15. Oktober 2024

Nachhaltige Transformationspfade für das Energiesystem

Die Autorinnen und Autoren der Studie „Die Energiewende integrativ denken“ haben in ihren Analysen sowohl technische als auch soziale Aspekte berücksichtigt.
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Mediengestaltung, CSE-MEP/KIT

  • Die neue Helmholtz-Studie entwirft integrative Szenarien, die Politik, Wirtschaft und Gesellschaft als verbesserte Entscheidungsgrundlage dienen sollen.
  • Neben technischen und ökonomischen Aspekten bildet der integrative Ansatz auch ökologische, institutionelle, organisatorische und soziale Aspekte sowie deren gegenseitige Wechselwirkungen ab.
  • Erstellt wurde die Studie von Forschenden des Instituts für Vernetzte Energiesysteme, des Karlsruher Instituts für Technologie und des Forschungszentrums Jülich.
  • Schwerpunkte: Energie, Szenarien, Systemanalyse

Politik, Wirtschaft und Gesellschaft orientieren sich bei der Gestaltung der Energiewende in weiten Teilen an Analysen von möglichen Entwicklungspfaden. Weil sich diese Energieszenarien bislang jedoch vor allem auf das technisch Machbare und das ökonomisch Sinnvolle fokussierten, haben Forschende des Instituts für Vernetzte Energiesysteme gemeinsam mit dem Karlsruher Institut für Technologie und dem Forschungszentrum Jülich einen integrativen Szenarioansatz entwickelt, der auch ökologische, institutionelle, organisatorische und soziale Aspekte sowie deren gegenseitige Wechselwirkungen berücksichtigt. Die dazugehörige Studie ist jetzt unter dem Titel „Die Energiewende integrativ denken“ als Policy Brief im Rahmen des Forschungsprogramms „Energy System Design“ der Helmholtz Gemeinschaft veröffentlicht worden.

Vorrangiges Ziel der Studie ist die Verbesserung der Entscheidungsgrundlagen für den nachhaltigen Umbau des Energiesystems bis zum Jahr 2045. Hier bildet der integrative Szenarioansatz die Komplexität der Herausforderungen besser ab, als viele derzeit diskutierte Szenarien. So wird etwa davon abgeraten, bei künftigen Energieszenarien nur eine einzige Entwicklung der Bevölkerung und der Wirtschaft zugrunde zu legen. Diese seien schwer vorhersehbar, weil globale Ereignisse wie Konflikte oder die Entwicklung der EU die Bevölkerungsentwicklung ebenso beeinflussen wie die Weltmärkte die deutsche Wirtschaft. Je nach Szenario hat dies erheblichen Einfluss auf den zu prognostizierenden Energiebedarf. Daher plädieren die forschenden dafür, in Szenarienstudien immer von einer realistischen Bandbreite der Bevölkerungs- und Wirtschaftsentwicklung auszugehen.  

Einig sind sich die Autorinnen und Autoren der Studie, dass Strombedarf bis zum Jahr 2045 von derzeit rund 600 Terawattstunden auf 1100 bis 1300 Terawattstunden jährlich steigen wird. „Deshalb sollte die Elektrifizierung von Produktions- und Transportprozessen im Zentrum künftiger Strategien stehen“, betont Prof. Dr. Patrick Jochem, Abteilungsleiter Energiesystemanalyse, der maßgeblich an der Studie mitgearbeitet hat. „Wir brauchen eine räumliche und zeitliche Flexibilität im Stromsektor, voraussichtlich ergänzt durch den Einsatz von vorwiegend importiertem grünem Wasserstoff“. Für die Transformation des Wärmesektors wiederum sei ein Zusammenspiel von energetischer Gebäudesanierung, Energieträgerwechsel und dem Ausbau der Strom- und Wärmenetze nötig. 

Um den steigenden Bedarf decken zu können, müsse die Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen in Deutschland viel schneller als bislang ausgebaut werden, sagt Jochem, und konkretisiert. „In unseren Szenarien sehen wir einen notwendigen Anstieg der installierten Leistung bis 2045 bei Photovoltaik auf 370 bis 435 Gigawatt, bei Windkraft an Land auf 210 bis 220 Gigawatt und bei Windkraft auf See auf 53 bis 70 Gigawatt. Das ist mehr als das Dreifache der heute installierten Leistungen.“

Mit ihren Analysen verdeutlichen die Forschenden zudem, dass ein klimafreundliches Energiesystem mit einem hohen Bedarf an Rohstoffen einhergeht, von denen viele seitens der EU als „kritisch“ eingestuft werden. Daher ist die Entwicklung geeigneter Strategien wichtig, um diesen Bedarf umweltverträglich zu decken und geopolitische Risiken zu reduzieren. Darüber hinaus weisen die Ergebnisse in Bezug auf die Wertschöpfung auf einen Anstieg im inländischen Energiesektor hin. Gesamtwirtschaftlich sei trotz des erheblichen Veränderungsprozesses jedoch mit keinem substanziell veränderten Arbeitskräftebedarf zu rechnen.  

Mehr Informationen zum Thema:

Kontakt

Heinke Meinen

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Vernetzte Energiesysteme
Institutskommunikation

Prof. Dr. Patrick Jochem

Abteilungsleiter
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Vernetzte Energiesysteme
Energiesystemanalyse