Quelle: DLR (CC BY-NC-ND 3.0).
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Lithium-Ionen Batterien kombinieren eine hohe Energiedichte mit einer hohen Leistungsdichte bei immer niedrigeren Kosten. Deshalb sind sie das Maß der Dinge im Bereich elektrochemischer Energiespeicher. Sie gelten als Schlüsseltechnologie in einer Reihe von Anwendungsfeldern, z.B. der Elektromobilität und der Stabilisierung von Stromnetzen. Die Forschung in der Abteilung CEC richtet sich vor allem an die Entwicklung von elektrischen Autos. Aber wir modellieren auch Batterien für das elektrische Bordnetz von Satelliten, dabei arbeiten wir mit internationalen Raumfahrtorganisationen zusammen wie JAXA (Japan) und NASA (USA).
In unserer Abteilung werden Modelle für Lithium-Ionen Batterien über alle technisch relevanten Skalen, vom Molekül bis zum System, entlang des gesamten Lebenszyklus der Batterie entwickelt. Durch die Verknüpfung von theorie-basierter Modellierung, mikrostruktur-aufgelöster Simulation und datengetriebenen Algorithmen können die Prozesse in Lithium-Ionen Batterie sehr detailliert beschrieben und optimiert werden. Einen Überblick über die verwendeten Methoden finden Sie hier.
Funktionsweise
Lithium-Ionen Batterien basieren auf der reversiblen Einlagerung von Lithium Ionen in das Aktivmaterial der positiven und negativen Elektrode. Diese beiden porösen Elektroden bestehen neben dem Aktivmaterial aus weiteren Passivmaterialien, die für die mechanische Stabilität und ein elektrisches Leitnetzwerk sorgen. Aktuell werden an der positiven Elektrode (Kathode) zumeist Nickel-Mangan-Cobalt-Oxide (NMC) verwendet, welche abhängig von der Zusammensetzung hohe Energiedichten ermöglichen. An der negativen Elektrode (Anode) wird in vielen Anwendungsfällen Graphit eingesetzt. Allerdings wird intensiv an alternativen Anodenmaterialien geforscht, insbesondere an Siliziumelektroden und Elektroden aus reinem Lithium-Metall. Kathode und Anode werden von einem Separator getrennt, der einen elektrischen Kurzschluss verhindert. Das nachfolgende Video gibt einen kurzen Einblick über den Aufbau einer Lithium-Ionen Batterie, sowie aktuelle Forschungs- und Anwendungsthemen in unserer Abteilung.
Herstellung von Li-Ionen Batterien
Bei der Herstellung von Lithium-Ionen Batterien handelt es sich um einen gekoppelten Prozess, dessen einzelne Schritte über komplexe Zusammenhänge die Kosten und Leistungseigenschaften der Zelle beeinflussen. Die Zusammenhänge im Produktionsprozess und dessen Optimierung werden auf nationaler Ebene vom Kompetenz-Cluster ProZell für die Batteriezellproduktion untersucht. Unsere Abteilung beschäftigt sich im Rahmen dieses Clusters mit der Evaluation und Optimierung von neuartigen Strukturierungskonzepten für Elektroden. Dabei erlauben unsere detaillierten mikrostruktur-aufgelösten Simulationen einen tiefen Einblick in den Einfluss der Elektrodenstruktur auf die Leistungseigenschaften der Batteriezelle. Auf dieser Basis können so Zielgrößen für den Herstellungsprozess definiert werden.
Ein wichtiger Aspekt aktueller Forschungsarbeiten ist es, die Erkenntnisse in eine digitale Abbildung des Produktionsprozesses zu übertragen um damit in-silico einen digitalen Zwilling der Batteriezelle zu generieren. Auf diese Weise können Änderungen und Verbesserungen am Produktionsprozess, sowie deren Auswirkung auf die Eigenschaften der Zelle effizienter und kostengünstiger untersucht werden. Im Rahmen des EU Projektes DEFACTO werden in diesem Bestreben unserer Abteilung Modelle für den Befüllprozess der Zellen mit flüssigem Elektrolyten entwickelt. In einem multi-skalen Ansatz wird das Vernetzungsverhalten der porösen Batteriematerialien beschrieben und untersucht. Dabei werden von CEC Modelle auf Basis der Lattice-Boltzmann Methode entwickelt. Diese erlauben es die Flüssigkeitsverteilung im Porenraum der auf Elektroden- und Zellebene zu untersuchen.
