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Die Raketenstarter des DLR – die Mobile Raketenbasis MORABA

Machen Wissenschaft möglich: das Team der Mobilen Raketenbasis des DLR

Sie sind Konstrukteur/innen, Raketentechniker/innen, Informatiker/innen, Flugbahnberechner/innen, Bergungsprofis, Kommunikationsexpert/innen, Bastler/innen und Logistiker/innen - was sie machen ist die reine „Rocket Science“. Das Team der Mobilen Raketenbasis MORABA des DLR ist ein Möglichmacher. Vor allem ermöglichen sie es, dass wissenschaftliche Experimente auf Höhenforschungsraketen durch die Schwerelosigkeit fliegen und wieder zur Erde zurückkehren. Und das unter günstigen Bedingungen, jeweils zugeschnitten auf die wissenschaftlichen Anforderungen und so regelmäßig, dass Experimente wiederholt durchgeführt und viele wissenschaftlichen Ergebnisse gewonnen werden können. Dafür braucht es einen ganz bestimmten Typen - unser MORABA-Team lebt und arbeitet mehrere Wochen im Jahr auf internationalen Raketenstartplätzen. Die Arbeit mit Treibstoffen und Pyro-Technik, aber auch die Aufgabe, im Countdown einen kühlen Kopf zu bewahren und Wissenschaft sicher und präzise zu befördern, verlangen ein starkes Nervenkostüm. Wir stellen einige Mitarbeiter stellvertretend für das 60-köpfige Team vor.

Ein Team wie eine zweite Familie

Mechaniker Jürgen Knof im Inneren des Startturms.

Jürgen Knof führt Excel-Listen. Darüber, bei welchen Startkampagnen er bereits mitgearbeitet hat. Und wann er wo war. Auf dem schwedischen Raketenstartplatz Esrange hat er während der MAPHEUS-13-Kampagne seinen 365. Tag erreicht. In den vergangenen zwölf Jahren, in denen er bei der Mobilen Raketenbasis MORABA des DLR arbeitet, hat er also zusammengerechnet ein gesamtes Jahr vor Ort verbracht. 50 Kilometern entfernt von Schwedens nördlichster Stadt Kiruna, über dem Polarkreis. Im Sommer bei 24 Stunden Tageslicht, im Winter in totaler Dunkelheit und eisigen Temperaturen. Hinzu kommen noch die Aufenthalte anderen Startplätze wie das norwegische Andoya, wo die MORABA ebenfalls ihre Raketen startet. Mehrmals im Jahr geht Jürgen Knof für zwei bis drei Wochen für das DLR auf Startkampagnen. „Das muss die Familie, die Zuhause bleibt, mitmachen“, sagt er. Die Kolleginnen und Kollegen der MORABA - die sind für ihn zudem zur zweiten Familie geworden. „Wir haben einen besonderen Zusammenhalt.“ Wer über Wochen gemeinsam Arbeit und Feierabend teilt, muss miteinander auskommen, die anderen so sein lassen, wie sie sind, und gleichzeitig so funktionieren, dass die Stimmung gut bleibt.

„Ich muss mit meinen Händen arbeiten“

Der Weg, auf dem der Mechaniker zur MORABA kam, war nicht gradlinig und hat dennoch zur richtigen Stelle geführt: Nach 20 Jahren Arbeit als Schreiner musste Jürgen Knof aus gesundheitlichen Gründen umschulen. Freunde kannten die MORABA, der Schreiner sah sich deren Arbeit an und entschied sich dann zur Ausbildung zum Technischen Produktdesigner. Das fünfmonatige Praktikum, das er dafür im DLR absolvierte, war dann der letzte Ausschlag, ins Team der Raketenstarter zu kommen und dort am Bergungssystem der Rakete zu arbeiten. „Ich kann nicht nur am Computer sitzen, ich muss auch mit meinen Händen arbeiten können.“ Startet eine Rakete zu ihrem Flug in die Schwerelosigkeit, weiß der Mechaniker ganz genau: „Da ist das Teil und jenes Teil drin, das ich entwickelt und gebaut habe.“

Von der Planung bis zur Umsetzung

Verantwortlich für die Telemetrie-Station: Andreas Kimpe (l.) und Sebastian Weiß.

