Von innovativen Referenzzielen und analysefertigen Radardaten
Wie definiert und sichert man die Datenqualität modernster satellitengestützter Radarsatelliten? Wie können dabei Synergien zwischen den verschiedenen aktuellen und zukünftigen Radarmissionen genutzt werden? Wie stellt man die Vergleichbarkeit zwischen den Daten der Radarmissionen der vielen nationalen und internationalen Raumfahrtagenturen her? Und wie können komplexe Datensätze von Radarsatelliten so aufbereitet werden, dass sie auch von Nicht-Radarexperten genutzt werden können?
Zur Diskussion dieser und vieler weiterer Fragen aus dem Bereich der Kalibrierung (Vermessung) von Radarsatellitenmissionen traf sich eine internationale Gemeinschaft von Radarexperten vergangene Woche am DLR-Institut für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen zum jährlichen Treffen der „CEOS WGCV SAR-Untergruppe zur Kalibrierung und Validierung von hochauflösenden Radarsensoren mit synthetischer Apertur (SAR)“.
Committee on Earth Observation Satellites
Das Committee on Earth Observation Satellites (CEOS) wurde 1984 mit dem Ziel gegründet, Erdbeobachtungsmissionen zu koordinieren und zu harmonisieren sowie den Zugang zu Daten und deren Nutzung durch die Anwendergemeinschaft zu erleichtern.
Die Arbeitsgruppe zur Kalibrierung und Validierung von Radar mit synthetischer Apertur (CEOS-WGCV SAR) wurde im Jahr 1989 gegründet, um qualitativ hochwertige Radardaten von luft- und weltraumgestützten Systemen durch Präzisionskalibrierung in den Bereichen Radiometrie, Phase und Geometrie zu fördern sowie die Validierung von darauf aufbauenden weiterführenden Produkten zu ermöglichen. Die SAR-Untergruppe dient als Forum für den internationalen technischen Austausch über neu entwickelte Methoden, Techniken und Geräte im Bereich der SAR-Kalibrierung und -Validierung. Darüber hinaus legt sie Standards, Definitionen und Kalibrierungs-/Validierungsanforderungen für bildgebende Radarsysteme mit synthetischer Apertur fest und unterstützt die Harmonisierung von Anwenderprodukten und -formaten, um internationale Kooperationsprogramme im Bereich der Kalibrierung und Validierung von SAR-Systemen zu erleichtern.
Zu diesem Zweck hat die Arbeitsgruppe in den letzten 35 Jahren jährliche Konferenzen organisiert, bei denen SAR-Kalibrierungsexperten von praktisch allen großen Raumfahrtagenturen und Industriepartnern sowie in jüngster Zeit auch von Raumfahrt-Startups zusammenkamen, um die neuesten Ergebnisse, neuartige Kalibrierungskonzepte und -techniken für aktuelle und zukünftige SAR-Missionen zu diskutieren. In den letzten Jahrzehnten hat die Komplexität von SAR-Missionen stetig zugenommen, um den immer strengeren Anforderungen an die Missionen bei gleichzeitig höherer Auflösung der Aufnahmen gerecht zu werden. Zukünftige Systeme mit digitalen Strahlformungstechniken auf der Grundlage von Mehrkanalarchitekturen werden eine weitere Verbesserung und Weiterentwicklung der Kalibriermethoden und -verfahren erfordern.
Jahreskonferenz 2023 am DLR-SAR-Kalibrierzentrum
Nach 1991 und 2008 war das DLR-SAR-Kalibrierzentrum am Institut für Hochfrequenztechnik- und Radarsysteme des DLR in Oberpfaffenhofen erneut Gastgeber der Jahrestagung. Dieses Zentrum ist seit mehr als zwei Jahrzehnten weltweit führend auf dem Gebiet der Kalibrierung von SAR-Systemen durch die Entwicklung modernster Kalibrierkonzepte und -algorithmen sowie innovativer Referenzziele, die zur Unterstützung einer Vielzahl von nationalen und internationalen SAR-Satellitenmissionen entwickelt, eingesetzt und gewartet werden. Bild 3 zeigt als Beispiel einen der fernsteuerbaren Winkelreflektoren auf dem DLR-Kalibrierungsfeld, der zur Unterstützung der Sentinel-1-Mission der Europäischen Weltraumorganisation ESA genutzt wird.
Mehr als 110 SAR-Expertinnen und -Experten trafen sich dieses Jahr im DLR, um die neuesten Ergebnisse und Entwicklungen im Bereich der Kalibrierung und Validierung von weltraumgestützten SAR-Sensoren und -Produkten zu diskutieren. Schwerpunktthemen waren der Aufbau eines Netzwerks von SAR-Kalibrierstandorten (The CEOS SAR calibration network - SARCalNet) und die Entwicklung von vorprozessierten Datenprodukten (Analysis Ready Data, ARD). Letzteres ist der oben bereits angesprochene Ansatz, Datenformate und Verarbeitungsverfahren so zu spezifizieren, dass SAR-Daten in standardisierter und benutzerfreundlicher Weise zur Verfügung gestellt werden können, um die wissenschaftliche und kommerzielle Nutzung von SAR-Bildern durch Nicht-Radarexperten zu fördern und zu erleichtern. Bei einem abschließenden Rundgang über das DLR-Gelände präsentierte das DLR-SAR-Kalibrierzentrum zum ersten Mal seinen innovativen Dual-Band (L/X) Kalibrierungstransponder. Dieser wurde erst kürzlich aufgebaut und wird nun in den kommenden Monaten eingehend charakterisiert, um dann als Referenzziel zukünftige SAR-Satellitenmissionen zu unterstützen.
Autoren dieses Beitrags:
Patrick Klenk und Jens Reimann (DLR-Institut für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme)
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