere Forschungskapseln (EXPRESS, Mirka) geflogen, wobei alle diese Systeme durch sehr einfache Gestalt gekennzeichnet waren und das Thermalschutzsystem in der Hauptsache aus Ablator bestand.

Für den korrekten Entwurf von zukünftigen Raumfahrzeugen werden präzisere Daten vor allem zu den folgenden aerothermodynamischen Problemen benötigt:

  • Wirksamkeit und Aufheizung von Steuerklappen
  • Interaktion zwischen Stoß und Grenzschicht
  • Umschlag der Grenzschicht von laminarer zu turbulenter Strömung
  • Hochtemperatur- und Gaschemie-Effekte
  • Interaktion zwischen Gas und Oberfläche wie z.B. Katalyse und Oxidation

EXPERT wurde so gestaltet, dass durch die mit dem Flug gesammelten Daten gezielt diese Fragestellungen beantwortet werden können. Eine wesentliche Konsequenz aus dieser Zielsetzung ist die Forderung nach einem nicht-ablativen Thermalschutzsystem, um die Kontamination der Grenzschicht durch chemische Spezies oder feste Partikel zu vermeiden. Aus diesem Grund wurden für das TPS der Kapsel solche Materialien ausgewählt, die prinzipiell Kandidaten auch für den Einsatz auf wiederverwendbaren Raumfahrzeugen sind. Das sind einerseits C/C-SiC als faserverstärkte Keramik sowie PM1000 als hochtemperaturbeständige Nickelbasislegierung.

Die EXPERT Kapsel ist geometrisch einfach gestaltet und besteht aus einem Ellipsoiden im Nasenbereich, der über eine Klothoide an einen konischen Körper anschließt. Am konischen Körper sind 4 ebene Flächen angeschnitten, auf denen sich 4 nicht bewegliche Klappen befinden, die ebenfalls aus Faserkeramik hergestellt werden (Bild 1).

EXPERT wird auf einer russischen Volna Rakete von einem U-Boot im Pazifik aus gestartet werden und einen sub-orbitalen Flug durchführen. Die Geschwindigkeit der Kapsel wird maximal 5 km/s betragen. Die Masse der Kapsel liegt insgesamt bei ca. 400 kg. Während des Wiedereintritts werden die aerodynamischen Lasten hauptsächlich von der keramischen Nase getragen werden. Dort werden auch die größten Wärmelasten erwartet. Der maximale Wärmestrom beträgt 1,4 MW/m². Dadurch werden Temperaturen im Bereich von 2050°C im Staupunkt hervorgerufen. Eine weitere kritische Größe ist der Staudruck, der bei 1,5 bar liegt.
Der gesamte Wiederintritt dauert ca. 150 Sekunden.

In der faserkeramischen Nase sind Sensoren zur Erfassung der Umgebungsdaten während des Wiedereintritts in die Atmosphäre angebracht. Dies betrifft die Oberflächentemperatur, den Wärmestrom und den aerodynamischen Druck. Weiterhin befindet sich in der Nase ein Fenster, durch das ein Spektrometer die chemischen Vorgänge im Stoß während des Wiedereintritts erfasst. Die Sensorik wird als Nutzlast bereitgestellt von der Firma HTG (Hyperschall Technologie Göttingen) und dem Institut für Raumfahrtsysteme der Universität Stuttgart.

Kontakt

Thomas Reimer

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Bauweisen und Strukturtechnologie
Pfaffenwaldring 38-40, 70569 Stuttgart