Auch für Andreas Kimpe und Sebastian Weiß ist das ein Grund, warum sie die Arbeit bei der Mobilen Raketenbasis so schätzen. Die beiden arbeiten in der Telemetrie-Station des DLR, die für das Senden und Empfangen von Daten während der Mission zuständig ist. „Eigentlich ist die Station auch mein Baby“, sagt Andreas Kimpe, denn er hat die mobile Station entworfen, geplant und umgesetzt. Seinen ersten Kontakt zum DLR hatte Andreas Kimpe, als er seine Ausbildung zum Kommunikationselektroniker hier absolvierte. Nach Abitur und einem Studium der Elektrotechnik kam er zum DLR zurück und fing bei der MORABA an. Schon nach den ersten fünf Tagen ging es dann zum ersten Mal zum schwedischen Raketenstartplatz Esrange. Sein Kollege Sebastian Weiß kam während des Studiums mit der MORABA in Kontakt. Er nahm am Studentenprojekt REXUS teil - einem Programm der Raumfahrtagentur des DLR, dass es Studierenden ermöglicht, eigene Experimente in Schwerelosigkeit durchführen. Geplant von den Studierenden, gestartet von der MORABA. Schon die Masterarbeit führte Sebastian Weiß beim DLR durch – und wurde anschließend übernommen.

Der Vorteil an der Mitarbeit bei der MORABA für beide: „Man kann sich weiterentwickeln, kann sich austoben und hat eine enorme Bandbreite an Tätigkeiten in seinem Bereich.“ Der Nachteil: Nicht immer ist das eigene Privatleben planbar, denn die Kampagnen für die Raketenstarts müssen manchmal verschoben werden. Und nicht immer können alle Familienfeste Zuhause mitgefeiert werden, weil eine Startkampagne angesetzt ist. Eine Sache, mit der man als Teammitglied bei den Raketenstartern umgehen muss.

Allrounder statt Fachidiot

Jochen Barf ist Kampagnenleiter für die MAPHEUS-13-Mission.

Forschenden ihre Wissenschaft zu ermöglichen, war schon während des Studiums der Berufswunsch von Jochen Barf. Aber eigentlich hatte er dabei an Satelliten gedacht, die er bauen würde, damit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre Messungen durchführen könnten. „Jetzt sind es halt Raketen statt Satelliten geworden“, sagt er. Beigetragen hat dazu ebenfalls seine Teilnahme an einer der REXUS-Missionen. 2014 war das. Heute, neun Jahre später, ist er der Kampagnenleiter der MAPHEUS-13-Höhenforschungsrakete, bereitete die Mission vor, plante Daten und Abläufe für Tests und Starts, sammelte die Anforderungen der Wissenschaftler/innen für ihre Experimente und sorgt vor Ort dafür, dass alle wichtigen Informationen in die Missionsplanung einfließen und alle Teams miteinander arbeiten können und leitet die operationellen Aktivitäten rund um die Nutzlast während des Countdowns. „Bei uns arbeiten Profis aus so vielen Disziplinen, die miteinander zusammenarbeiten und sich austauschen - ohne Teamarbeit geht es überhaupt nicht“, sagt er. „Unser Ziel ist es, einen erfolgreichen Start und Flug durchzuführen, und daran arbeiten alle mit viel Herzblut." Der Austausch mit anderen hat einen großen Reiz für ihn: „Man wird kein Fachidiot, sondern lernt immer Neues aus vielen Disziplinen dazu.“ Wenn er keine Kamapgnen plant und leitet, kümmert der Informatiker sich um die Software der Raketensystem an Board und am Boden.

Auch wenn das Raketenstarten das Geschäft der MORABA ist: „So fünf Minuten vor dem Start geht es mir gar nicht mehr so gut“, sagt selbst Mechaniker Jürgen Knof. Gleich bei seiner ersten Kampagne vor zwölf Jahren erlebte er, wie die Rakete abstürzte statt am Fallschirm sanft zur Erde zurückzukehren.  „Das ist wirklich sehr bitter.“ Aber aus jedem Fehler entsteht Wissen, mit dem man sich kontinuierlich verbessert und das man für die folgenden Missionen nutzen kann. Schließlich ist kein Forschungsflug der Profis jemals einfache Routine.