Ein Lenz mit Finsternissen
Source gallica.bnf.fr/Bibliothèque nationale de France
In diesem Jahr beschert uns der Frühlingsmonat März gleich zwei Finsternisse: am 14. März 2025 eine Mondfinsternis, deren totale Phase wir hierzulande leider größtenteils „verpassen“, und rund 14 Tage später, am 29. März, eine partielle Sonnenfinsternis. Dass beide Finsternisse zeitlich nur zwei Wochen auseinanderliegen, ist den Bahnen und Bewegungen von Erde und Mond geschuldet.
Der Reigen der Finsternisse

Patrick Rocher
Bevor wir uns den beiden bevorstehenden Naturschauspielen näher widmen, wollen wir dazu kurz ein paar grundlegende Voraussetzungen in Erinnerung rufen: Eine Mondfinsternis ereignet sich, wenn der Vollmond ganz oder teilweise durch den Kern- und Halbschatten der Erde zieht. Eine Sonnenfinsternis entsteht, wenn die Sonne zentral vom Neumond ganz oder ringförmig bedeckt oder aber dezentral nur ein Teil ihrer Scheibe abdeckt wird.
Entscheidend ist, dass sich der Erdbegleiter zur Voll- oder Neumondzeit in der Nähe des auf- oder absteigenden Knotens seiner Bahn aufhält, das heißt in oder nahe bei einem der beiden Schnittpunkte von Mond- und Erdbahnebene steht, die gegeneinander geneigt sind. Diese Neigung zwischen den Bahnebenen ist die Ursache dafür, dass nicht bei jedem Neu- oder Vollmond eine Sonnen- beziehungsweise eine Mondfinsternis stattfindet, sondern etwa nur jedes halbe Jahr.
Bereits im zweiten bis ersten Jahrtausend vor Christus war den Kulturen des Zweistromlandes bekannt, dass sich Finsternisse ähnlicher Art nach 6.585 Tagen und einem Drittel Tag wiederholen – eine Periode, die der englische Astronom Edmond Halley (1656 bis 1742) viel später im Jahre 1686 in einer Schrift als Saros bezeichnete. Und mit mathematisch-akribischem Rechenfleiß erfasste unter anderem Johann Theodor Oppolzer (1841 bis 1886) in seinem Werk „Canon der Finsternisse“ für einen Zeitraum von mehr als 3.300 Jahren den Verlauf von 8.000 Sonnen- und 5.200 Mondfinsternissen.
Der Abstand zwischen zwei aufeinanderfolgenden Finsternissen – Sonnen- auf Mondfinsternis oder umgekehrt – beträgt 14 bis 15 Tage. Bedenkt man, dass eine Finsternis nur in einem Zeitintervall von rund 35 Tagen möglich ist, wenn sich der Mond nahe eines Bahnknotens befindet, wird klar, dass sich in dieser fünfunddreißigtägen Zeitspanne mindestens zwei, manchmal auch drei Finsternisse (zum Beispiel am dritten, 17. und 32. Tag) ereignen können, niemals aber vier. Nach knapp einem halben Jahr, wenn sich der Mond am jeweils gegenüberliegenden Bahnknoten aufhält, zeigt sich entsprechend das nächste Finsternismuster. Infolge des kürzeren Mondjahrs verfrühen sich die Finsternisperioden von Jahr zu Jahr um rund elf Tage.
Wann und wo sich der letzte Wintervollmond 2025 rötet

Eclipse Predictions by Fred Espenak, www.EclipseWise.com
Wer die Mondfinsternis am 14. März beobachten möchte, muss früh aufstehen. Bereits um 4:56 Uhr Mitteleuropäischer Zeit (MEZ) erfolgt unspektakulär und kaum wahrnehmbar der Eintritt des Mondes in den Halbschatten der Erde. Eineinviertel Stunden später, um sechs Uhr und neun Minuten, dringt der Vollmond dann nach und nach in den irdischen Kernschatten ein. Die totale Phase, in welcher der gesamte abgedunkelte Vollmond infolge der Filterwirkung der Erdatmosphäre in eine rötlich-bräunliche Färbung eingetaucht ist, beginnt um 7:26 Uhr und endet um 8:32 Uhr. Doch hierzulande geht der Mond bereits um 6:40 Uhr unter, so dass uns der Anblick der totalen Finsternisphase verborgen bleibt und wir allenfalls bei klarem, freiem Blick bis zum Horizont einen teilverfinsterten Mond untergehen sehen werden.
Je weiter wir uns jedoch westlich befinden, etwa in Schottland, Irland, Portugal oder auf den Kanarischen Inseln, desto vollständiger können wir den Verlauf der Mondfinsternis beobachten. Auf Island oder den Azoren ist die totale Phase sogar von Anfang bis Ende zu sehen. Die besten Sichtbedingungen, die gesamte Mondfinsternis zu verfolgen, sind auf dem nord- und westlichen südamerikanischen Kontinent. Von dort wird das Ereignis auch per Livestream übertragen Die nächste Mondfinsternis am 7. September 2025 wird dann für Beobachter in Deutschland wieder unter einem etwas günstigeren Stern stehen.
Die partielle Sonnenfinsternis am 29. März 2025