Elektrochemische Simulation von Li-Ionen Batterien
Die Leistung einer Li-Ionen Batterie wird bestimmt durch das komplexe Zusammenspiel von Reaktion und Transport an der Oberfläche bzw. im Porenraum der Elektrode. Deshalb setzen wir theoriebasierte Modelle der Nichtgleichgewichtsthermodynamik ein und beschreiben Prozesse an elektrochemischen Grenzschichten und im Aktivmaterial. Auf dieser Ebene wird auch die Lebensdauer der Batterie bestimmt. Aber nicht nur die mikroskopischen Materialeigenschaften, sondern auch die makroskopische Elektrodenstruktur beeinflussen die Zellperformanz. Bei CEC werden strukturaufgelöste Simulationsmethoden entwickelt, welche es erlauben, den Einfluss der Elektrodenstruktur bestehend aus Aktivmaterial, Leitruß und Binder sehr detailliert zu beschreiben. Die Aktivitäten fließen ein in die Entwicklung der Software BEST welche von CEC in Kooperation mit dem Fraunhofer Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik (ITWM) entwickelt wird.
Unsere Modelle und Simulationen sind eng verknüpft mit den experimentellen Aktivitäten bei DLR, HIU und unserer Projektpartner. Die enge Verzahnung der Forschungsarbeiten ermöglicht eine systematische Optimierung der Batterie- und Elektrodenarchitektur basierend auf einem virtuellen Elektrodendesign. Darüber hinaus werden von CEC datenbasierte Ansätze entwickelt, welche sowohl die Parametrierung der Modelle („Künstliche Intelligenz“) als auch die Auswertung der umfangreichen Simulationsdaten („Data-Mining“) weiter verbessern. Wir arbeiten deshalb auch an einer Datenbank über Messungen an kommerziellen und prototypischen Batterien. Unser Interesse ist dabei die Entwicklung einer automatisierten Datenanalyse mit unseren physik-basierten Modellen. So kann die umfangreiche vorhandene Datenbasis deutscher Unternehmen und Forschungsinstitute zusammengeführt werden.
In Kooperation mit seinen Partnern verfolgt die Abteilung CEC eine Strategie, die als virtuelles Elektrodendesign zusammengefasst werden kann. Die Grundlage für die strukturaufgelösten elektrochemischen Simulationen von CEC bilden Mikrostrukturen der Elektroden, die über Tomographieaufnahmen oder durch virtuelle Strukturgeneratoren erzeugt werden können. Ziel des Ansatzes ist es dabei die strukturellen, physikalischen und chemischen Eigenschaften der Aktivmaterialien und Passivmaterialien in einem immer stärker zunehmenden Detailierungsgrad zu berücksichtigen und die dazu notwendigen Methoden weiterzuentwickeln. Darüber hinaus werden von CEC im Rahmen der Graduiertenschule SiMET neue Simulationsansätze für Li-Ionen Batterien entwickelt.
Die Modelle und Simulationen werden so aufgesetzt, dass elektrochemische Charakterisierungsverfahren, wie Ratentests oder die elektrochemische Impedanzspektroskopie simuliert werden können. Dadurch ist ein direkter Abgleich mit experimentellen Ergebnissen möglich. Durch die Auswertung der Simulationen und das virtuelle Design der Elektroden werden der Community damit effiziente Werkzeuge zur Optimierung der Leistung von Li-Ionen Batterien zur Verfügung gestellt.
Degradations- und Alterungsmechanismen
Neben der Leistung ist die Lebensdauer eine weitere maßgebliche Eigenschaft der Batterie. Die Lebensdauer der Batterie wird durch eine Vielzahl unterschiedlicher mechanischer und chemischer Prozesse beeinflusst.
