Resilienz maritimer Infrastrukturen

Seekanal des Hafens Rostock
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Maritime Infrastrukturen sind kritische Infrastrukturen, weil sie eine essenzielle Rolle für die Versorgung der Gesellschaft, für das Funktionieren der Wirtschaft, für die Mobilität als auch für die Gewinnung von erneuerbaren Energie spielen. Aus diesem Grund fokussiert das Institut seine Forschungs- und Entwicklungsarbeiten auf die Verbesserung der Resilienz von maritimen Infrastrukturen unter Einbeziehung der verschiedensten Sicherheits- und Schutzaspekte.

„Resilience is the ability of a system, community or society exposed to hazards to resist, absorb, accommodate to and recover from the effects of a hazard in a timely and efficient manner, including through the preservation and restoration of its essential basic structures and functions.”
United Nations Office for Disaster Risk Reduction

Unter Sicherheit wird oftmals der Zustand der Gefahrlosigkeit verstanden (Safety). Wenn ein operationelles System in einem sicheren Zustand ist, können Gefährdungen von Menschenleben, der Verlust an Gütern und auch Beeinträchtigungen der Umwelt nahezu ausgeschlossen werden. Wird das System selbst vor Missbrauch, Manipulation, Zerstörung und anderen kriminellen wie auch terroristischen Gefahren geschützt, so wird die Gewährleistung von Angriffssicherheit selbst zum Ziel (Security). Betriebssicherheit (Safety) lässt sich nur dann erreichen, wenn relevante Störquellen – natürliche wie künstliche, interne wie externe – erkannt, berücksichtigt und abgewehrt oder hinsichtlich ihrer Einflüsse begrenzt werden können (Security). Nicht selten haben sich Schwachstellen in der Betriebssicherheit als „Einfallstore“ für externe Angriffe aller Art erwiesen.

Resilienz während des Lebenszyklus eines Systems
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Definitionen von Resilienz sind in den verschiedensten Fachbereichen entstanden. Sie unterscheiden sich in ihrem Fokus wie auch in den damit assoziierten Zielen, die sowohl technischer, ökonomischer, ökologischer als auch gesellschaftlicher Natur sein können. In technisch orientierten Bereichen wird Resilienz oftmals als die Fähigkeit technologischer Systeme interpretiert, auch dann zu funktionieren, wenn interne und externe Störungen zum Ausfall von Teilsystemen führen. Typische Lösungsansätze sind Systemlayouts mit redundanten Komponenten sowie die Bereitstellung von Backup-Funktionalitäten, die letztlich dafür sorgen, dass eine nominale Widerstandsfähigkeit gegenüber internen und externen Störungen erreicht wird. In soziotechnischen Systemen werden eher die Aspekte des Gefahrenmanagements, der Schadensminimierung sowie der Wiederherstellung von Funktionalität und Performanz in den Mittelpunkt gerückt.

Durch ihre Kritikalität kann die Resilienz maritimer Infrastrukturen nicht losgelöst von den verschiedensten Sicherheits- und Schutzaspekten betrachtet werden. Die nominale Widerstandsfähigkeit ist ein Designkriterium und bestimmt den Bedarf an proaktiven und reaktiven Sicherungs- und Schutzmaßnahmen im technologischen und soziotechnischen Bereich, um letztlich ein Funktionieren mit der gewünschten Performanz unter heutigen Bedingungen zu erreichen. Resilienz ist aber auch eine täglich neu zu bewältigende Herausforderung, die operationell  im gesamten Lebenszyklus einer maritimen Infrastruktur zu gewährleisten ist. Dafür ist ein agiles Sicherheitsmanagement erforderlich, dass technologisch als auch soziotechnisch in den maritimen Infrastrukturen vorzusehen ist.

Neugestaltung, aber auch Modernisierung, erfolgt immer unter der Prämisse, dass die systemspezifische Funktionalität mit der geforderten Leistungsfähigkeit gewährleistet werden soll. Technologische Grenzen, menschliche Fehler und sich ständig ändernde Gefährdungslagen sind einige der Gründe, warum es weder 100% zuverlässig arbeitende Systeme noch einen hundertprozentigen Schutz gibt. Dem Resilienz-Ansatz folgend sollen Sicherheits- und Schutzkonzepte für maritime Infrastrukturen entwickelt werden, die in der Lage sind, sich auf Änderungen im Systemverhalten wie in den Rahmenbedingungen anzupassen. Dafür sind erweiterte Systemmodelle nötig, die neben der systemspezifischen Funktionalität auch eine qualitative und quantifizierte Erfassung, Beschreibung und Überwachung verschiedenster Sicherheits- und Schutzaspekte ermöglichen. Das Bestimmen dafür geeigneter Key Performance Indicators (KPI), ihre Parametrisierung mit realen Daten sowie ihre Implementierung in die erweiterten Systemmodelle ist eine notwendige Grundlage, um Sicherheits- und Schutzmaßnahmen hinsichtlich ihrer Wirksamkeit simulativ wie experimentell bewerten und optimieren zu können. Die Nutzung dieser Modelle in Kombination mit praktikablen Mess- und Analysemethoden soll maritime Infrastrukturen zukünftig befähigen, Veränderungen mit Risikopotenzial möglichst frühzeitig und eigenständig zu erkennen (resiliente Lagebilder  in echtzeit®), um wirksame Maßnahmen zu initiieren, mit denen absehbare Gefährdungen abgewehrt und potenzielle Schäden minimiert werden können, aber auch ein effizienter Wiederaufbau in Schadensfällen ermöglicht wird.