Eclipse Predictions by Fred Espenak, www.EclipseWise.com
Als wollte uns der Himmel ein Geschenk machen, findet just am zweiten Kalendertag des „bundesweiten Tags der Raumfahrt“ in den Mittagsstunden eine partielle Sonnenfinsternis statt. Diese Finsternis ist die 21. im solaren Saroszyklus Nr. 149, der am 21. August 1664 in der nördlichen Polarregion mit einer partiellen Finsternis begann und als ebensolche am 28. September 2926 in der Antarktis enden wird.
In diesem Zeitintervall von 1.262 Jahren ereignen sich zunächst 21 partielle, dann 17 totale Finsternisse, gefolgt von drei ringförmig-totalen und 23 ausschließlich ringförmigen Verfinsterungen. Darauf folgen abschließend weitere sieben partielle Sonnenfinsternisse. Die Finsternis am 29. März 2025 ist also die letzte partielle, bevor der Zyklus im Jahr 2043 in die Reihe der totalen Finsternisse übergeht.
Ihr Sichtbarkeitsbereich beginnt entlang einer Grenze, die sukzessive von Nordwestafrika nordöstlich bis nach Zentralrussland verläuft und nimmt von dieser Linie in nordwestlicher Richtung graduell zu. In Deutschland wächst demzufolge der Bedeckungsgrad, das heißt die vom Mond prozentual verdunkelte Fläche der Sonnenscheibe, von elf Prozent in München auf 25 Prozent auf den nord- und ostfriesischen Inseln an. In Köln und Bonn werden rund 20 Prozent erreicht, und die Sonne erreicht zur Mittagszeit hier bereits eine Höhe von mehr als 40 Bogengrad.
Exkurs: Das Augenlicht schützen!
Das bedeutet umso mehr, dass das Augenlicht bei der Beobachtung der teilverfinsterten, hochstehenden Mittagssonne unbedingt mit einer qualifizierten, geprüften Sonnenfinsternisbrille, auch bekannt als SoFi-Brille, geschützt werden muss, um schwere Augenschäden zu vermeiden. Auf keinen Fall darf man mit einer derartigen Schutzbrille die Sonne nun sorglos durch ein Fernglas oder ein Teleskop betrachten, denn für die Hitzeentwicklung am Okular sind diese Spezialbrillen in keiner Weise ausgelegt. Auch mangelt es ihnen an der nötigen Stabilität. Für die Beobachtung durch ein vergrößerndes optisches Instrument verwendet man große Schutzfolien und Filter, die fest vor dem Objektiv angebracht werden.

„Essays in astronomy“ – D. Appleton & company, 1900 (w:LCCN 00004435)
Vom Gebrauch eines Okularsonnenfilters ist auf das Dringendste abzuraten, da es von der Sonnenstrahlung erhitzt wird und unversehens platzen kann, so dass das Augenlicht dadurch irreparabel geschädigt wird. Leider trifft man solche Filter noch immer bei kleinen preiswerten Discounter-Teleskopen als Zubehör an. Ab in die Tonne damit! Eine sichere, bewährte und althergebrachte Methode jeglicher Sonnenbeobachtung, wie sie gern auf Volkssternwarten praktiziert wird, ist und bleibt die Projektion des Sonnenbilds auf eine weiße Fläche.
Das hat nebenbei den praktischen Vorteil, dass alle Anwesenden gleichzeitig das Naturschauspiel verfolgen können. Allerdings ist darauf zu achten, nicht in den Strahlengang zwischen Okular und Projektionsfläche zu geraten und Sucherfernrohre mit parallelem Strahlenweg windfest abzudecken. Auch die Kölner Volkssternwarte wird bei gutem Wetter am Finsternissamstag von 11 Uhr bis 13 Uhr geöffnet sein und den Besuchern auf dem Dach des Schillergymnasiums eine professionelle, sichere Beobachtung der partiellen Sonnenverfinsterung ermöglichen.
Die besten Sichtbedingungen dürften freilich die Isländer und Grönländer haben, vorausgesetzt, „ihr“ Himmel spielt mit. Etliche Live-Streams sind geplant und werden hoffentlich einen freien Blick auf das Naturschauspiel bieten, so dass, sollte hierzulande der Himmel mit Wolken verhangen sein, eine Gelegenheit besteht, trotzdem dabei zu sein.
Eine außergewöhnliche, seltene Finsternis
Zum Schluss wollen wir noch einen Blick auf die nachfolgende 22. Sonnenfinsternis des Saroszyklus 149 werfen, die zu den sehr seltenen dezentralen totalen Finsternissen zählt. In der Regel sind totale Sonnenfinsternisse zentral, das heißt, die Mittellinie – die Achse des Kernschattenkegels – trifft die Erdoberfläche und bewegt sich mit hoher Geschwindigkeit entlang der Zentrallinie tausende Kilometer weit über Kontinente und Meere hinweg. In sehr seltenen Fällen kommt es jedoch vor, dass die Mittellinie die Erde knapp verfehlt, diese aber dennoch von einer Seite des Kernschattenkegels gestreift wird und in ihn kurzzeitig eintaucht.

Eclipse Predictions by Fred Espenak, www.EclipseWise.com
Aus geometrischen Gründen ereignen sich solche dezentral-totalen Finsternisse nur in eng umgrenzten hohen nördlichen oder südlichen Regionen bei Sonnenauf- oder -untergang. Die letzte Finsternis dieser Art fand am 2. November 1967 im Südpolarmeer statt, die nächste wird am 1. Juni 2459 am Rande des antarktischen Enderbylands erwartet. Auf der Nordhalbkugel müssen wir uns allerdings bis in das vierte Jahrtausend hinein gedulden, bis wieder in hoher nördlicher Breite eine dezentrale totale Sonnenfinsternis in Erscheinung tritt.
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