Der wesentliche Grund für den kontinuierlichen Kapazitätsverlust von Lithiumbatterien ist die Bildung der sogenannten SEI (solid electrolyte interphase). Die SEI ist eine Schicht auf der negativen Elektrode, die sich bei Kontakt mit dem Elektrolyten bildet und die weitere Elektrolytzersetzung unterdrückt. Allerdings ist dieser Schutz nicht perfekt und die SEI wächst kontinuierlich weiter. Dabei wird Lithium verbraucht und die Batteriekapazität sinkt. Unsere Modelle adressieren, welche universellen Strukturen sich bilden und was das SEI-Wachstum verursacht. Neben dem direkten Einfluss der Elektrochemie gibt es dabei noch einen indirekten, mechanischen Einfluss durch die Ausdehnung des Aktivmaterials.
Diese Ausdehnung des Aktivmaterials entsteht durch die Einlagerung von Lithium. Dies erzeugt Spannungen innerhalb der Partikel, sowie auf Elektroden- und Zellebene. Es kann zum Bruch einzelner Partikel bzw. zum Verlust des elektrischen Kontakts von Teilen der Elektrode führen. Auch so geht Batteriekapazität verloren.
Zu den wichtigsten Degradationsmechanismen zählt auch die Abscheidung von metallischem Lithium auf der negativen Elektrode während des Ladevorgangs. Dieser als Lithium-Plating bezeichnete Prozess ist insbesondere bei der Entwicklung von Schnelladestrategien von großer Bedeutung. Darüber hinaus kann durch die inhomogene Abscheidung von Lithium das Wachstum von Dendriten begünstigt werden, welche zu einem starken Kapazitätsverlust und im schlimmsten Fall zum Kurzschluss der Zelle führen. Lithium Plating und SEI können nicht unabhängig voneinander betrachtet werden. Daher entwickeln wir gekoppelte Modelle welche den Einfluss der SEI auf Lithium-Plating berücksichtigen.
Außerdem untersuchen wir in unserer Abteilung die Auswirkung der Mikrostruktur auf das Auftreten von Lithium Plating. Unsere Simulationen erlauben es die Menge an abgeschiedenem Lithium in einer realen Mikrostruktur zu verfolgen, Indikatoren für Lithium Plating aus dem elektrochemischen Verhalten zu identifizieren und Gegenmaßnahmen durch Modifikationen der Mikrostruktur abzuleiten.
Die Alterung von Li-Ionen Batterien ist nicht nur bei bodennahen Anwendungen relevant, sondern auch in der Raumfahrt von großer Bedeutung. Dies ist beispielsweise für die Fernüberwachung und Zustandsdiagnose im Bereich der Raumfahrt von großem Interesse. Insbesondere ist es das Ziel den ‚SoH‘ (state-of-health) abschätzen zu können und damit frühzeitig kritische Betriebszustände zu erkennen. Ein Austausch der Batterien in einem Satelliten ist nicht möglich, weshalb eine möglichst genaue Vorhersage der Alterung essentiell für die richtige Planung und Operation der Mission ist.
Alternative Anodenkonzepte
Um die Leistungsfähigkeit von Lithiumionenbatterien zu verbessern, wird eine Reihe von alternativen Zellkomponenten erforscht. So kann Silizium als Anodenmaterial die Lithium-Speicherkapazität der Batterie deutlich erhöhen. Allerdings treten bei der Lithiierung von Silizium hohe (mechanische) Spannungen auf, die zu volumetrischen Veränderungen der Anodenstruktur und ständiger Neubildung der SEI (Solid Electrolyte Interface) führen. Die Beschreibung der SEI auf Elektroden mit starker Volumenausdehnung, insbesondere Silizium ist daher ein weiterer Aspekt, welcher ebenfalls im Rahmen der Graduierten-Schule SiMET erforscht wird.
Zudem ist ein verbessertes Verständnis der Auswirkung der SEI auf die Lithium-Abscheidung entscheidend für die Kommerzialisierung stabiler Li-Metall Elektroden, welche den nächsten Sprung in der Energiedichte von Lithium-Batterien ermöglichen würden. So konnten wir zeigen, dass die relativ starre SEI die Bildung von totem Lithium begünstigt (siehe Bild). In einer Kooperation zwischen dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und dem US Department of Energy (DOE) wird an der Entstehung und Vermeidung inhomogener Lithiumstrukturen geforscht.