"Flexibilisierung des Energiesystems ist zentrale Herausforderung der Energiewende"
- Die internationale Konferenz „Energy Systems Stability 2040 and beyond“ fand am 15./16. Juni 2023 am Hanse-Wissenschaftskolleg in Delmenhorst statt.
- Auf der abschließenden Podiumsdiskussion hat Institutsdirektor Prof. Dr. Carsten Agert die Flexibilisierung des Energiesystems als zentrale Herausforderung der Energiewende hervorgehoben.
- Das Institut für Vernetzte Energiesysteme hatte die Veranstaltung, an der rund 60 Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Industrie teilnahmen, inhaltlich maßgeblich mitgestaltet.
- Schwerpunkte: Energie, Sektorenkopplung
„Wenn ein aus Sonne und Wind gespeistes Energiesystem effizient und sicher sein soll, dann müssen wir ihm Flexibilität verleihen. Die finden wir in Wasserstoffspeichern und Batterien sowie in der Flexibilisierung der Nachfrage.“ Das hat Institutsdirektor Prof. Dr. Carsten Agert am Freitag, 16. Juni 2023, auf der Podiumsdiskussion zum internationalen Workshop „Energy Systems Stability 2040 and beyond“ am Hanse-Wissenschaftskolleg im niedersächsischen Delmenhorst betont. „Es ist eine zentrale Herausforderung der Energiewende, die Entwicklung dieser drei Aspekte technisch, ökonomisch und regulatorisch voranzutreiben“, sagte er. Die vom ehemaligen ZDF-Umweltexperten Volker Angres geleitete Diskussion bildete den öffentlichen Abschluss der vorangegangenen zweitägigen Fachveranstaltung, an der über 60 Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Industrie teilgenommen hatten.
Während der bisherige Verlauf der Energiewende davon geprägt war, erneuerbare Energien in ein bestehendes Energiesystem einzuspeisen, gehe es nun zunehmend darum, das System in seiner technischen und ökonomischen Natur an die veränderten Einspeisestrukturen anzupassen. Insbesondere die Flexibilisierung der Nachfrage bietet viel Potenzial für kostenneutrale Lösungen: Würde zum Beispiel das Elektroauto mit dem Stromnetz kommunizieren, könnte es in selbstgewählten Zeitfenstern dann geladen werden, wenn es die Netzkapazitäten am wenigsten belastet. Alternativ müsste fehlende Flexibilität durch größere Trafos und Wasserstoffspeicher ausgeglichen werden, was extrem teuer würde. „Es ginge also auch ohne Flexibilisierung, aber ‚elegant und günstig‘ erhalten wir nur durch Digitalisierung, Automatisierung und Flexibilisierung der Nachfrage. Und genau daran arbeiten wir.“, verdeutlichte Agert.
Was die Transformation für uns alle bedeuten dürfte: Wir werden eine ständige Optimierung der Balance von Stromangebot und Stromverbrauch benötigen – und zwar im Sekundentakt. Das erfordert jede Menge Daten durch unzählige Messpunkte und Sensoren. Hierbei werden die Aspekte Datenschutz und Datensicherheit eine große Rolle spielen. Welchen Stellenwert die Digitalisierung bei der Transformation des Energiesystems spielen wird, verdeutlichte Prof. Dr.-Ing. Johanna Myrzik, Leiterin des Instituts für Automationstechnik an der Universität Bremen. Es gehe nicht nur darum, den jetzigen Strombedarf künftig aus erneuerbaren Energien zu bedienen. Vielmehr würden auch weitere Kapazitäten zum Beispiel für die Elektromobilität und die Produktion von Wasserstoff benötigt. „Um diesen Zuwachs an elektrischen Verbrauchern zu optimieren, benötigen wir mathematische Verfahren aus der Künstlichen Intelligenz, um den Netzausbau bestmöglich zu minimieren“, erläuterte sie.
Ganz aktuelle Eindrücke vom 1. Symposium der Forschungsnetzwerke Energie, zu dem das Bundeswirtschaftsministerium fast zeitgleich zum Delmenhorster Workshop nach Berlin eingeladen hatte, schilderte Dr. Patrick Jochem. Der Abteilungsleiter Energiesystemanalyse am Institut für Vernetzte Energiesysteme nahm an beiden Veranstaltungen teil und bestätigte per Videobotschaft: „Genauso wie in Delmenhorst haben wir auch in Berlin identifiziert: Die Zeit drängt, um die Energiemärkte so zu designen, dass die bereits vorhandenen technologischen Lösungen schnellstmöglich in den Markt gebracht werden.“
Den Gedanken „nicht nur reden, sondern machen“ nahm auch Niedersachsens Minister für Umwelt, Energie und Klima, Christian Meyer, auf: „Wir haben ja die Lösungen, wir müssen sie einfach nur umsetzen. Wir haben die Chance, zu einem günstigen freien und unabhängigen Energiesystem zu kommen. Deshalb kämpfen wir dafür, dass wir so schnell wie möglich klimaneutral werden.“
Über das Hanse-Wissenschaftskolleg:
Das Hanse-Wissenschaftskolleg (HWK) ist eine gemeinnützige Stiftung der Länder Bremen und Niedersachsen sowie der Stadt Delmenhorst. Als unabhängiges Institute for Advanced Study fördert es exzellente Wissenschaft durch Fellowships für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Künstlerinnen und Künstler und Autorinnen und Autoren aus aller Welt sowie durch wissenschaftliche Veranstaltungen. Es kooperiert dazu mit den Universitäten Bremen und Oldenburg und anderen wissenschaftlichen Einrichtungen in der Nordwestregion.
Weiterführende Informationen: